Einführung
Der Trend in der Produktion zu immer leistungsfähigeren und damit teureren Anlagen führt ebenso zu einem Anstieg der Fixkosten wie der Ausbau der Informationstechnologie in der Verwaltung und in anderen Bereichen des Unternehmens. Der Trend zur Digitalisierung schafft große Systeme, die flexibel für viele Artikel genutzt werden. Die direkt dem Produkt zurechenbaren Kosten sind zwar noch immer wichtig, verlieren jedoch in vielen Branchen an Bedeutung. Damit werden Instrumente wie die Gemeinkostenrechnung, die Prozesskostenrechnung oder die Gemeinkostenwertanalyse im betrieblichen Rechnungswesen zu notwendigen Werkzeugen, um die Kostensituation im Griff zu behalten.
Der Kostenrechner muss die Fixkosten besonders beobachten. Während sich die variablen Kosten bei Veränderungen der Beschäftigung oder bei Anpassungen im Produktionsprozess mehr oder minder automatisch in die gleiche Richtung entwickeln, ist dies bei den Fixkosten nicht so. Es entstehen Differenzen zwischen den tatsächlich in Summe anfallenden Fixkosten und denen, die für die Produktion genutzt werden. Leerkosten als Gegensatz von Nutzkosten tauchen auf. Als Leerkosten wird der Teil der Fixkosten bezeichnet, der nicht für die Herstellung der gefertigten Produkte benötigt wird.
Steigen die Leerkosten über die geplante Größenordnung, so sind sie nicht mehr durch die Kalkulation gedeckt. Die Preise reichen nicht mehr aus, um das Unternehmen als Ganzes profitabel sein zu lassen. Werden die ungeplanten Leerkosten in der Kalkulation berücksichtigt, steigen die Preise der Produkte. Können diese am Markt nicht durchgesetzt werden, verschlimmert sich die Situation, da weiterer Umsatz entfällt. Dieser Teufelskreis ist Grund genug für den Kostenrechner, sich intensiv mit den Leerkosten zu beschäftigen. Wie entstehen sie? Wie können sie berechnet werden? Welche Auswirkungen haben sie? Das sind Fragen, die individuell für die jeweilige Situation und für das spezielle Unternehmen beantwortet werden müssen. Und wichtiger noch: Wie können Leerkosten vermieden oder reduziert werden?
1 Wie entstehen Leerkosten?
Die Fertigungsunternehmen haben in den letzten Jahren investiert und Produktionsanlagen für große Herstellungsmengen angeschafft, damit die vom Nachfrager verlangten niedrigen Preise geboten werden können. Aktuell steigt die Nachfrage nach individuellen Produkten. Darum kaufen Produktionsbetriebe flexiblere Fertigungszentren. In der Verwaltung installierte Computertechnologie wird weiter ausgebaut und durch die Digitalisierung bestimmt. Allen Vorgängen gemeinsam ist die Tatsache, dass dort Kostenblöcke aufgebaut wurden, die sich bei hohen Stückzahlen und großen Umsätzen rechnen. Eine Anpassung der Kosten an eine sinkende Nachfrage oder an veränderte Prozesse und Kostenstrukturen ist dagegen immer schwerer möglich.
Marktbereinigung wird kommen
In Zeiten guter Konjunktur werden in vielen Branchen zusätzliche Kapazitäten aufgebaut. Geht die Nachfrage zurück, entstehen Überkapazitäten, die zu Marktbereinigungen führen. Wer dann seine Leerkosten nicht effektiv bekämpft, gerät schnell auf die Seite der Unternehmen, die vom Markt verabschiedet werden.
1.1 Umsatzrückgänge
In vielen Branchen, auf die die beschriebene Kostensituation mit einem hohen Anteil an Fixkosten zutrifft, ist es immer wieder zu Umsatzrückgängen gekommen. So fordert die Digitalisierung nicht nur im Einzelhandel ihre Opfer, auch Hersteller und Dienstleister verlieren an Umsatz. Einige Unternehmen sind ganz vom Markt verschwunden, andere haben sogar leichte Umsatzsteigerungen verzeichnen können. Die Produktionsunternehmen müssen im Falle eines Nachfragerückganges die vorhandenen Produktionsanlagen für eine wesentlich geringere Produktion einsetzen. In der Vollkostenrechnung können die notwendigen Preise am Markt nicht durchgesetzt werden, die Teilkostenrechnung muss mit nicht ausreichenden Deckungsbeiträgen auskommen.
Auslastung der Kapazitäten
Sinkende Beschäftigung führt dazu, dass die vorhandenen Kapazitäten nicht mehr ausgelastet werden können. Das kann in manchen Fällen sogar positiv sein. So wird in Zeiten der Vollauslastung an der maximalen Kapazitätsgrenze produziert. Dies ist meist nicht die optimale Beschäftigungssituation. Der Kostenrechner rechnet in seiner Planung in der Regel mit der Normalbeschäftigung. Das ist jener Auslastungsgrad, bei dem die Belastung des Produktionsapparates die optimale Kostenstruktur ergibt. Maschinen und Menschen, die permanent an der Leistungsobergrenze arbeiten, verursachen hohe Kosten durch erhöhten Verschleiss, erhöhten Verbrauch bzw. eine erhöhte Fehlergefahr. Außerdem fehlen bei Maximalbeschäftigung die Reserven, die für die Beseitigung unvorhergesehener Fehler und Störungen und den Ausgleich von Nachfrageschwankungen eingesetzt werden können.
Auch für die Differenz zwischen der Normalbeschäftigung und der maximal möglichen Beschäftigung fallen Leerkosten an. In der Abbildung 1 sind diese durch das graue Dreieck gekennzeichnet. Das ist jedoch gewollt und in den Planrechnungen bzw. den Kalkulationen des Kos...