Steigende Energiekosten

Die Energiekosten steigen seit Monaten drastisch. Für viele Unternehmen wird diese Entwicklung existenzbedrohend. Die folgende Checkliste enthält zahlreiche Empfehlungen und Ideen, wie Unternehmen die Kosten reduzieren können.

Seit dem Krieg in der Ukraine explodieren die Preise geradezu, weil u.a. befürchtet wird, dass es ohne die Energielieferungen aus Russland zu einzelnen oder längeren Engpässen kommen kann. Und auch wenn es gelingt, die Engpässe durch z.B. Einkäufe von den USA oder arabischen Ländern zu kompensieren. Die Ersatzanbieter lassen sich ihre Unterstützung teuer bezahlen.

Wie können Unternehmen Energiekosten und deren Anstieg begrenzen?

Um es vorweg zu nehmen: Kurzfristig ist es kaum möglich, den Preisanstieg zu stoppen oder die Kosten zu senken, selbst wenn es gelingt, den Verbrauch deutlich zu reduzieren. Dennoch lohnt es sich mehr als je zuvor, den Energieverbrauch zu senken.

Bestandsaufnahme durchführen

Auch wenn fast alle Experten seit längerem von steigenden Energiekosten in den Unternehmen sprechen: In vielen Betrieben fehlt immer noch der Überblick, wo, in welcher Form und wie viel Energie verbraucht wird. Das liegt auch daran, dass die Energiekosten sich in der betriebswirtschaftlichen Auswertung oft z.B. unter Raum- und Kfz-Kosten verbergen und nicht gesondert ausgewiesen werden.

Daher sollten Unternehmer oder ein Umsetzungsverantwortlicher zunächst prüfen, wo Energiekosten anfallen. Unter Raumkosten gibt es i.d.R. ein Konto „Gas, Wasser, Strom“. Bei den Kfz-Kosten werden die Tankkosten u.a. bei den laufenden Kosten erfasst. Ggf. kommen weitere Positionen in Betracht, z.B. Fern- oder Erdwärme. Oder die Erfassung erfolgt an mehreren Stellen, etwa in Büros und Produktion, wenn man energieintensive Maschinen betreibt.

Daher sollte man alle Kosten und ggf. Kostenstellen durchgehen, und die Energiekosten der letzten 3 Jahre auflisten und prüfen, wie diese sich entwickelt haben. Auch ein Ausblick auf die voraussichtlichen Kosten im laufenden und folgenden Jahr darf nicht fehlen, auch wenn man wegen der unsicheren Entwicklung keine genauen Werte bestimmen kann.

Dann sollten die Kosten in Relation zum Umsatz, den Gesamtkosten und der Produktion gesetzt werden, um abschätzen zu können, ob sie sich relativ noch eher stabil entwickeln oder ob die Steigerung relativ höher ist.

Beispiel: Steigerung der Energie relativ betrachten

Steigt der Umsatz um 10%, ist eine Steigerung der Energiekosten im gleichen Umfang oder leicht darüber meist akzeptabel, weil z.B. höhere Maschinenauslastung oder mehr Fahrten höhere Verbräuche nach sich ziehen. Steigen die Energiekosten um 15 oder mehr Prozent, sollte man aktiv werden.

Noch ein Punkt ist in diesem Zusammenhang wichtig: Erhöhen sich die Energiekosten überproportional, muss analysiert werden, woran das liegt: am Verbrauch z.B. in Kwh oder am Preis. Bleibt der Verbrauch stabil oder sinkt er sogar leicht, ist das zunächst ein gutes Zeichen, weil man z.B. grds. effizient arbeitet. Im Rahmen der Analyse sollte auch geprüft werden, wo die höchsten Kosten anfallen, etwa in der Produktion, der IT oder der Logistik. Dort sollte man mit der Maßnahmenumsetzung beginnen.

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Transparenz schafft Vertrauen und motiviert zur Mitarbeit

Auch wenn das Ergebnis meist klar ist und zeigt, dass die Energiekosten absolut und relativ steigen, ist die Analyse wichtig, um alle Beteiligten zu sensibilisieren und den Ernst der Lage aufzuzeigen. So fällt es i.d.R. leichter, Akzeptanz für die Maßnahmenumsetzung zu schaffen und auch, die Beschäftigten zur Mitarbeit zu motivieren. Nach Möglichkeit sollte die Geschäftsleitung alle Beschäftigten auf die Problematik und Notwendigkeit der Kostenreduzierung oder -begrenzung hinweisen, und mit konkreten Anweisungen dafür sorgen, dass die Maßnahmen umgesetzt werden.

Beispiele für kurzfristig umzusetzende Maßnahmen

Viele Maßnahmen, die kurzfristig helfen, die Kosten zu senken, sind bekannt, wurden aber bisher auf Grund fehlenden Drucks nur unvollständig oder unsystematisch umgesetzt. Jetzt lohnt es sich, alle einfach und schnell zu realisierenden Möglichkeiten erneut anzusehen und konsequent umzusetzen, etwa

  1. Ausschalten von Geräten und Beleuchtung, wenn diese nicht verwendet werden. Geräte sollten vom Netz genommen werden (kein Stand-by-Modus), wenn sie längere Zeit nicht genutzt werden. Jeder Mitarbeiter sollte verpflichtet werden, nach Arbeitsende Geräte „richtig“ auszuschalten. Auch in Pausenräumen sollten Kaffeemaschinen, Radios oder Mikrowellen ausgeschaltet werden. Tipp: Alle Geräte sollten an eine schaltbare Steckdosenleiste angeschlossen werden, mit der man alle Geräte vom Netz entkoppeln kann.
  2. Ergänzend sollten Bewegungssensoren oder Zeitschaltuhren angeschafft werden, die z.B. die Beleuchtung nur dann einschalten, wenn sie benötigt wird.
  3. Überprüfen, ob die gesamte Beleuchtung benötigt wird; Abschaltung von Lampen.
  4. Standorte von Geräten überprüfen; beispielsweise sollten Kühlschränke nicht neben der Heizung oder dem Herd aufgestellt werden.
  5. Überprüfung und ggf. Kürzung von Öffnungszeiten, um z.B. Heizkosten zu sparen.
  6. Überprüfung der Notwendigkeit von Dauerverbrauchern, etwa Wärmepumpen, und ggf. Anpassung der Laufzeiten.
  7. Überprüfung von Raumtemperatur und Lüftungsverhalten. Eine Absenkung der Raumtemperatur um 1 Grad reduziert den Verbrauch um ca. 6%. Gerade Büroräume sind oft „gut“ geheizt und haben Temperaturen von deutlich über 20 Grad. Hier sollte eine Absenkung auf z.B. 20 Grad geprüft werden. Außerdem sollte man von „Dauerlüften“ auf regelmäßiges, kurzes Stoßlüften umstellen.
  8. Mit programmierbaren Thermostaten ist es möglich, die Temperatur automatisch zu reduzieren, wenn Räume nicht genutzt werden, z.B. nachts und an Wochenenden. So lassen sich zusätzlich bis 10% Einsparungen erzielen.
  9. Regelmäßige Wartung von Heizung und Energieverbrauchern, um beste Energieeffizienz zu erreichen. Zudem sollte nach Möglichkeit ein Hydraulik-Abgleich bei der Heizung erfolgen. Damit wird dafür gesorgt, dass durch alle Heizkörper die richtige Wassermenge fließt. Ein Abgleich ist für Kosten ab 300 Euro umzusetzen und überkompensiert diese Kosten oft schon im ersten Jahr. Allerdings ist für die Umsetzung ein Fachmann erforderlich.
  10. Homeoffice stärker nutzen, da dann ggf. Räume nicht benötigt und beheizt werden müssen. Das lohnt sich auch dann, wenn man Mitarbeitern einen Zuschuss zu den eigenen Kosten zahlt (zu Steuern Berater fragen). Ggf. können Räume an den Vermieter zurückgegeben oder untervermietet werden.
  11. Spritspartraining für Monteure oder Vertriebsmitarbeiter. Trainings bieten z.B. Automobilclubs oder Fahrschulen an: Kosten ab ca. 100 Euro / Training. Die Ausgabe lohnt sich, da sich der Verbrauch um 30% und mehr reduzieren lässt. Beispiel: Ein Mitarbeiter fährt 30.000 Kilometer / Jahr und verbraucht 3.000 Liter Benzin. Bei einem Preis von 2,25 Euro entstehen Kosten von 6.750 Euro. Lässt sich der Verbrauch auf nur noch 2.600 Liter senken, betragen die Kosten 5.850 Euro, eine Ersparnis von 900 Euro. Bei 5 Fahrzeugen reduzieren sich die Kosten um 4.500 Euro / Jahr, minus Trainingskosten.
  12. Ansonsten helfen Apps, um Tankstellen mit den günstigsten Preisen ausfindig zu machen. Allerdings sollte man nicht zu große Umwege fahren, weil der Vorteil sonst aufgezehrt wird.
  13. Bei Neuanschaffungen, z.B. von IT, Fahrzeugen oder Maschinen, sollte der Energieverbrauch stärker in den Vordergrund rücken. Über die Nutzungsdauer ergeben sich hier schnell Einsparungen von mehreren zehntausend Euro. Hier sollten ergänzend Wirtschaftlichkeitsrechnungen vorgenommen werden, um das Sparpotenzial beziffern zu können.
  14. Produktions- und andere Prozesse anpassen. Die Nutzung von Maschinen oder Fahrzeugen lässt sich verbessern, indem man z.B. die Auftragsbearbeitung verbessert und Rüstzeiten reduziert oder Fahrrouten besser plant und Leerkilometer vermeidet. Im Handwerk entstehen z.B. oft Fahrten in Baumärkte oder zum Standort, die sich zum Teil vermeiden lassen, wenn vorab geprüft wird, ob sich alle Werkzeuge und Teile für einen Auftrag im Fahrzeug befinden.
  15. Lastspitzen vermeiden. Sie entstehen, wenn zu Arbeitsbeginn mehrere Maschinen gleichzeitig hochgefahren werden, die viel Strom verbrauchen. Daher sollten Anlagen zeitversetzt gestartet werden. Das kann manuell oder automatisch mit einem Lastspitzenmanagement geschehen. Lastspitzen sind so teuer, weil bei der Abrechnung neben den Stromkosten die höchste bezogene Leistung berechnet wird. Einsparungen von mehreren 10.000 Euro pro Jahr sind möglich. Mehr z.B. Lastspitzenreduktion. Für die automatisierte Handhabung ist ein Fachmann erforderlich. Es muss allerdings mit längeren Warte- und Umsetzungszeiträumen gerechnet werden.

Praxis-Tipp: regelmäßig an Energiespartipps erinnern

Auch wenn schon einige der vorgestellten Maßnahmen umgesetzt worden sind: Es ist sinnvoll, zu prüfen, ob sich wirklich alle Beschäftigten daran halten. Die Erfahrung zeigt, dass sich trotz meist vorhandenem guten Willens alte Gewohnheiten nach einiger Zeit wieder einschleichen. Beispielsweise trägt das Schließen von Türen dazu bei, dass weniger geheizt werden muss. Dennoch halten sich viele Beschäftigte nicht daran und müssen (mehrfach) darum gebeten werden.

Wie viel noch getan werden muss, zeigen auch aktuelle Zahlen zum Gasverbrauch. Demnach waren die Verbräuche Anfang Oktober gegenüber dem Mittel der letzten drei Jahre insgesamt um 10% höher. Nur die Industrie hat es geschafft, etwas weniger zu verbrauchen als im Vergleichszeitraum. Dabei sollte sich jeder Unternehmer, aber auch jeder Privatabnehmer vor Augen führen: Je weniger Einsparungen erzielt werden, desto höher ist das Risiko von zumindest temporären Komplettausfällen im kommenden Winter.

Beispiele für mittel- und langfristig umzusetzende Maßnahmen

Nachhaltig gesenkt werden können die Energiekosten oft nur mittelfristig, indem Unternehmen in neue Techniken investieren oder auf regenerative Energien umstellen. Allerdings sind fast immer in größerem Umfang Investitionen notwendig. Folgende Möglichkeiten können u.a. geprüft werden:

  1. Wärmedämmung an allen Gebäuden verbessern.
  2. Auf regenerative Energien setzen, z.B. Wärmepumpen, Solar, Erdwärme.
  3. Anlagentechnik verbessern, z.B. durch Wärmerückgewinnung oder Anlagenüberdimensionierung vermeiden / zurückführen (Werden z.B. dauerhaft maximal 10.000 Stück Kapazität benötigt, sollte auf höhere Kapazitäten verzichtet werden, da dies i.d.R. höhere Energiekosten verursacht).
  4. Austausch / Ersatz von Energie intensiven Maschinen und Anlagen.
  5. Umstellungen Fuhrpark auf E-Fahrzeuge und ggf. Fahrräder werden gefördert.
  6. Energiecontracting prüfen. Beim Energiecontracting finanziert der Contractor Investitionen und beliefert Kunden mit Energie. Dieser muss keine Investitionen tätigen; der Contractor behält einen Teil der Energieeinsparung, mehr z.B. unter Energiecontracting. Beim Vorgehen unbedingt Berater einbinden.

Praxis-Tipp: Kosten-Nutzen-Betrachtung durchführen

Bei Investitionen sollten immer zusätzliche Investitions- oder Kosten-Nutzen-Betrachtung vorgenommen werden. Die meisten Berater verfügen über geeignete Tools und können Unternehmen gut unterstützen. Nach der Maßnahmenumsetzung sollte geprüft werden, ob sich die Einsparungen rentiert haben, etwa mit Kennzahlen wie Energieverbrauch / -kosten in Relation zu Gesamtkosten, Umsätzen, Produktionsmengen.

Fördermöglichkeiten nutzen

Bevor man aktiv wird, und v.a. langfristig wirksame Maßnahmen umsetzt, sollte geprüft werden, ob es sinnvoll ist, im Vorfeld eine geförderte Energieberatung in Anspruch zu nehmen. Diese gibt es i.d.R. für KMU, z.B. über die KfW. Außerdem lohnt sich ein Blick auf die Seiten der Energieförderung. Durch Eingabe der Postleitzahl können Förderprogramme gefunden werden.

Achtung:

Anträge müssen i.d.R. vor Maßnahmenbeginn gestellt und genehmigt werden. Wer vorher mit den Arbeiten beginnt, verliert den Anspruch auf Förderung. Es muss mit langen Bearbeitungszeiten gerechnet werden. Daher sollte auch geprüft werden, ob es insgesamt nicht günstiger ist, ein Vorhaben auch ohne Förderung umzusetzen, da die Kosten für einschlägige Projekte ständig weiter steigen. Es empfiehlt sich, eine Wirtschaftlichkeitsrechnung mit beiden Alternativen durchzurechnen.

Kalkulationen anpassen und Kosten weitergeben

Zudem sollte geprüft werden, ob bzw. in welchem Umfang Kostensteigerungen über den Preis an die Kunden weitergegeben werden können. In der Regel ist das aktuell oft einfacher möglich, weil das Thema längst in der öffentlichen Diskussion „angekommen“ ist und Kunden wissen, dass Preisanhebungen unumgänglich sind. Allerdings sollte man keine „kommentarlosen“ Anpassungen vornehmen, sondern Kunden Hintergründe und Notwendigkeit gut erläutern. Das fördert das Verständnis und verbessert die Kundenbindung. Und es hängt auch vom Produkt oder der Leistung ab, inwieweit sich Preise erhöhen lassen. Bei Gütern, die nicht wirklich gebraucht werden, etwa Torten oder Gebäck, ist der Spielraum meist geringer als z.B. bei Lebensmitteln, die der Grundversorgung dienen.

Wichtig: weitere Kostensteigerungen antizipieren

Will man die Preise anheben, sollte man berücksichtigen, dass voraussichtlich auch die Personalkosten deutlich steigen werden. Um mehrfache Erhöhungen in kurzer Zeit zu vermeiden und Kunden somit zu verunsichern oder zu verärgern, sollte man diese Kostensteigerungen „antizipieren“ und die Preise tendenziell einmal stärker anheben.

Wie geht es weiter mit den Energiepreisen?

Ein seriöser Ausblick ist derzeit kaum möglich. Vieles hängt davon ab, wie lange sich der Krieg in der Ukraine hinzieht oder ob weitere kritische Infrastruktur beschädigt wird. Auch wenn der Krieg „nur“ noch wenige Monate dauern sollte, ist nicht damit zu rechnen, dass es zeitnah stärker sinkende Energiekosten geben wird. Daher sollten Unternehmen konsequent daran arbeiten, den Energieverbrauch weiter zu reduzieren und sich so schnell wie möglich unabhängig von fossilen Energieträgern zu machen.



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