Energiekosten – Folgen begrenzen und nachhaltiger werden
Die Energiekosten steigen seit Monaten drastisch. Seit dem Ukrainekrieg explodieren die Preise geradezu, weil unter anderem befürchtet wird, dass es ohne die Energielieferungen aus Russland zu einzelnen oder längeren Engpässen kommen kann. Und auch wenn es gelingt, die Engpässe durch zum Beispiel Einkäufe von in den USA oder arabischen Ländern zu kompensieren: Die Ersatzanbieter lassen sich ihre Unterstützung teuer bezahlen. Auch die Maßnahmen des Staates können nur die gröbsten Belastungen abfedern.
Mittelfristig bietet die Entwicklung aber auch erhebliche Chancen. Denn der Energiepreisanstieg, verbunden mit dem Risiko, dass Energielieferungen auch komplett ausfallen können, kann auch kreativ genutzt werden, um Einsparpotenziale zu finden und zu erschließen. Damit ist es auch möglich, nachhaltiger zu wirtschaften und am Ende mehr Gewinn zu erzielen als aktuell.
Warum ist Nachhaltigkeit so wichtig für Unternehmen?
Sieht man einmal von den ganzen Krisen ab, die es derzeit in der Welt gibt, ist Nachhaltigkeit in Unternehmen ein zentrales Thema, das fast täglich an Bedeutung zunimmt. Zudem ist Nachhaltigkeit für große Unternehmen festgeschrieben, beispielsweise durch die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichtserstattung (CSRD), mit der mehr Unternehmen verpflichtet sind, Nachhaltigkeit in das Berichtswesen aufzunehmen.
Immer mehr Betriebe suchen seit längerem auch ohne gesetzliche Verpflichtung nach Wegen, nachhaltiger zu produzieren. Je nachhaltiger ein Unternehmen aufgestellt ist, desto bessere Chancen hat es mittelfristig, bestehende Kundenbeziehungen ausbauen und neue Kunden akquirieren zu können. Denn immer mehr Geschäftspartner wünschen sich Unternehmen, die nachhaltig agieren und das auch glaubhaft machen können. Denn in unserer globalen Wirtschaft treten immer mehr Probleme auf, die dazu führen, dass sowohl die Umwelt belastet wird als auch das Wirtschaften der Unternehmen als solche, etwa
- Ressourcenknappheit
- Umweltverschmutzung
- Klimawandel
- Allgemein Raubbau an der Natur und langfristig im Extremfall sogar die Vernichtung der Lebensgrundlage für die Menschen auf dem Planeten
Unternehmen tragen durch ihr Agieren am Markt aktiv dazu bei, dass sich die Probleme ausweiten. Es ist also notwendig, dass man versucht, so zu wirtschaften, dass es im Idealfall zu keiner nennenswerten Belastung der Umwelt kommt bzw. dass man es schafft, so wenig Umweltschäden wie möglich zu verursachen.
Zugegeben, der Idealfall lässt sich wahrscheinlich nur in wenigen Fällen erreichen, aber es gibt zahlreiche Möglichkeiten für Unternehmen, sich zu verbessern und nachhaltiger zu agieren. Oft sind es auch externe Ereignisse und Schocks, wie Corona oder der Ukrainekrieg, die dazu führen, dass es zu einem Umdenken kommt und auch über Dinge nachgedacht wird, die vor kurzem noch buchstäblich undenkbar waren.
Energiekrise als Anlass nehmen, um in Nachhaltigkeit einzusteigen
Im konkreten Fall ist es die Energiekrise, bei der nicht nur der Kostenanstieg Sorgen bereitet. Es kann auch zu echten Knappheiten oder gar längerfristigen Lieferstopps kommen, wenn zum Beispiel Infrastrukturen beschädigt oder Lieferketten erneut unterbrochen werden. Daher ist der Zeitpunkt aktuell günstig, sich mit dem Thema zu befassen.
Es geht zum einen darum, kurz- und mittelfristig so viel Energie zu sparen wie möglich, da jede Kilowattstunde weniger Verbrauch die Lage insgesamt entspannt. Und langfristig muss es das Ziel sein, sich so weit es geht von fossilen Energieträgern zu lösen und möglichst viel Energie aus regenerativen Quellen zu beziehen. Auch wenn der Weg dahin noch lang ist, und in vielen Teilen noch entsprechende Infrastrukturen aufgebaut werden müssen, sollte man in den Unternehmen nicht warten, sondern ab sofort alles daransetzen, um hier intern selbst Verbesserungen zu erzielen. Die derzeitige Lage ist insofern „günstig“, als dass es so möglich ist, alle drei Säulen aus dem Nachhaltigkeitsmodell gleichzeitig zu verbessern:
- Ökologie (weniger Energieverbrauch bzw. Nutzung regenerativer Energien),
- Ökonomie (Senkung der Kosten und Sicherung von Gewinn und Liquidität) und
- Soziales (Sicherung oder Schaffung von Arbeitsplätzen).
Nicht zuletzt werden durch Maßnahmen im Energiebereich Risiken gesenkt, etwa, dass es zu Produktionsengpässen oder -ausfällen und Lieferproblemen kommt.
Praxis-Tipp
Es steht zu erwarten, dass sich nachhaltiges Wirtschaften künftig positiv auf das Rating auswirken wird. Damit wird der Zugang zu neuen Finanzmitteln, aber auch Geschäftspartner gegenüber „Verweigerern“ erleichtert.
Unternehmen benötigen ein Konzept zu Nachhaltigkeit und Energieeinsparung
Die aktuelle Energiekrise bietet also eine „gute“ Möglichkeit, den Betrieb dauerhaft nachhaltiger zu gestalten. Der Zeitpunkt für die Definition und die Umsetzung von Nachhaltigkeit ist hier insofern gut, weil man kaum noch erklären muss, warum man sich gerade jetzt mit dem Thema befasst.
Dennoch sollte man sich im Betrieb unbedingt überlegen, was man unter Nachhaltigkeit versteht und auch formulieren, warum man nachhaltiger werden und mit dem Thema Energieeinsparung beginnen möchte. Die Beweggründe, auch wenn sie offensichtlich und bekannt sind, sollten allen Beschäftigten noch einmal erläutert werden, damit am Ende auch wirklich alle den gleichen Wissensstand haben und an einem Strang ziehen (können). Auch der Aspekt Arbeitsplatzsicherheit sollte gezielt thematisiert werden. Denn zu hohe Energiekosten können im Extremfall auch die Existenz eines Betriebes gefährden. Zusätzlich sollte betont werden, wie wichtig es ist, dass sich jeder Beschäftigte aktiv mit einbringt, sowohl was zum Beispiel die Einhaltung von Maßnahmen als auch die Nennung eigener Ideen anbelangt.
Praxis-Tipp
Grundsätzlich sollte das Thema Nachhaltigkeit auf Grund der strategischen Bedeutung bei der Geschäftsleitung angesiedelt sein oder auf das Controlling übertragen werden, da dieses die Unternehmensführung bei der Erreichung der Ziele unterstützt. Dabei ist die Frage zu klären, ob es einen „operativ“ Verantwortlichen mit gutem technischem Verständnis geben soll, der sich um die konkrete Maßnahmenumsetzung kümmert.
Einstieg in mehr Nachhaltigkeit mit Energieeinsparung
Auf Grund der in einigen Betrieben potenziell existenzgefährdenden Steigerung der Energiekosten sollte, wie ausgeführt, hier mit der Umsetzung begonnen werden.
Natürlich wird es kurzfristig kaum möglich sein, den Preisanstieg vollständig zu stoppen oder die Kosten insgesamt zu senken, selbst wenn es gelingt, den Verbrauch deutlich zu reduzieren.
Bestandsaufnahme durchführen
Auch wenn fast alle Experten seit längerem von steigenden Energiekosten in den Unternehmen sprechen: In vielen Betrieben fehlt immer noch der Überblick, wo, in welcher Form und wie viel Energie verbraucht wird. Das liegt auch daran, dass die Energiekosten sich in der betriebswirtschaftlichen Auswertung oder der Gewinn- und Verlustrechnung oft zum Beispiel unter Raum- und Kfz-Kosten verbergen und nicht gesondert ausgewiesen werden.
Daher sollten Unternehmer oder der Umsetzungsverantwortliche – soweit noch nicht geschehen – zunächst prüfen, wo überhaupt Energiekosten anfallen. Unter Raumkosten gibt es in der betriebswirtschaftlichen Auswertung in der Regel ein Konto „Gas, Wasser, Strom“. Bei den Kfz-Kosten werden die Tankkosten unter anderem bei den laufenden Kosten erfasst. Ggf. kommen weitere Positionen in Betracht, zum Beispiel Fern- oder Erdwärme sowie Druckluft. Oder die Erfassung erfolgt an mehreren Stellen, etwa in Büros und Produktion, wenn man energieintensive Maschinen betreibt.
Hier sind übergreifende Analysen notwendig, um einen vollständigen Überblick zu bekommen. Man muss alle Kosten und Kostenstellen durchgehen, die Energiekosten der letzten drei Jahre auflisten und prüfen, wie diese sich entwickelt haben. Auch ein Ausblick auf die voraussichtlichen Kosten mindestens für das folgende, besser auch für das übernächste, Jahr darf nicht fehlen, auch wenn man wegen der unsicheren Entwicklung nicht mit genauen Werten arbeiten kann: Für die praktische Umsetzung geht es vor allem darum, die Dimensionen und Größenordnungen abzuschätzen; Präzisierungen können ggf. später erfolgen, wenn zum Beispiel die genauen Modalitäten der Energiepreisbremse vorliegen.
Dann sollten die Kosten in Relation zum Umsatz, den Gesamtkosten und der Produktion gesetzt werden, um abschätzen zu können, ob sie sich relativ noch eher stabil entwickeln oder ob die Steigerung relativ höher ist.
Beispiel
Steigt der Umsatz um 10 Prozent, ist eine Steigerung der Energiekosten im gleichen Umfang oder leicht darüber meist akzeptabel, weil zum Beispiel höhere Maschinenauslastung oder mehr Fahrten höhere Verbräuche nach sich ziehen. Steigen die Energiekosten um 15 oder mehr Prozent, sollte man aktiv werden.
Noch ein Punkt ist in diesem Zusammenhang wichtig: Erhöhen sich die Energiekosten überproportional, muss analysiert werden, woran das liegt: am Verbrauch zum Beispiel in kWh oder am Preis oder Beidem. Bleibt der Verbrauch stabil oder sinkt er sogar, ist das zunächst ein gutes Zeichen, weil man grundsätzlich effizient arbeitet. Im Rahmen der Analyse sollte auch geprüft werden, wo die höchsten Kosten anfallen, etwa in Produktion, IT oder Logistik. Dort sollte man später mit der Maßnahmenumsetzung beginnen.
Transparenz schafft Vertrauen und motiviert zur Mitarbeit
Auch wenn das Ergebnis meist klar ist und zeigt, dass die Energiekosten absolut und relativ steigen, ist die Analyse wichtig, um alle Beteiligten zu sensibilisieren und den Ernst der Lage aufzuzeigen. So fällt es in der Regel leichter, Akzeptanz für die Maßnahmenumsetzung zu schaffen und auch, die Beschäftigten zur Mitarbeit zu motivieren.
Praxis-Tipp
Die Beschäftigten sollten aufgefordert werden, Möglichkeiten zur Energieeinsparung zu benennen. Sie kennen sich im Betrieb meist am besten aus und wissen, ob und wo man im Kleinen und Großen Energie sparen kann. Die Initiativen sollten belohnt werden, zum Beispiel mit Sachleistungen oder Prämien.
Beispiele für kurzfristig umzusetzende Maßnahmen
Viele Maßnahmen, die kurzfristig helfen, die Kosten zu senken, sind zwar eigentlich bekannt, wurden aber bisher auf Grund fehlenden Drucks nur unvollständig oder unsystematisch umgesetzt. Oder sie wurden umgesetzt, und alte Gewohnheiten schleichen sich nach und nach wieder ein. Jetzt lohnt es sich, alle einfach und schnell zu realisierenden Möglichkeiten erneut anzusehen und konsequent umzusetzen bzw. deren Einhaltung zu überwachen, etwa
- Ausschalten von Geräten und Beleuchtung, wenn diese nicht verwendet werden. Geräte sollten vom Netz genommen werden (kein Stand-by-Modus), wenn sie längere Zeit nicht genutzt werden. Jeder Mitarbeiter sollte verpflichtet werden, nach Arbeitsende Geräte „richtig“ auszuschalten. Auch in Pausenräumen sollten Kaffeemaschinen, Radios oder Mikrowellen richtig ausgeschaltet werden. Tipp: Alle Geräte können an eine schaltbare Steckdosenleiste angeschlossen werden, mit der man sie vom Netz entkoppeln kann.
- Ergänzend sollten Bewegungssensoren oder Zeitschaltuhren angeschafft werden, die zum Beispiel die Beleuchtung nur dann einschalten, wenn sie benötigt wird.
- Überprüfung, ob die gesamte Beleuchtung wirklich benötigt wird; sowie ggf. Abschaltung von Lampen.
- Standorte von Geräten überprüfen; beispielsweise sollten Kühlschränkte nicht neben der Heizung oder dem Herd aufgestellt werden.
- Kürzung von Öffnungszeiten, um zum Beispiel Heizkosten zu sparen.
- Überprüfung der Notwendigkeit von Dauerverbrauchern, etwa Wärmepumpen, und bzw. Anpassung der Laufzeiten.
- Abschaltung nicht oder nur zeitweise benötigter Maschinen.
- Überprüfung von Raumtemperatur und Lüftungsverhalten. Eine Absenkung der Raumtemperatur um 1 Grad reduziert den Verbrauch um ca. 6 Prozent. Gerade Büroräume sind oft „gut“ geheizt und haben Temperaturen von deutlich über 20 Grad. Hier sollte eine Absenkung auf zum Beispiel 20 Grad geprüft werden. Außerdem sollte man von „dauerlüften“ auf regelmäßiges, kurzes Stoßlüften umstellen.
- Mit programmierbaren Thermostaten ist es möglich, die Temperatur automatisch zu reduzieren, wenn Räume nicht genutzt werden, zum Beispiel nachts und an Wochenenden. So lassen sich zusätzlich bis 10 Prozent Einsparungen erzielen.
- Regelmäßige Wartung von Heizung und Energieverbrauchern, um beste Energieeffizienz zu erreichen. Zudem sollte nach Möglichkeit ein Hydraulik-Abgleich bei der Heizung erfolgen. Damit wird dafür gesorgt, dass durch alle Heizkörper die richtige Wassermenge fließt. Ein Abgleich ist für Kosten ab 300 Euro zu erhalten und die Kosten sind oft schon im ersten Jahr wieder eingespielt. Allerdings ist für die Umsetzung ein Fachmann erforderlich; hier muss man mit Wartezeiten von mehreren Wochen rechnen.
- Homeoffice stärker nutzen, da dann ggf. Räume nicht benötigt und beheizt werden müssen. Das lohnt sich auch dann, wenn man Mitarbeitern einen Zuschuss zu den eigenen Kosten zahlt (zu Steuern Berater fragen). Ggf. können Räume an den Vermieter zurückgegeben oder untervermietet werden.
- Spritspartraining für Monteure oder Vertriebsmitarbeiter. Trainings bieten zum Beispiel Automobilclubs oder Fahrschulen an: Kosten ab ca. 100 Euro / Training. Die Ausgabe lohnt sich, da sich der Verbrauch um 30 Prozent und mehr reduzieren lässt. Beispiel: Ein Mitarbeiter fährt 30.000 Kilometer / Jahr und verbraucht 3.000 Liter Benzin. Bei einem Preis von 2,25 Euro entstehen Kosten von 6.750 Euro. Lässt sich der Verbrauch auf nur noch 2.600 Liter senken, betragen die Kosten 5.850 Euro, eine Ersparnis von 900 Euro. Bei 5 Fahrzeugen reduzieren sich die Kosten um 4.500 Euro / Jahr, minus Trainingskosten.
- Ansonsten helfen Apps, um Tankstellen mit günstigen Preisen zu finden. Allerdings sollte man nicht zu große Umwege fahren, weil der Kostenvorteil wieder aufgezehrt wird und natürlich auch produktive Arbeitszeit verloren geht.
- Bei Neuanschaffungen, zum Beispiel von IT, Fahrzeugen oder Maschinen, muss der Energieverbrauch stärker in den Vordergrund rücken. Über die Nutzungsdauer ergeben sich hier schnell Einsparungen von mehreren zehntausend Euro. Es sollten ergänzend Wirtschaftlichkeitsrechnungen vorgenommen werden, um das Sparpotenzial genauer beziffern zu können. Auf Grund der unsicheren Lage mit der weiteren Preisentwicklung bei Energie kann ergänzend auch mit Szenarien gearbeitet werden (wann amortisiert sich eine Anschaffung bei zum Beispiel konstanten, steigenden oder ggf. leicht sinkenden Energiepreisen).
- Produktions- und andere Prozesse anpassen. Die Nutzung von Maschinen oder Fahrzeugen lässt sich verbessern, indem man zum Beispiel die Auftragsbearbeitung verbessert und Rüstzeiten reduziert oder Fahrrouten besser plant und Leerkilometer vermeidet. Im Handwerk entstehen zum Beispiel oft Fahrten in Baumärkte oder zwischen Standort und Baustellen, die sich zum Teil vermeiden lassen, wenn vorab geprüft wird, ob sich alle Werkzeuge und Teile für einen Auftrag im Fahrzeug befinden. Hier lassen sich sehr gut Checklisten einsetzen, mit denen Mitarbeiter die Vollständigkeit prüfen können.
- Lastspitzen vermeiden. Sie entstehen, wenn zu Arbeitsbeginn mehrere Maschinen gleichzeitig hochgefahren werden, die viel Strom verbrauchen. Daher sollten Anlagen zeitversetzt gestartet werden. Das kann manuell oder automatisch mit einem Lastspitzenmanagement geschehen. Lastspitzen sind so teuer, weil bei der Abrechnung neben den Stromkosten die höchste bezogene Leistung berechnet wird. Einsparungen von mehreren 10.000 Euro pro Jahr sind möglich. Mehr zum Thema Lastspitzenreduktion erfahren Sie auf den Seiten des Fraunhofer-Institut für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie. Für die automatisierte Handhabung ist ein Fachmann erforderlich. Es muss allerdings mit längeren Warte- und Umsetzungszeiträumen gerechnet werden.
Praxis-Tipp
Auch wenn schon einige Maßnahmen umgesetzt wurden: Es ist sinnvoll, zu prüfen, ob sich alle Beschäftigten daran halten. Die Erfahrung zeigt, dass sich trotz meist vorhandenen guten Willens alte Gewohnheiten nach einiger Zeit wieder einschleichen. Beispielsweise trägt das Schließen von Türen dazu bei, dass weniger geheizt werden muss. Dennoch halten sich viele Beschäftigte nicht daran und müssen (mehrfach) darum gebeten werden.
Energieverbrauch steigt trotz Maßnahmenumsetzung
Wie viel noch getan werden muss, zeigen auch aktuelle Zahlen zum Gasverbrauch. Demnach waren die Verbräuche Anfang Oktober gegenüber dem Mittel der letzten drei Jahre insgesamt um 10 Prozent höher, und dass, obwohl die Temperaturen bisher für die Jahreszeit sehr hoch liegen. Nur die Industrie hat es geschafft, etwas weniger zu verbrauchen als im Vergleichszeitraum. Dabei sollte sich alle Unternehmer und Privatabnehmer vor Augen führen: Je weniger Einsparungen erzielt werden, desto höher ist das Risiko von zumindest temporären Engpässen im anstehenden Winter.
Beispiele für mittel- und langfristig umzusetzende Maßnahmen
Nachhaltig gesenkt werden können die Energiekosten oft nur mittelfristig, indem Unternehmen in neue Techniken investieren oder auf regenerative Energien umstellen. Allerdings sind fast immer in größerem Umfang Investitionen notwendig. Folgende Möglichkeiten können geprüft werden:
- Wärmedämmung an allen Gebäuden verbessern.
- Auf regenerative Energien setzen, zum Beispiel Wärmepumpen, Solar, Erdwärme.
- Anlagentechnik verbessern, zum Beispiel durch Wärmerückgewinnung oder Anlagenüberdimensionierung vermeiden / zurückführen (werden zum Beispiel dauerhaft maximal 10.000 Stück Kapazität benötigt, sollte auf höhere Kapazitäten verzichtet werden, da dies in der Regel höhere Energiekosten verursacht).
- Austausch / Ersatz von Energie intensiven Maschinen und Anlagen.
- Umstellungen Fuhrpark auf E-Fahrzeuge und ggf. Fahrräder werden gefördert.
- Energiecontracting prüfen. Beim Energiecontracting finanziert der Contractor Investitionen und beliefert Kunden mit Energie. Dieser muss keine Investitionen tätigen; der Contractor behält einen Teil der Energieeinsparung. Beim Vorgehen unbedingt Berater einbinden.
- (Schrittweise) Veränderung des Produktangebots in Richtung nachhaltiger zu fertigenden Artikel sowie Eliminierung (oder höhere Bepreisung) eher umweltschädlicher Produkte.
- Ggf. Anschaffung neuer Energie sparender Produktionsanlagen oder Umsetzung von Reparaturen mit Austausch von Verschleißkomponenten, um Ausschuss und Verschnitt zu minimieren.
Praxis-Tipp
Bei Investitionen sollten immer zusätzliche Investitions- oder Kosten-Nutzen-Betrachtung vorgenommen werden. Die meisten Berater verfügen über geeignete Tools und können Unternehmen gut unterstützen. Nach der Maßnahmenumsetzung sollte geprüft werden, ob sich die Einsparungen rentiert haben, etwa mit Kennzahlen wie Energieverbrauch / -kosten in Relation zu Gesamtkosten, Umsätzen, Produktionsmengen.
Fördermöglichkeiten nutzen
Bevor man aktiv wird, und v.a. langfristig wirksame Maßnahmen umsetzt, sollte geprüft werden, ob es sinnvoll ist, im Vorfeld eine geförderte Energieberatung in Anspruch zu nehmen. Diese gibt es in der Regel für KMU, zum Beispiel über die KfW. Außerdem lohnt sich ein Blick auf die Seiten der Energieförderung. Durch Eingabe der Postleitzahl können Förderprogramme gefunden werden.
Achtung
Anträge müssen in der Regel vor Maßnahmenbeginn gestellt und auch genehmigt werden. Wer vorher mit den Arbeiten beginnt, verliert den Anspruch auf Förderung. Es muss mit langen Warte- und Bearbeitungszeiten gerechnet werden. Zudem ist das Hinzuziehen eines Fördermittelberaters sinnvoll. Daher sollte geprüft werden, ob es insgesamt nicht günstiger ist, ein Vorhaben ohne Förderung umzusetzen, da die Kosten für einschlägige Projekte ständig weiter steigen und man sich auf Grund der Regeln nicht vorab mit den nötigen Teilen und Materialien versorgen kann. Es empfiehlt sich, eine Wirtschaftlichkeitsrechnung mit beiden Alternativen durchzurechnen.
Wie geht es weiter mit den Energiepreisen?
Ein seriöser Ausblick ist derzeit kaum möglich. Vieles hängt davon ab, wie lange sich der Ukrainekrieg hinzieht oder ob weitere kritische Infrastruktur beschädigt wird. Auch wenn der Krieg „nur“ noch wenige Monate dauern sollte, ist nicht damit zu rechnen, dass es zeitnah stärker sinkende Energiekosten geben wird. Daher sollten Unternehmen konsequent daran arbeiten, den Energieverbrauch weiter zu reduzieren und sich so schnell wie möglich vollständig unabhängig von fossilen Energieträgern zu machen.
Energiekosten und Nachhaltigkeit in Berichtswesen einbinden
Damit Nachhaltigkeit mit dem ersten Schwerpunkt im Fokus aller Beteiligten bleibt, sollte sich das Thema auch im Berichtswesen niederschlagen. Die Kennzahlenauswahl hängt natürlich auf davon ab, welche Schwerpunkte es bei der Maßnahmenumsetzung gibt. Einige Beispiele möglicher Kennzahlen:
- Energieverbrauch (ggf. unterteilt nach verschiedene Energiearten)
- Energiekosten (ggf. unterteilt nach verschiedenen Energiearten)
- Energieverbrauch und -kosten relativ zu Umsatz oder Gesamtkosten (vgl. auch Bestandsaufnahme)
- Energieverbrauch einzelner Anlagen am Gesamtverbrauch
- Energiekosten je hergestellter Einheit
- Ausschussquote (ggf. je nach Anlage)
- Anzahl umgesetzter Energiesparmaßnahmen
- Anzahl Vorschläge (der Mitarbeiter) zu Energiesparmaßnahmen
Mittelfristig sollten auch Kennzahlen hinzukommen, die zeigen, ob und wie viel CO2 oder andere Emissionen eingespart werden.
Fazit und Ausblick
Nachhaltigkeit und damit nachhaltiges Wirtschaften wird für alle Unternehmen immer wichtiger: Nicht nur, weil es gilt, gesetzliche Anforderungen zu erfüllen. Auch Kunden und andere Geschäftspartner setzen immer häufiger voraus, dass ihre Partner nachhaltig agieren. Nachhaltigkeit besteht grob gesagt aus drei Säulen: Ökonomie, Ökologie und Soziales. Es geht also um Kosten und Gewinn, Umweltschutz und Arbeitsplatzsicherheit. Die aktuelle Energiekrise birgt trotz zahlreicher Probleme im Tagesgeschäft daher eine sehr gute Möglichkeit, in das Thema Nachhaltigkeit einzusteigen. Denn eine Verbrauchsreduzierung wirkt sich positiv auf die drei genannten Säulen aus und trägt dauerhaft dazu bei, dass Unternehmer erfolgreicher arbeiten. Und es besteht die Möglichkeit, die Aktivitäten in Sachen Nachhaltigkeit kontinuierlich auszubauen, und beispielsweise in die Messung von Emissionen oder die Verbesserung der Produktion einzusteigen.
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