Leitsatz
1. Vereinbart der Unternehmer die Vermittlung einer sonstigen Leistung im Zusammenhang mit einer Vielzahl im In- und Ausland belegener Grundstücke und erhält er hierfür eine Anzahlung, richtet sich der Leistungsort auch dann nach § 3a Abs. 1 UStG, wenn im Zeitpunkt der Vereinnahmung nicht feststeht, ob sich die Vermittlungsleistung auf ein im Ausland belegenes Grundstück bezieht.
2. Ergibt sich, dass die vermittelte Leistung eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem im Ausland belegenen Grundstück betrifft, ist die Bemessungsgrundlage entsprechend § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG zu berichtigen.
Normenkette
§ 3a Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 4, § 13 Abs. 1 Nr. 1, Buchst. a Satz 4, § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG 2005, Art. 9, Art. 28b Teil E Abs. 3 der 6. EG-RL
Sachverhalt
Die Klägerin vertreibt u.a. "Hotelschecks". Der Kunde erwarb mit dem Scheck einen Katalog für Hotels, in denen er drei Nächte "kostenlos" übernachten konnte, Frühstück und Abendessen unabhängig von der tatsächlichen Inanspruchnahme jedoch bezahlen musste. Der Kunde musste das Hotel selbst buchen und danach die Buchungsbestätigung sowie den Scheck an die Klägerin zurücksenden, die als Vermittlerin den Hotelscheck an das Hotel sandte. Ein Großteil der Schecks wurde nicht eingelöst. Die Klägerin meinte, sie habe nur bei den "benutzten" Schecks entgeltliche Leistungen erbracht. FA und FG meinten hingegen, alle Entgelte bezögen sich auf eine im Inland steuerbare Leistung eigener Art (FG Düsseldorf, Urteil vom 6.10.2010, 5 K 1818/08 U, Haufe-Index 2590226, EFG 2011, 486).
Entscheidung
Die Revision der Klägerin führte zur Zurückverweisung. Es fehlten Feststellungen, in welchem Umfang die Anzahlungen zur Vermittlung von Beherbergungsleistungen in Hotels geführt hatten, die nicht im Inland belegen sind.
Hinweis
1. Die Beurteilung als Leistung gegen Entgelt setzt lediglich voraus, dass aufgrund eines Rechtsverhältnisses gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden und die eine Vergütung für die andere ist. Dass die gegen Entgelt versprochene Leistung erst in der Zukunft erbracht wird oder von einer Bedingung abhängt und "verbrieft" wird (Konzertkarte, Hotelscheck) berührt nicht die Beurteilung als entgeltliche Leistung, sondern nur den Zeitpunkt der Erbringung. Soweit der EuGH im Urteil vom 16.12.2010, C-270/09Macdonald Resorts Ltd., BFH/NV 2011, 147) den Erwerb von "Punkten" für Ferienwohnungsnutzungsrechte oder andere Dienstleistungen noch nicht als Leistung beurteilt hat, beruhte dies auf der Besonderheit des Sachverhalts, in dem alle für die spätere Leistung maßgeblichen Kriterien (Leistungsgegenstand, Leistungsort, Punktewert) offen und von MacDonald bestimmbar waren.
2. Spezifisch und wesentlich für eine Vermittlungsleistung ist es, die am Abschluss des Vertrags interessierten Personen zusammenzuführen, wobei die Vermittlungstätigkeit in einer Nachweis-, einer Kontaktaufnahme- oder in einer Verhandlungstätigkeit bestehen kann. Die Beurteilung als Vermittlung ist nicht deswegen ausgeschlossen, weil schließlich der Abschluss des vermittelten Leistungsaustauschs auch der Eigeninitiative der Vertragspartner des vermittelten Geschäftes bedarf.
3. Vereinnahmte Anzahlungen unterliegen der USt (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG). Der Leistungsort für Anzahlungen richtet sich nach dem Gegenstand der entgeltlich vereinbarten Leistung. Ist z.B. Leistungsgegenstand eine Vermittlungsleistung, richtet sich deren Leistungsort nach dem Ort, an dem der vermittelte Umsatz ausgeführt wird, also nach § 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG. Das gilt auch für Anzahlungen, wenn im Zeitpunkt der Zahlung bereits feststeht, an welchem Ort der vermittelte Umsatz erbracht wird. Steht im Zeitpunkt der Anzahlung zwar die Art der Leistung – wie z.B. im Besprechungsfall die Vermittlung einer Beherbergungsleistung in einem Hotel – aber nicht fest, wo die vermittelte Leistung erbracht wird (z.B. in einem Hotel im Inland oder in einem anderen Land), bestimmt sich der Leistungsort für die Vermittlungsleistungen nach § 3a Abs. 1 Satz 1 UStG. Danach wird die Vermittlungsleistung an dem Ort erbracht, an dem der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Kommt es schließlich zum Abschluss eines (vermittelten) Vertrags und betrifft dieser eine nicht im Inland steuerbare Leistung, ist die Bemessungsgrundlage in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG zu berichtigen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 8.9.2011 – V R 42/10