Markus Fahsel, Maik Bergan
Rn. 6
Stand: EL 157 – ET: 04/2022
Die Regelung ermöglicht die vorläufige Nichtbesteuerung (Steuerpause) des Arbeitslohns im Falle der durch den ArbG vergünstigten Übertragung von Vermögensbeteiligungen an den ArbN. Dabei besteht (bereits) nach der Übertragung die Verpflichtung des Betriebsstätten-FA, den Vorteil im Rahmen einer Anrufungsauskunft zu bestätigen. Grundlage ist der gemeine Wert der Vermögensbeteiligung. Die Steuerpause erfolgt ausschließlich iRd LSt-Abzugsverfahrens.
Rn. 7
Stand: EL 157 – ET: 04/2022
Die Besteuerung als Arbeitslohn wird spätestens 12 Jahre nach der Übertragung an den ArbN nachgeholt, sofern dieser die Vermögensbeteiligung nicht vorher überträgt oder sein Dienstverhältnis vorher beendet wird. Die spätere Besteuerung kann im Einzelfall bei Anwendung der sog Fünftelungsregelung erneut begünstigt sein; im Falle der Beendigung des Dienstverhältnisses besteht für den ArbN im Ergebnis sogar die Möglichkeit der abschließenden Steuerentlastung des ursprünglich vergünstigten Erwerbes. Zudem werden zwischenzeitliche Wertverluste steuerlich berücksichtigt.
Rn. 8
Stand: EL 157 – ET: 04/2022
Mit der Regelung in § 19a EStG soll nach Aussage des Gesetzgebers kein Systemwechsel in Bezug auf die Einkunftsart einhergehen, vielmehr wird auf die allgemeinen Grundsätze verwiesen (BT-Drucks 19/27631, 109). Damit setzt § 19a EStG das Vorliegen von Arbeitslohn voraus (Fahsel/Bergan, FR 2021, 729, 731); für die hierfür notwendige Veranlassung durch das Dienstverhältnis stellt die vergünstigte Übertragung ein wichtiges Indiz dar (ua BFH v 04.10.2016, IX R 43/15, BStBl II 2017, 790; BFH v 01.12.2020, VIII R 40/18, BFHE 271, 493), sodass der hieraus resultierende Vorteil regelmäßig – wenn auch nicht zwingend – Arbeitslohn sein dürfte.
Rn. 9
Stand: EL 157 – ET: 04/2022
Der Regelungscharakter bereitet gewisse Schwierigkeiten. Der Gesetzgeber scheint davon auszugehen, dass die Steuerpause iRd Steuerschuldverhältnisses den materiellen Steueranspruch – trotz Zuflusses – ausschließt, was in der Folge auf den LSt-Abzug (keine eigene Steuerart, ua BFH v 14.11.2013, VI R 49/12, BFHE 243, 524) durchgreift. Hierauf deutet der Wortlaut (§ 19 Abs 4 S 1 EStG: "unterliegt erst dann der Besteuerung nach § 19 EStG und dem LSt-Abzug"), Möllmann/Zantopp, DStR 2020, 2817, 2819; Hamacher/Jeuckens, NWB 2021, 967, 967, die jeweils von einer gesetzlichen Fiktion der Nichtsteuerbarkeit ausgehen). Im Rahmen seines Anwendungsbereiches modifiziert § 19a EStG somit den gesetzlichen Tatbestand (§ 38 AO) hinsichtlich des Besteuerungszeitpunktes um (Westermann in Fuhrmann/Kraeusel/Schiffers, § 19a EStG Rz 1 (Aktualisierung v 11.07.2021).
Dieser Ansatz ist nicht frei von Zweifeln. So erscheint es nicht konsequent, am materiellen Steueranspruch anzusetzen, dessen Umsetzung dann jedoch nur auf das LSt-Abzugsverfahren zu beschränken; steuersystematisch konsequent wäre es gewesen, die Möglichkeit der Steuerpause (alternativ) auch iRd Veranlagung zu ermöglichen.
Andererseits wäre ein alternativer Ansatz dahingehend denkbar und ausreichend, die Steuerpause iRd Erhebung als zeitweises Aussetzen der Verwirklichung des an sich gegebenen materiellen Steueranspruchs anzusehen. Der wohl vorrangig aus praktischen Erwägungen (Vermeidung "komplizierter Rückabwicklungen", BT-Drucks 19/27631, 110) getroffenen Entscheidung des Gesetzgebers, die Steuerpause ausschließlich dem LSt-Abzugsverfahren (Erhebung) vorzubehalten, würde dieser Ansatz eher entsprechen. Die Regelungswirkung würde sich auf den Bereich der Erhebung beschränken, der Steuertatbestand (Sachlohn iRd Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit) bliebe unverändert. Der Regelungscharakter wäre dann vorrangig stundungsähnlich, wenngleich eine Stundung iS § 222 AO mangels Fälligkeit des LSt-Anspruchs auch nach diesem Ansatz nicht gegeben wäre (Möllmann/Zantopp, DStR 2020, 2817, 2819 f; Hamacher/Jeuckens, NWB 2021, 964, 967, die entsprechend des dort vertretenen Ansatzes eine wirtschaftliche Stundung sogar bei fehlender Steuerbarkeit (kein materieller Steueranspruch) annehmen).