Rn. 430
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Nach st Rspr fallen Veräußerungen und veräußerungsähnliche Vorgänge im privaten Bereich nicht unter § 22 Nr 3 S 1 EStG. Dies wird damit begründet, dass der Gesetzgeber nach der Systematik des EStG die durch die Umschichtung privater Vermögenswerte zutage tretenden Wertsteigerungen abschließend iRd §§ 17 u 22 Nr 2 EStG iVm § 23 EStG besteuern wollte (BFH BStBl II 2005, 26: "Konsequenz aus dem sog Einkünftedualismus"; BFH BStBl II 2000, 82; 1977, 27; 1977, 796).
Außerhalb des Bereichs dieser Vorschriften und damit auch iRd § 22 Nr 3 EStG bleiben Gewinne aus der Veräußerung von WG steuerfrei (vgl BFH BStBl II 2004, 874; 1990, 1054 zum Verkauf von Kaufeigenheimen; BFH BStBl II 1979, 298 zur Abtretung eines grundstücksbezogenen Rückkaufanspruchs). Dies gilt auch für Veräußerungsverluste, die steuerlich ebenfalls nicht zu berücksichtigen sind (BFH BStBl II 2005, 26; BFH v 04.03.2004, XI B 48/02, nv). Grds sollen nach den Vorstellungen des Gesetzgebers iRd Einkunftsarten des § 2 Nr 4–7 EStG nur die Früchte einer wirtschaftlichen Betätigung (erwirtschaftetes Einkommen) und nicht die Umschichtung privaten Vermögens erfasst werden. Nicht erfasst werden demnach Veräußerungsvorgänge oder veräußerungsähnliche Vorgänge im privaten Bereich, durch die ein Vermögenswert in seiner Substanz endgültig aufgegeben wird (BFH BFH/NV 2009, 9; BStBl II 2007, 44). Steht die Gegenleistung dagegen nicht im Zusammenhang mit der Umschichtung oder der Aufgabe privaten Vermögens, kommt eine Besteuerung nach § 22 Nr 3 EStG in Betracht.
a) Nicht steuerbare Veräußerungen
Rn. 431
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Unter Veräußerung ist eine Verfügung über einen Vermögensgegenstand zu verstehen, die das Ergebnis eines obligatorischen Geschäfts darstellt und unmittelbar darauf gerichtet ist, auf ein bestehendes Recht einzuwirken, es zu verändern, zu übertragen oder aufzuheben (BFH BFH/NV 2008, 2001; BStBl II 2003, 752 zu § 23 Abs 1 S 1 Nr 1b EStG 1994). Dementsprechend ist die Übertragung der Rechte aus einem Mietvertrag und eines Optionsrechts zur Verlängerung des Mietvertrags ein gemäß § 22 Nr 3 EStG steuerbarer Vorgang (BFH BFH/NV 2013, 715)
Rn. 432
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Eine die Steuerbarkeit nach § 22 Nr 3 EStG ausschließende Aufgabe eines Vermögenswerts in seiner Substanz kommt allerdings nur in Betracht, wenn der Vermögenswert werthaltig bzw "greifbar" ist und dadurch ein WG darstellt. Fehlt es an der wirtschaftlichen Greifbarkeit, scheidet die Annahme einer Veräußerung oder eines veräußerungsähnlichen Vorgangs aus (BFH BStBl II 2005, 167 zur Weitergabe von Informationen zur Durchsetzung eines Schadensersatzanspruchs). S Rn 510 "Werthaltiger Tipp" und "Verzicht auf Rechtsposition".
Rn. 433
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Ist eine Veräußerung zu bejahen, zählt zum Veräußerungspreis grds alles, was der Veräußerer als Gegenleistung für die Übertragung des WG vom Erwerber oder einem Dritten erhält (BFH BFH/NV 2009, 9).
Rn. 434–435
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
vorläufig frei
b) Nicht steuerbare veräußerungsähnliche Vorgänge
Rn. 436
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Der Begriff "veräußerungsähnliche Vorgänge" wurde von der Rspr geschaffen, um auch Vorgänge dem steuerfreien Bereich zuordnen zu können, denen keine Vermögensübertragung zugrunde liegt, bei denen aber eine Umschichtung des Vermögens durch "Substanzverlust" bzw "Substanzaufgabe" gegeben ist, die einem Dritten zugute kommt und der dafür ein Entgelt zahlt. Im Gegensatz zu Wertverlusten im Rahmen von Nutzungsverhältnissen, die der Besteuerung unterliegen, sind derartige Wertverluste dem nicht steuerbaren Vermögensbereich zuzuordnen. Ein solches, nicht von § 22 Nr 3 S 1 EStG erfasstes Entgelt ist nach der Rspr dann zu bejahen, wenn es im Einzelfall bei wirtschaftlicher Betrachtung "dem Normalbild des Ausgleichs für eine Minderung des Vermögenswerts in seiner Substanz entspricht" (BFH BStBl II 1977, 27 zu Abfindungen, die der Mieter einer Wohnung für Einschränkungen seiner Mieterposition erhält).
Rn. 437
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Hierunter fällt beispielsweise der Fall der vorzeitigen Aufgabe der Rechte aus einem Mietvertrag gegen Zahlung eines Entgelts. Das durch den Mietvertrag begründete Besitzrecht des Mieters ist eine vermögenswerte Rechtsposition, die durch die Abfindungszahlung abgegolten wird. Dementsprechend handelt es sich um eine nicht steuerbare veräußerungsähnliche Vermögensumschichtung. Unerheblich ist dabei, ob eine solche Abfindung nach bürgerlichem Recht zulässig ist oder nicht. Steuerlich maßgeblich ist allein die tatsächliche Zahlung (BFH BFH/NV 2000, 423). Als veräußerungsähnlicher Vorgang nicht steuerbar ist ein entgeltlicher Verzicht auf ein Wohnnutzungsrecht auch dann, wenn dieses im Bebauungsplan öffentlich-rechtlich abgesichert ist (FG Mchn EFG 2007, 1603).
Rn. 438
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Nicht steuerbar nach § 22 Nr 3 S 1 EStG ist auch der entgeltliche Verzicht auf einen dinglichen Vorbehaltsnießbrauch oder der Verzicht auf ein testamentarisch vermachtes obligatorisches Wohnrecht gegen ein wirtschaftlich gleichwertiges Entgelt im Pri...