Rn. 131
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Bei Aufwendungen zu Gunsten dritter Personen, zB Zahlung von Krankheitskosten, ist zu berücksichtigen, ob die betreffende Person nicht selbst in der Lage gewesen wäre, die Aufwendungen aus eigenem Einkommen oder eigenem Vermögen zu bestreiten. Der Gedanke kehrt für Unterhaltsaufwendungen in § 33a Abs 1 EStG wieder. Er gilt auch für Anwendung des § 33 EStG, allerdings ohne die in § 33a Abs 1 EStG typisierend aufgestellten Einkunftsgrenzen (BFH BStBl II 2010, 621 zum Grundsatz der Verwertung des eigenen Vermögensstammes des Kindes und zur Ausnahme Loschelder in Schmidt, § 33 EStG Rz 33, 40. Aufl).
So ist der BFH BStBl III 1964, 331 im Grunde davon ausgegangen, dass leicht verwertbares Vermögen eines Dritten, zu dessen Gunsten Aufwendungen gemacht werden, im Allgemeinen die Zwangsläufigkeit der Aufwendungen beim Aufwendenden ausschließt. Dem ist zuzustimmen. Der Dritte hat zunächst seine eigenen Unterhaltsquellen und seine Arbeitskraft einzusetzen, so wie auf sein Vermögen zurückzugreifen, es sei denn, dass es nur geringfügig ist. Wegen des einzusetzenden Vermögens kann R 33a.1 Abs 2 EStR 2012 (zu § 33a Abs 1 EStG) einen gewissen Anhalt geben: Verkehrswert ab 15 500 EUR nicht mehr geringfügig, mit Ausnahmen. Vermögen, das nicht verwertbar ist, wird man dabei nicht ansetzen können (vgl auch BFH BStBl II 1964, 331; BFH/NV 2009, 728).
Die Verpflichtung, vor der Inanspruchnahme von Unterhaltsleistungen zumutbar verwertbares Vermögen einzusetzen, wird durch einen zu belassenden "Notgroschen" für Fälle plötzlich auftretenden Bedarfs eingeschränkt (dazu BGH NJW 1998, 978 unter II.3. b. Übersteigt der Wert des Vermögens den "Notgroschen", so können Zumutbarkeitsgesichtspunkte gleichwohl seiner Verwertung entgegenstehen. Vermögen, das vom Großvater zweckgerichtet für die Ausbildung zugewendet wurde, muss daher nicht vor der Inanspruchnahme elterlichen Unterhaltes verbraucht werden, sondern kann auf die voraussichtliche Ausbildungsdauer umgelegt werden (BGH NJW 1998, 978 unter II.4.a., betreffend Vermächtnis von 50 000 DM; BFH BFH/NV 2009, 728).
Schwerbehinderte volljährige Kinder, die ihren angemessenen Bedarf nicht selbst decken können und bei denen ungewiss ist, ob ihr Unterhaltsbedarf im Alter durch Unterhaltsleistungen der Eltern gedeckt werden kann, dürfen maßvoll Vermögen bilden; eine als Altersvorsorge dienende vermietete Eigentumswohnung braucht deshalb nicht vor der Inanspruchnahme elterlichen Unterhaltes verwertet zu werden (BFH BFH/NV 2009, 728). Nach diesen Grundsätzen konnte auch einem querschnittsgelähmten und einkommenslosen Sohn die Verwertung seiner Forderung gegen den Unfallversicherer, seinem einzigen Vermögensgegenstand, nicht zugemutet werden, da er hierauf zur Altersvorsorge und zur Abdeckung seines weiteren lebenslangen behinderungsbedingten Mehrbedarfs angewiesen war (BFH BFH/NV 2009, 728; vgl auch BFH BStBl II 2010, 621).
Ist die Verwertbarkeit nur schwierig, zB bei Grundbesitz, so schließt dies den Ansatz mE nicht ohne weiteres aus; für Grundbesitz folgt dies schon aus dessen enorm gestiegener wirtschaftlicher Bedeutung. Hier ist insbesondere die Möglichkeit der Belastung zu prüfen (vgl FG Ha EFG 1998, 663; Loschelder in Schmidt, § 33 EStG Rz 22, 40. Aufl). Auch kommt in Betracht, die bedürftige Person mit einem Darlehen zu unterstützen, statt einen Unterstützungsbetrag endgültig hinzugeben (BFH BStBl II 1989, 280), bzw ist zu prüfen, ob die zu unterstützende Person nicht selbst ein Darlehen von anderer Seite hätte aufnehmen können (BFH BStBl II 1987, 432; Loschelder in Schmidt, § 33 EStG Rz 33, 40. Aufl). Allenfalls kommt in diesen Fällen der Ansatz von Zinsen für das Darlehen in Betracht (s § 33 Anh 1 "Schuldaufnahme und Schuldentilgung" (Nacke)).
Eine Unterstützung des StPfl kann dann nicht berücksichtigt werden, wenn der Unterstützte sein Vermögen früher auf den StPfl übertragen hat. Die Leistungen des StPfl sind dann nicht zwangsläufig (BFH BStBl II 1997, 387; BFH/NV 2010, 637; Dürr, INF 1997, 353; Paus, BB 1997, 2559; Loschelder in Schmidt, § 33 EStG Rz 33, 40. Aufl).
Ebenso ist eine ag Belastung wegen fehlender Zwangsläufigkeit nicht anzunehmen, wenn ein Arbeitsverhältnis zwischen nahen Angehörigen steuerlich nicht anerkannt wurde, aber der StPfl tatsächlich Zahlungen für Tätigkeiten an den Angehörigen erbracht hat (BFH BFH/NV 1998, 293). An der Zwangsläufigkeit der Aufwendungen fehlt es auch, wenn Pflegeaufwendungen an einen Unterhaltsempfänger gezahlt werden (zB Elternteil) und die Unterstützungsbedürftigkeit durch vorherige Vermögensübertragung auf den StPfl verursacht wurde (FG RP EFG 2007, 1334).
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Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Die Zwangsläufigkeit ist außerdem nach Ansicht des BFH regelmäßig zu verneinen, wenn der Dritte die Aufwendungen verursacht hat und die Zwangsläufigkeit beim StPfl selbst aus diesem Grunde zu verneinen wäre (BFH BStBl II 1974, 686). Ferner wird man dem Grundsatz zustimmen müssen, dass Zwangsläufigkeit der Aufwendung abzulehnen i...