a) Inlandsbezug durch Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt, Geschäftsleitung, Sitz oder Ähnliches (§ 38 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG)
Rn. 30
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Gemäß § 38 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG trifft die Verpflichtung zum LSt-Abzug nur den ArbG, der im Inland entweder einen Wohnsitz (§ 8 AO), seinen gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO), seine Geschäftsleitung (§ 10 AO), seinen Sitz (§ 11 AO), eine Betriebsstätte (§ 12 AO) oder einen ständigen Vertreter (§ 13 AO) hat (inländischer ArbG).
Der Begriff des "Inlands" ist in § 1 Abs 1 S 2 EStG definiert (s § 1 Rn 51–68 (Teller)). Verfügt ein ArbG über mehrere Wohnsitze oder Betriebsstätten, reicht es aus, dass ein Wohnsitz bzw eine Betriebsstätte im Inland liegt (FG He vom 13.02.2008, 8 K 2258/01; Mosbach/Röpke in Frotscher/Geurts, § 38 EStG Rz 27 (Oktober 2015)).
Rn. 31
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Verfügt ein inländischer ArbG über einen Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt, Sitz oder Geschäftsleitung im Inland, ist das Unternehmen als inländischer ArbG nicht nur bzgl der im Inland tätigen ArbN, sondern grds auch bzgl der ArbN, die bei ausländischen Betriebsstätten angestellt sind, zum LSt-Abzug verpflichtet, dh, dass sämtliche Lohnzahlungen an die ArbN dem LSt-Abzug unterliegen. Bzgl der ausländischen ArbN kann sich allerdings ein Verzicht auf den LSt-Abzug aus einem DBA oder dem Auslandstätigkeitserlass ergeben (BMF BStBl I 2022, 997).
Rn. 32
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Dadurch, dass auch Betriebsstätten und ständige Vertreter geeignet sind, die Verpflichtung zum LSt-Abzug zu begründen, zeigt sich, dass auch im Ausland ansässige ArbG in Deutschland lstpfl werden können. Es genügt insofern, dass er als beschränkt StPfl der inländischen Steuerhoheit unterworfen ist (BFH BStBl II 1989, 755; Wackerbeck in Brandis/Heuermann, § 38 EStG Rz 70 (Oktober 2021)).
Für den Begriff der Betriebsstätte ist allein auf § 12 AO abzustellen. Der Betriebsstättenbegriff nach DBA ist dagegen für die Frage der Qualifikation als inländischer ArbG iSd § 38 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG und der daraus uU resultierenden Pflicht zum LSt-Abzug nicht maßgebend (BFH BStBl II 1978, 205).
Daher wird bei einer sechs Monate überschreitenden Bauausführung oder Montage (s § 12 S 2 Nr 8 AO) im Inland durch einen ausländischen ArbG dieser – unabhängig vom Vorliegen einer Betriebsstätte nach DBA-Kriterien – inländischer ArbG für LSt-Zwecke (R 38.3 Abs 4 S 1 LStR 2023) und somit (auch) bei den im Inland eingesetzten ausländischen ArbN grds zum LSt-Abzug verpflichtet. Ein Filialleiter oder die Aufsichtsperson eines Bautrupps (nicht dagegen eine einzelne, von Fall zu Fall als Monteur im Inland eingesetzte Person) kann ein ständiger (im Inland tätiger) Vertreter sein und damit eine Verpflichtung zum LSt-Abzug begründen (R 38.3 Abs 3 LStR 2023; FG Nds EFG 2003, 1626 rkr).
Rn. 33
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Nicht als inländische ArbG zu qualifizieren sind dagegen die diplomatischen und berufskonsularischen Vertretungen fremder Staaten, da diese nicht der inländischen Staatsgewalt unterliegen und ihnen daher keine steuerlichen Pflichten auferlegt werden können (Mosbach/Röpke in Frotscher, § 38 EStG Rz 33 (Oktober 2015)). Soweit deren ArbN unbeschränkt oder beschränkt estpfl sind, treten an die Stelle des LSt-Abzugs ESt-Vorauszahlungen gemäß § 37 EStG; ansonsten kann die ESt ausschließlich im Wege der Veranlagung erhoben werden (BFH BStBl III 1959, 462).
Rn. 34–35
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vorläufig frei
b) ArbN-Entsendung (Inbound-Fall)/wirtschaftlicher ArbG (§ 38 Abs 1 S 2 EStG)
Rn. 36
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Gemäß § 38 Abs 1 S 2 Hs 1 EStG ist in den Fällen der ArbN-Entsendung auch das im Inland ansässige aufnehmende Unternehmen als zum LSt-Abzug verpflichteter inländischer ArbG anzusehen, wenn es den Arbeitslohn für die ihm geleistete Arbeit wirtschaftlich trägt (wirtschaftlicher ArbG). Geregelt werden sog Inbound-Fälle, dh vor allem Fälle, in denen eine inländische Konzerngesellschaft, ohne arbeitsrechtlicher ArbG zu sein, sog Management-Fees an ausländische Konzerngesellschaften für die Entsendung leitender Mitarbeiter nach Deutschland zahlt.
Rn. 37
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Eine ArbN-Entsendung iSd § 38 Abs 1 S 2 EStG liegt vor, wenn ein ArbN mit seinem ausländischen ArbG (entsendendes Unternehmen) vereinbart, für eine bestimmte Zeit bei einem verbundenen inländischen Unternehmen (aufnehmendes Unternehmen) tätig zu werden und das aufnehmende Unternehmen entweder eine arbeitsrechtliche Vereinbarung mit dem ArbG abschließt oder als wirtschaftlicher ArbG anzusehen ist (BMF BStBl I 2001, 796). Schließt das aufnehmende Unternehmen dagegen selbst eine arbeitsrechtliche Vereinbarung mit dem ArbN, ist es regelmäßig als inländischer ArbG iSd § 38 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG anzusehen und als solcher bereits zum LSt-Abzug verpflichtet. § 38 Abs 1 S 2 EStG greift damit nur dann ein, wenn der ArbN im Auftrag seines ausländischen ArbG in dem aufnehmenden inländischen Unternehmen wie ein ArbN tätig wird, ohne im rechtlichen Sinne ArbN des aufnehmenden ArbG zu sein.
Um in dem inländischen Unternehmen wie ein ArbN tätig zu sein, muss dieser in die betriebliche Organisation des aufnehmenden Unternehmens eingebunden sein, was sich nach dem Gesamtbild der ...