Dr. jur. Lukas Karrenbrock
Rn. 178
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Erforderlich für die Anwendung des Abzugsverbots ist, dass die BV-Minderung oder BA nach ihrer Entstehung und Zweckbestimmung durch dasselbe Ereignis wie die Sanierungserträge veranlasst sind. Diese müssen somit in Zusammenhang mit dem Schuldenerlass stehen, welcher steuerfreie Sanierungserträge zur Folge hatte (Desens in H/H/R, § 3c EStG Rz 112, 292 EL). Dazu zählen insb Zahlungen auf Besserungsscheine und Sanierungskosten.
Unter die Sanierungskosten fallen alle Aufwendungen, die unmittelbar der Erlangung von Sanierungsbeiträgen der Gläubiger dienen, wie zB Kosten für den Sanierungsplan und die Sanierungsberatung, Rechtsanwaltskosten, Gerichts- oder Gutachterkosten (BT-Drucks18/12128 v 26.04.2017, 33). Des Weiteren können Ausgaben für ein Vergleichsverfahren, Treuhänder oder Sachverständige Sanierungskosten sein (Desens, FR 2017, 985). Betroffen vom Abzugsverbot sind periodenübergreifend vor und nach dem Entstehen des Sanierungsertrags anfallende Sanierungskosten (BT-Drucks18/12128 v 26.04.2017, 33).
Das Abzugsverbot ist gemäß § 3c Abs 4 S 2 EStG nicht anzuwenden, sofern BV-Minderungen oder BA zur Erhöhung von Verlustvorträgen geführt haben, welche entsprechend des § 3a Abs 3 EStG entfallen. Hierdurch wird eine doppelte Nichtberücksichtigung des Sanierungsaufwandes vermieden.
Rn. 179
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Folge des § 3c Abs 4 S 1 EStG ist, dass die von dieser Vorschrift erfassten Sanierungsaufwendungen nicht abgezogen werden dürfen. Eine im Rahmen des BV-Vergleichs erfolgte gewinnmindernde Erfassung ist außerbilanziell zu berichtigen und gemäß § 3a Abs 3 S 1 EStG vom Sanierungsertrag abzuziehen (Isler in Frotscher/Geurts, § 3c EStG Rz 97i; Levedag in Schmidt, § 3c EStG Rz 29, 39. Aufl).
Das Abzugsverbot nach § 3c Abs 4 S 1 EStG ist der Höhe nach nicht auf den Umfang der steuerfreien Sanierungserträge beschränkt; im Unterschied zu § 3c Abs 1 EStG fehlt es an einer entsprechenden Begrenzung "soweit". Folglich sollte für eine Besteuerung nach dem objektiven Nettoprinzip § 3c Abs 4 dergestalt angepasst werden, dass eine Einschränkung des Abzugs auf die steuerfreien Einnahmen erfolgt. De lege lata kann es zu einem Überschuss an nicht abzugsfähigen BA kommen. Nicht zuletzt ist auch aufgrund der EU-Restrukturierungsrichtlinie eine entsprechende Anpassung erforderlich (Skauradszun/Kwauka, DStR 2020, 953 (957)).
Rn. 180
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Dagegen erfolgt eine Beschränkung des Abzugsverbots für Sanierungsaufwendungen, die nach dem Sanierungsjahr entstehen. Sanierungsaufwendungen sind demzufolge nicht abzuziehen, soweit noch ein verbleibender Sanierungsertrag iSv § 3a Abs 3 S 4 besteht (§ 3c Abs 4 S 4 EStG). Die hM geht zu Recht entgegen der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 18/12128 v 26.04.2017, 33) davon aus, dass das Abzugsverbot nur greift, wenn tatsächlich ein steuerfreier Sanierungsertrag entsteht.
Vergebliche Sanierungsaufwendungen würden nur dann unter das Abzugsverbot fallen, wenn § 3c Abs 2 S 7 EStG analog auch für § 3c Abs 4 EStG gelten würde; ein solcher Verweis ist aber nicht aufgenommen worden (Levedag in Schmidt, § 3c EStG Rz 26, 39. Aufl; Desens, FR 2017, 985; Förster/Hechtner, DB 2017, 1536 (1543)).
Rn. 181
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Die Vorschrift des § 3c Abs 4 S 5 EStG regelt, dass Steuer- oder Feststellungsbescheide zu ändern sind, wenn dem Abzugsverbot unterliegende BV-Minderungen oder BA bereits bei einer Steuerfestsetzung oder einer gesonderten Feststellung nach § 180 Abs 1 S 1 AO gewinnmindernd berücksichtigt wurden. Als besondere Korrekturnorm schreibt S 5 damit die Änderung von Steuer- und Festsetzungsbescheiden vor, wenn sich im Sanierungsjahr herausstellt, dass die in vergangenen VZ gewinnmindernd berücksichtigten Aufwendungen in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit einem steuerfreien Sanierungsertrag iSd § 3a EStG stehen. Der Korrekturnorm geht jedoch der Ausschluss des Abzugsverbots nach S 2 vor (Desens in H/H/R, § 3c EStG Rz 122, 292 EL).
Der Eintritt der Festsetzungsverjährung gemäß § 169 Abs 1 S 1 AO wird durch die Ablaufhemmung des § 3c Abs 4 S 6 Hs 2 EStG unterbunden. Demnach endet die Festsetzungsfrist für den Steuerbescheid, in welchem die Sanierungsaufwendungen berücksichtigt worden sind, nicht, bevor die Festsetzungsfrist für das Sanierungsjahr abgelaufen ist (Isler in Frotscher/Geurts, § 3c EStG Rz 97l).