1. Tatbestandsmerkmale
Rn. 291
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Eine (sonstige) Leistung iSd § 22 Nr 3 EStG ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das weder eine Veräußerung noch einen veräußerungsähnlichen Vorgang im privaten Bereich betrifft, Gegenstand eines entgeltlichen Vertrags sein kann und eine Gegenleistung auslöst (BFH BStBl II 2008, 469; vgl BFH BStBl II 1979, 298). Der Tatbestand von § 49 Abs 1 Nr 9 EStG erfasst jedoch nur bestimmte Arten von Leistungen iSv § 22 Nr 3 EStG ("soweit"), namentlich unterhaltende Darbietungen, die Nutzung beweglicher Sachen und die in der Praxis wichtige Konstellation der Überlassung von Know-how. Gegenüber den Besteuerungstatbeständen der Nr 1–8 herrscht Subsidiarität (§ 49 Abs 1 Nr 9 Hs 2 EStG).
Rn. 292
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Unterhaltende Darbietungen
Die Regelung von § 49 Abs 1 Nr 2 Buchst d EStG geht vor. Ausschlaggebend für die Annahme einer Darbietung ist deren unterhaltender Charakter, so dass zB auch Darbietungen von Sportlern oder die Teilnahme an einer Talkshow oder Quizsendung ohne eigenschöpferische Leistung erfasst werden (s BMF BStBl I 2010, 1350 Tz 17; OFD Karlsruhe vom 14.01.2009, S 2303/48 – St 111/St 142 zum JStG 2009 vom 19.12.2008, BGBI I 2008, 2794; Loschelder in Schmidt, § 49 EStG Rz 123, 41. Aufl). Der erforderliche Inlandsbezug liegt bei physischer Präsenz des Darbietenden im Inland vor (Klein in H/H/R, § 49 EStG Rz 1100, August 2019); eine bloße Verwertung der Darbietung im Inland (wie in § 49 Abs 1 Nr 6 EStG) ist unzureichend.
Rn. 293
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Nutzung beweglicher Sachen
Die zweite Variante erfasst nur die zeitweilige Nutzungsüberlassung von einzelnen körperlichen Gegenständen (§ 90 BGB), nicht jedoch eine dauerhafte Überlassung unkörperlicher Sachen (vgl FG Mchn EFG 1990, 242 bzgl Leasing). Immaterielle WG, wie zB per Datendownload zu Verfügung gestellte Software, werden vom Tatbestand nicht erfasst (vgl zur Sacheigenschaft von Standardsoftware BGH vom 09.10.2001, X ZR 58/00). Sachgesamteinheiten unterfallen dem Tatbestand von § 49 Abs 1 Nr 6 EStG.
Rn. 294
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Steuerlicher Anknüpfungspunkt ist die Nutzung der Sachen im Inland, dh, entscheidendes Kriterium ist, wo sich die Sache zum Zeitpunkt der tatsächlichen Nutzung befindet (BFH BStBl II 2013, 728; vgl BFH BFH/NV 2000, 1182). Unbedeutend ist, ob die Einkünfte aus einer unmittelbaren oder mittelbaren Nutzung herrühren, solange die bewegliche Sache tatsächlich im Inland verwendet oder eingesetzt wird (BFH BStBl II 2013, 728).
Der Begriff der Nutzung geht weiter als derjenige der Vermietung und umfasst sowohl eine Selbstnutzung als auch eine Nutzung iSd Ausübung von Eigentümerbefugnissen (FG D'dorf EFG 2012, 1172). Im Falle einer Untervermietung durch den Hauptmieter ist für die beschränkte StPfl des Eigentümers der Gegenstände allein ausschlaggebend, ob die Sachen von dem Untermieter im Inland genutzt werden oder wurden (Frotscher in Frotscher, § 49 EStG Rz 413, EL 213, 1/2022). Wo sich der Hauptmieter befindet, und ob die Untervermietung im Rahmen seines inländischen Gewerbebetriebs erfolgt, ist ohne Bedeutung (BFH BStBl II 2013, 728). In Abgrenzung zu § 49 Abs 1 Nr 6 EStG reicht eine bloße Verwertung im Inland nicht aus (Klein in H/H/R, § 49 EStG Rz 1101, August 2019). Veräußerungen oder veräußerungsähnliche Vorgänge werden nicht erfasst (BFH BStBl II 1991, 300 mwN; BFH BStBl II 2013, 728).
Rn. 295
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Überlassung von Know-how
Die dritte Variante der von § 49 Abs 1 Nr 9 EStG erfassten sonstigen Leistung iSv § 22 Nr 3 EStG ermöglicht einen steuerlichen Zugriff auf Einkünfte des Know-how-Inhabers aus dessen Nutzungsüberlassung bzw auf Einkünfte des Nutzungsberechtigten von Know-how für die Überlassung des Rechts auf Nutzung. Der Gesetzeswortlaut umschreibt Know-how als gewerbliche, technische, wissenschaftliche uä Erfahrungen, Kenntnisse und Fertigkeiten (gleiche Formulierung in § 50a Abs 1 Nr 3 EStG). Der Gesetzgeber scheint sich insofern an der ergangenen BFH-Rspr zu orientieren (vgl BFH BStBl II 1971, 235; 1989, 82).
Rn. 296
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Die weite Formulierung umfasst Spezial- und Erfahrungswissen (BFH BStBl II 2003, 249), werthaltige Tipps (BFH BStBl II 2005, 167) bis hin zu nicht geschützten Erfindungen (BFH BStBl II 1989, 82). Kaufmännische oder betriebswirtschaftliche Erfahrungen stellen ähnliche Erfahrungen iSd Vorschrift dar (BFH BStBl II 1971, 235). Das übermittelte Know-how soll dem Empfänger ermöglichen, es für seine Geschäftstätigkeit selbst anzuwenden (FG Mchn EFG 1983, 353). Es muss sich um eine tatsächliche, rechtlich nicht geschützte Position handeln. Genießt das Wissen einen urheberrechtlichen Schutz, ist § 49 Abs 1 Nr 6 EStG einschlägig (vgl BFH BStBl II 1989, 87).
Rn. 297
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Nicht die eigene Nutzung des Know-how, sondern dessen tatsächliche Überlassung an einen Dritten ist ausschlaggebend (BFH BStBl II 1971, 235). Die Nutzungsüberlassung erfolgt regelmäßig im Wege eines Lizenzvertrages. Der tatsächliche Ei...