Dr. Barbara Zuber, Stefan Ditsch
Rn. 27
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Als Ausnahme zum zweistufigen Entlastungsverfahren können die Steuerbefreiungen nach den §§ 43b, 50g EStG oder DBA unter bestimmten Bedingungen auch bereits vom Vergütungsschuldner iRd Abzugsverfahrens geltend gemacht werden. Diese Ausnahmen werden in § 50c Abs 2 EStG zusammengefasst: Hauptanwendungsfall ist die in § 50c Abs 2 S 1 Nr 1 EStG geregelte Freistellung aufgrund amtlicher Bescheinigung. Daneben sieht § 50c Abs 2 S 1 Nr 2 EStG ein Verschonungsverfahren bei betragsmäßig geringen Vergütungen für immaterielle Wirtschaftsgüter iSv § 50a Abs 1 Nr 3 EStG vor. Letzteres ersetzt in vereinfachter Form das bisher in § 50d Abs 5 EStG aF geregelte Kontrollmeldeverfahren.
Rn. 28
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Ist der Vergütungsschuldner nicht gleichzeitig der Steuerabzugsverpflichtete, kann ein Freistellungsverfahren nicht angewendet werden. Im Falle von sammelverwahrten Aktien gemäß §§ 44 Abs 1 S 3, 43 Abs 1 S 1 Nr 1a EStG hat eine auszahlende Stelle, die nicht gleichzeitig Schuldner der KapErtr ist, daher den Steuerabzug durchzuführen; ein Freistellungsverfahren ist ausgeschlossen.
Rn. 29
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Die Anmeldeverpflichtungen des Vergütungsschuldners (§§ 45a, 50a Abs 5 S 3 EStG bzw § 73e EStDV) bleiben ungeachtet des Freistellungsverfahrens bestehen. § 50c Abs 2 S 2 EStG stellt ausdrücklich klar, dass der Vergütungsschuldner auch in Fällen einer vollständigen Steuerentlastung zur Abgabe einer Steueranmeldung mit null verpflichtet ist.
Gemäß § 50c Abs 2 S 3 EStG kommt eine Änderung der Steueranmeldung auf Grundlage des Freistellungsverfahrens nicht in Frage, es sei denn, die Freistellungsbescheinigung war im Zeitpunkt der Steueranmeldung noch nicht erteilt worden. Eine einmal angemeldete und abgeführte Steuer kann grundsätzlich nicht aufgrund des Vorliegens einer der beiden Freistellungstatbestände durch nachträgliche Änderung der Steueranmeldung wieder erstattet werden. Der Vergütungsgläubiger ist insoweit auf das Erstattungsverfahren nach § 50c Abs 3 EStG verwiesen. Damit soll gewährleistet werden, dass nach Abführung der Steuer nur noch ein Entlastungsverfahren zur Anwendung kommt, um die Verwaltungspraxis zu vereinfachen und die Gefahr von Doppelerstattungen vermeiden. Dieser Grundsatz gilt allerdings uneingeschränkt nur im Rahmen des Verschonungsverfahrens für Rechteüberlassungen nach § 50c Abs 2 S 1 Nr 2 EStG.
Für den Fall der Freistellung durch amtliche Bescheinigung ist eine Änderung der Steueranmeldung ausnahmsweise zulässig, wenn eine Freistellung bereits beantragt, aber noch nicht erteilt wurde. Diese Ausnahmeregelung steht in Zusammenhang mit § 50c Abs 2 S 4 Hs 1 EStG, der wie § 50d Abs 2 S 4 Hs 1 EStG aF weiterhin die rückwirkende Erteilung einer Freistellungsbescheinigung ab Antragstellung vorsieht. Sie wurde nachträglich durch das ATADUmsG ins Gesetz eingefügt, nachdem die ursprünglich intendierte Geltung der Freistellungsbescheinigung erst ab Ausstellung aus Vertrauensschutzgründen nicht umgesetzt wurde (BT-Drs 19/28295, 73f).