Dr. Barbara Zuber, Stefan Ditsch
Rn. 91
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
Durch das negative Merkmal des "Erzielens von Einkünften" soll ausweislich der Gesetzesbegründung vermieden werden, dass das bloße Innehaben einer Einkunftsquelle für eine Wirtschaftstätigkeit iSd § 50d Abs 3 S 1 Nr 2 EStG ausreicht (BT-Drs 19/27632, 60). Die rein passive Erzielung von Einkünften durch Vermögensverwaltung ohne weitere Aktivitäten soll von der sachlichen Entlastungsberechtigung ausgenommen werden. Dazu zählt nach der Gesetzesbegründung insb eine passive Beteiligungsverwaltung, bei der sich die zwischengeschaltete Körperschaft auf die Empfangnahme der Dividenden und ggf deren Weiterleitung – zB als Darlehen – beschränkt und keine weiteren Tätigkeiten entfaltet (BT-Drs 19/27632, 60).
Diese pauschale Herausnahme passiver Beteiligungsverwaltung auf der Tatbestandsebene ist unionsrechtlich fraglich, da nach der EuGH-Rspr (EuGH vom 20.12.2017, Deister Holding und Juhler Holding, DStR 2018, 119, Tz 72f) auch Holdinggesellschaften, deren Einkünfte nur aus der Beteiligungsverwaltung stammen, wirtschaftlich tätig sein können. Ob in diesen Fällen ein Missbrauch vorliegt, ist im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung zu ermitteln (ganz hM, zB Frotscher in Frotscher/Geurts, § 50d EStG Rz 68 (12/2021); Gosch in Kirchhof/Seer, § 50d EStG Rz 27 (22. Aufl 2023); Hagena in H/H/R, § 50d EStG Rz 56 (12/2022); Schönfeld/Erdem in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, § 50d EStG Rz 252 (03/2022); Schnitger/Gebhardt, IStR 2021, 289 (293); Stangl/Greinert/Siebing, Ubg 2021, 447 (457)).
Die aktive Beteiligungsverwaltung, bei der die ausländische Körperschaft ihre Tochtergesellschaften planmäßig steuert, stellt demgegenüber grds eine wirtschaftliche Tätigkeit dar, auch wenn sich die Einkünfte der Körperschaft auf Dividenden beschränken (BT-Drs 19/27632, 60). Erforderlich ist eine nach außen erkennbare Einflussnahme auf langfristige, strategische Entscheidungen der Tochtergesellschaften, die durch Meeting-Protokolle oder schriftliche Anweisungen dokumentiert werden kann (hierzu im Einzelnen Grotherr, GmbHR 2021, 478ff). Die aktive Beteiligungs-Verwaltung kann sich auf inländische und ausländische Tochtergesellschaften (in EU-/EWR- oder Drittstaaten) beziehen. Es genügt, dass die Konzernleitung in einer durch äußere Merkmale erkennbaren Form zB die Grundlinien der Geschäftspolitik bestimmt und sonst grundlegende Fragen der Geschäftspolitik der Konzernunternehmen aufeinander abstimmt (zB BFH vom 15.04.1970, I R 122/66, BStBl II 1970, 554 Tz 10).
Dies gilt uE auch dann, wenn die Holdinggesellschaft nur eine Tochtergesellschaft aktiv steuert (glA Loschelder in Schmidt, § 50d EStGRz 23 (42. Aufl 2023); Hagena in H/H/R, § 50d EStG Rz 56 (12/2022); Grotherr, GmbHR 2021, 478 (483)). Die Voraussetzung der aktiven Verwaltung von mindestens zwei Tochtergesellschaften (so zB Gosch in Kirchhof/Seer, § 50d EStG Rz 27 (22. Aufl 2023); zur Vorgängerregelung BMF BStBl I 2012, 171 Tz 5.2) geht zurück auf die Rspr zur wirtschaftlichen Eingliederung von Organgesellschaften im Rahmen einer ertragsteuerlichen Organschaft (zB BFH vom 09.12.1980, BStBl II 1981, 339 mwN) und diente zur Begründung einer gewerblichen Tätigkeit des Organträgers. Im Kontext des § 50d Abs 3 EStG ist jedoch bereits eine wirtschaftliche Tätigkeit ausreichend, die über das Negativmerkmal des bloßen Haltens einer Einkunftsquelle hinausgeht; dies ist auch bei einer aktiven Leitung gegenüber nur einer Tochtergesellschaft der Fall. Aus Sicht europarechtlicher Missbrauchsvorgaben ergibt sich nichts Gegenteiliges. Die aktive Verwaltung nur einer Beteiligung geht ebenfalls über eine rein künstliche Gestaltung hinaus, soweit diese anhand objektiver Anhaltspunkte für Dritte nachprüfbar ist (idS auch Frotscher in Frotscher/Geurts, § 50d EStG Rz 68 (12/2021); Schönfeld/Erdem, IStR 2021, 189 (194f); Stangl/Greinert/Siebing, Ubg 2021, 447 (457)). Es genügt die Wahrnehmung einzelner Funktionen einer geschäftsleitenden Holding (so auch Sternberg in K/S/M, EStG, § 50d Rz B34 mwN (11/2023); zu § 42 AO s BFH vom 09.12.1980, BStBl II 1981, 339; BFH vom 29.01.1975, BStBl II 1975, 553; aA zur Vorgängerregelung BMF BStBl 2012, 171 Tz 5.3 "Durchführung einzelner Geschäftsfunktionen nicht ausreichend").
Rn. 92–93
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
vorläufig frei