Dr. Barbara Zuber, Stefan Ditsch
Rn. 122
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
Ist die Missbrauchsvermutung des § 50d Abs 3 S 1 EStG erfüllt und können keine Ausnahmetatbestände nach § 50d Abs 3 S 2 EStG geltend gemacht werden, ist die Rechtsfolge die vollständige Versagung des Quellensteuerentlastungsanspruchs nach einem DBA oder den §§ 43b, 44a Abs 9 oder 50g EStG.
Die nachteilige Rechtsfolge kann jedoch auch nur anteilig eintreten, nämlich nur in dem Umfang, in dem die persönliche und/oder die sachliche Entlastungsberechtigung nicht erfüllt werden können bzw ein Gegenbeweis iSd § 50d Abs 3 S 2 Hs 1 nicht möglich ist. Diese quotale Einschränkung ergibt sich daraus, dass sowohl die Ausschlussgründe des § 50d Abs 3 S 1 Nr 1 und 2 EStG als auch die Gegenbeweismöglichkeit des § 50d Abs 3 S 2 Hs 1 EStG mit einer quantitativ-konditionalen Verknüpfung ("soweit") eingeleitet werden.
Rn. 123
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
Hinsichtlich der teilweisen persönlichen Entlastungsberechtigung ist eine Prüfung in Bezug auf jeden unmittelbar oder mittelbar Beteiligten bzw Begünstigten notwendig, da an der zwischengeschalteten Körperschaft auch Personen beteiligt sein können, denen ein entsprechender Entlastungsanspruch nicht zustände. Die anteilige Versagung des Entlastungsanspruchs ermittelt sich dann quotal auf Basis der jeweils durchgerechneten unmittelbaren bzw mittelbaren Berechtigung der beteiligten oder begünstigten Personen an den entlastungsberechtigten Einkünften (dies kann abweichen von der kapitalmäßigen Beteiligung).
Folgt man der Ansicht einer Rechtsgrundlagenidentität des Entlastungsanspruchs, ergibt sich die Höhe der persönlichen Entlastungsberechtigung aus der Summe der jeweiligen Beteiligungsquoten; bei Zugrundelegung einer Rechtsfolgeidentität sind zusätzliche Differenzierungen nach der Höhe der jeweiligen persönlichen Entlastungsansprüche notwendig (hierzu im Einzelnen Schönfeld/Erdem in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, § 50d EStG Rz 482ff (03/2022)).
Rn. 124
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
Auch eine teilweise sachliche Entlastungsberechtigung ist nach dem Gesetzeswortlaut aufgrund der "Soweit"-Verknüpfung grundsätzlich möglich, wenngleich der praktische Anwendungsbereich uE eher gering sein sollte. Es reicht nach § 50d Abs 3 S 1 Nr 2 EStG für eine sachliche Entlastungsberechtigung aus, wenn die inländische Einkunftsquelle einen wesentlichen Zusammenhang zu "einer" Wirtschaftstätigkeit der Körperschaft aufweist. Die Existenz weiterer aktiver oder passiver Tätigkeiten bei der Körperschaft, die keinen wesentlichen Zusammenhang mit der inländischen Einkunftsquelle haben, kann insoweit nicht schädlich sein (so auch zB Schnitger/Gebhardt, IWB 2022, 8 (13); Schönfeld/Erdem in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, § 50d EStG Rz 495 (03/2022)).
Die Gesetzesbegründung stellt für die anteilige sachliche Entlastungsberechtigung auf die Existenz eines nur teilweisen wesentlichen Zusammenhangs ab (BT-Drs 19/27632, 59). Ein nur gradueller wirtschaftlicher Zusammenhang ist allerdings uE nur schwer vorstellbar, da aus der Sicht der zwischengeschalteten Körperschaft ein wirtschaftlicher Zusammenhang zu einer Wirtschaftstätigkeit grds nur binär entweder besteht oder eben nicht besteht (deshalb gegen eine Aufteilung Sternberg in K/S/M, § 50d EStG Rz B77 (11/2023)). Dies könnte allenfalls dann gegeben sein, wenn die Körperschaft eine gemischte aktive und passive Tätigkeit ausübt und die inländische Einkunftsquelle einen wesentlichen Zusammenhang zu beiden Tätigkeiten aufweist (idS Gosch in Kirchhof/Seer, § 50d EStG Rz 33h (22. Aufl 2023)) oder wenn die Einkunftsquelle nur zT mit Mitteln aus der wirtschaftlichen Tätigkeit angeschafft wurde und kein weiterer funktionaler Zusammenhang mit der übrigen Tätigkeit der Körperschaft besteht (s Schönfeld/Erdem in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, § 50d EStG Rz 497 (03/2022)).
Eine Aufteilung der inländischen Einkunftsquelle "Beteiligung" anknüpfend an eventuell unterschiedliche wirtschaftliche Tätigkeiten auf Ebene der inländischen Beteiligungsgesellschaft sollte uE jedenfalls ausscheiden, da es bei § 50d Abs 3 S 1 Nr 2 EStG allein auf die Sichtweise der zwischengeschalteten Körperschaft und den Zusammenhang der "Einkunftsquelle" mit deren wirtschaftlicher Tätigkeit ankommt (s Schnitger/Gebhardt, IWB 2022, 8 (12f); Schönfeld/Erdem in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, § 50d EStG Rz 427, 498 (03/2022); Frotscher in Frotscher/Geurts, § 50d EStG Rz 103 (12/2021)).
Rn. 125
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
Im Hinblick auf die Ausnahmetatbestände des § 50d Abs 3 S 2 EStG kann eine Aufteilung des Entlastungsanspruchs nur in Bezug auf die Gegenbeweismöglichkeit nach dem ersten Halbsatz der Regelung zustande kommen; denkbar ist, dass aus der Sicht des einzelnen Beteiligten unterschiedliche Hauptzwecke für die Einschaltung der Körperschaft vorliegen können, die entsprechend der jeweiligen Beteiligungsquote nur anteilig zur Widerlegung der Missbrauchsvermutung in Bezug auf die inländische Einkunftsquelle führen (zB Sternberg in K/S/M, § 50d EStG Rz...