Dipl.-Finanzwirt Hans-Jürgen Weiland
Rn. 70
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Die Definition des Einsatzes eines Seeschiffes als Handelsschiff im internationalen Verkehr ist derjenigen des bis z 31.12.1998 geltenden § 34c Abs 4 EStG aF nachempfunden. Zur Abgrenzung kann auf die inzwischen bewährte Interpretation z § 34c Abs 4 EStG zurückgegriffen werden. Zur Abgrenzung zu § 34c Abs 4 EStG aF ist allerdings bei § 5a Abs 1 EStG nicht Voraussetzung, dass tatsächlich eine bundesdeutsche Flagge geführt wird (dieses wird zur Anwendung des § 41a Abs 4 EStG gefordert).
Als Definition des überwiegenden Einsatzes ist die entsprechende Formulierung aus dem BMF vom 05.04.1976, BStBl I 1976, 261 zu übernehmen.
Zum Begriff Handelsschiff iSd § 34c Abs 4 EStG s BFH vom 11.04.1990, BStBl II 1990, 783; zum Umfang der Begünstigungen vor Indienststellung bzw nach Veräußerung s BFH vom 24.11.1983, BStBl II 1984, 155; zum Begriff "überwiegend" s BFH vom 11.04.1990, aaO, und BFH vom 28.09.1987, BStBl II 1989, 50.
Rn. 71
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Ein Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr ist nur bei Seeschiffen gegeben, die im Wj überwiegend
- in einem inländischen Seeschiffsregister eingetragen sind und
- zur Beförderung von Personen und Gütern mit oder zwischen inländischen und ausländischen Häfen, innerhalb eines ausländischen Hafens oder zwischen einem ausländischen Hafen und der hohen See
eingesetzt werden.
Der Regelung des § 5a EStG kann keine zeitliche Mindestgrenze in Bezug auf den Betrieb eines Seeschiffes im internationalen Verkehr entnommen werden. Eine einschränkende Auslegung ist insbesondere nicht aus der Bindefrist des § 5a Abs 3 S 3 EStG ableitbar (BFH vom 26.09.2013, IV R 45/11, BStBl II 2015, 296; BFH vom 03.04.2014, IV R 12/10, BStBl II 2014, 1000 und BFH vom 22.01.2015, IV R 10/12, BFH/NV 2015, 678).
Dennoch kann ein nur kurzzeitiger Einsatz eines Seeschiffes regelmäßig nicht das Tatbestandsmerkmal des Betriebs eines Handelsschiffs im internationalen Verkehr erfüllen. Ein Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr liegt nicht vor, wenn sich der Einsatz des einzigen Seeschiffs auf die Überführung von der Werft zum Ort der Übergabe an der Käufer beschränkt und die Fahrt ihren Hauptzweck nach nicht der Beförderung von Personen oder Gütern dient, sondern der Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag (FG SchlH vom 12.10.2010, EFG 2011, 424).
Nach BFH vom 26.09.2013, IV R 45/11, BStBl II 2015, 296 und BFH vom 26.09.2013, IV R 46/10, BStBl II 2014, 253 erfordern der Sinn und Zweck des § 5a EStG eine Absicht zum langfristigen Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr. Die in dieser Norm vorgesehene pauschale Gewinnermittlung bewirkt eine effektive Steuerentlastung der Unternehmer, verlangt dafür eine langfristige Bindung an den Standort Deutschland.
Wird innerhalb des ersten Jahres seit dem Zeitpunkt, zu dem erstmals sämtliche Voraussetzungen des § 5a EStG vorlagen, ein schuldrechtlicher Vertrag über die Veräußerung des Handelsschiffs geschlossen, so spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die Schiffsgesellschaft schon zu Beginn der Jahresfrist nicht die nach § 5a EStG zusätzliche erforderliche Absicht zum langfristigen Betrieb von Handelsschiffen hatte. Als Zeitpunkt des Beginns der Jahresfrist wird frühestens die Übernahme/Inbetriebnahme des Schiffs zu verstehen sein. Der Einsatz des Schiffs erfolgte daher nicht im Rahmen eines Betriebs von Handelsschiffen iSd § 5a EStG.
Zur Abgrenzung
- der nicht gewerbesteuerbaren Abwicklung eines nicht begonnenen Schiffsbetriebs
- von einer der Gewerbesteuer unterliegenden neuen werbenden Tätigkeit
s BFH vom 13.10.2016, IV R 21/13 BStBl II 2017, 475.
Die Vermutungsregel gilt nicht, wenn das Handelsschiff bei Beginn der Jahresfrist schon veräußert ist oder wenn bei Beginn der Jahresfrist bereits feststeht, dass das Handelsschiff innerhalb der Jahresfrist veräußert werden soll und es auch innerhalb der Jahresfrist veräußert wird. In einem solchen Fall steht vielmehr bereits unwiderlegbar fest, dass die Schiffsgesellschaft schon bei Beginn der Jahresfrist nicht die Absicht zum langfristigen Betrieb von Handelsschiffen iSd § 5a EStG hatte und der Einsatz des Handelsschiffs daher nicht im Rahmen eines Betriebs von Handelsschiffen iSd § 5a EStG erfolgte (BMF vom 10.07.2023, BStBl I 2023, 1486 Rz 5).
Veräußert die Schiffsgesellschaft ihr Handelsschiff erst nach Ablauf der Jahresfrist, wird widerlegbar vermutet, dass sie das Handelsschiff zunächst in der Absicht eingesetzt hat, langfristig Handelsschiffe iSd § 5a EStG zu betreiben.
Der Begriff der Hohen See ist über das UN-Seerechtsübereinkommen vom 10.08.1982, BGBl 1994 II, 1798 definiert. Die zwischen der Küste und der Hohen See liegende Außenwirtschaftszone fällt aus den Regelungen heraus. Aus Gründen sachlicher Billigkeit ist der Betrieb eines Handelsschiffs im internationalen Verkehr auch in den Fällen anzunehmen, in denen Ladung oder Passagiere von einem ausländischen Hafen in eine Einrichtung der deutschen Außenwirtschaftszone verbrac...