Dipl.-Finanzwirt Hans-Jürgen Weiland
Rn. 39
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Nach § 5a Abs 1 S 1 EStG ist die Anwendung der pauschalen Gewinnermittlung nach der Tonnage von dem unwiderruflichen Antrag des StPfl abhängig. Der Antrag ist schriftlich bis z Schluss des ersten Wj der Anwendung zu stellen. Nach erster Auffassung der FinVerw (BMF vom 24.06.1999, BStBl I 1999, 669 Rz 16) sollte der Antrag bis z Eintritt der Bestandskraft der Veranlagung bzw Gewinnermittlung zurückgenommen werden, für die die Gewinnermittlung nach § 5a Abs 1 EStG erstmalig angewendet wird.
Es wurde zwar nicht zwischen formeller und materieller Bestandskraft unterschieden, woraus sich faktisch ein Widerruf des Antrags auch viele Jahre später eröffnet. Dennoch war nach Auffassung der FinVerw beabsichtigt, dass ein Widerruf längstens bis z Eintritt der formellen Bestandskraft des ersten Feststellungsbescheides erfolgen konnte.
Diese für den StPfl günstige Regelung steht zweifelsfrei im Widerspruch z Gesetzestext. Nach der Rspr des BFH zum § 52 Abs 21 EStG aF iVm § 21 Abs 2 EStG (BFH vom 17.01.1995, BStBl II 1995, 410), der ein ähnliches Antragswahlrecht kennt, ist eine Auslegung gegen den Wortlaut des Gesetzes nur ausnahmsweise zulässig, wenn die wortgetreue Auslegung zu sinnwidrigen Ergebnissen führt. Anhaltspunkte für ein vom Gesetzgeber nicht beabsichtigtes Ergebnis finden sich nicht (Schultze, FR 18/1999, 977 Tz 3.3). Vielmehr hat der Gesetzgeber willentlich die Unwiderruflichkeit des Antrages formuliert um ein, über Jahre hinausgehendes, mögliches Offenhalten der Veranlagung zu vermeiden. Die StPfl sollen sich im Nachhinein nicht für das günstigere Ergebnis aus dem Vergleich der pauschalen Gewinnermittlung nach der Tonnage zur herkömmlichen Gewinnermittlung aussuchen dürfen.
Mit BMF vom 24.06.1999, BStBl I 1999, 669 Rz 16 ist die FinVerw zweifellos über das Ziel hinausgeschossen. Eine Befürchtung, dass die FinVerw die Rücknahme des Antrags als unzulässig verwirft (so Schultze, FR 1999, 978) ist mE nicht angebracht. Als eine tragende Säule des Rechtsstaatsprinzips ist die Kalkulierbarkeit staatlichen Handelns anzusehen, dem die FinVerw mit BMF vom 24.06.1999, BStBl I 1999, 669 Rz 16 Rechnung getragen hat.
Rn. 40
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Nach BMF vom 27.09.2000, BStBl I 2000, 1232, richten sich Umfang und Zeitpunkt des Eintritts der Bindungswirkung der Wahlrechtsausübung danach, ob der Gesetzgeber diesbezüglich ausdrückliche Regelungen getroffen hat. Sieht das Gesetz einen unwiderruflichen Antrag vor (zB § 5a Abs 1 S 1 EStG), wird die Willenserklärung bereits mit Zugang beim FA wirksam und kann ab diesem Zeitpunkt nicht mehr widerrufen werden. Somit stand die Rz 16 des BMF vom 24.06.1999, BStBl 1999, 669 im Widerspruch zu Rz 4 der Änderung des Anwendungserlasses zur AO und der 2. Hs musste gestrichen werden (BMF vom 12.06.2002, BStBl I 2002, 614 Rz 20).
Rn. 41
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Zu der Streichung erfolgte keine Übergangsregelung. Ob bisher gestellte Anträge widerrufen werden können, soll die Praxis je nach Einzelfall entscheiden. Dabei soll grundsätzlich nicht zu restriktiv verfahren werden. In jedem Fall ist sicherzustellen, dass ein Widerruf längstens bis z Eintritt der formellen Bestandskraft des ersten Feststellungsbescheides, der erstmals die Anwendung der pauschalen Gewinnermittlung nach der Tonnage umsetzt, zulässig ist.
Rn. 42
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Anträge bis zum 31.12.2005 sind betriebsbezogen. Die pauschale Ermittlung des Gewinns nach der Tonnage ist auf Antrag an Stelle der herkömmlichen Gewinnermittlung durch BV-Vergleich nach § 4 Abs 1 EStG und § 5 EStG vorzunehmen. Für den Begriff Gewerbebetrieb gelten dieselben Grundsätze wie für die herkömmliche Gewinnermittlung nach § 4 Abs 1 EStG und § 5 EStG. Sofern die Voraussetzungen des § 5a EStG erfüllt sind, ist der Gewinn nach der im Betrieb geführten Tonnage einheitlich für alle im BV gehaltenen und die Voraussetzungen erfüllenden Schiffe zu ermitteln.
Rn. 43
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Durch die Änderung des § 5a Abs 3 EStG durch das HBeglG (vom 29.12.2003 BGBl I 2003, 3076; s Rn 135–139) ist der Antrag nunmehr schiffsbezogen. Für alle Anschaffungen oder Herstellungen ab dem 01.01.2006 bezieht sich die Möglichkeit der Stellung eines Antrages nach § 5a Abs 3 EStG auf das konkrete Handelsschiff. Die pauschale Ermittlung des Gewinns nach der Tonnage tritt für das jeweilige Handelsschiff an Stelle der herkömmlichen Gewinnermittlung durch BV-Vergleich nach § 4 Abs 1 EStG und § 5 EStG. Bei Mehrschiffsgesellschaften greifen die Grundzüge für Mischbetriebe (Rz 53).
Die FinVerw interpretiert den Antrag dennoch betriebsbezogen (BMF vom 10.07.2023, BStBl I 2023, 1486 Rz 15). Wird im Jahr der Indienststellung des ersten Handelsschiffes eines Seeschifffahrtsbetriebes ein wirksamer Antrag auf Gewinnermittlung nach § 5a Abs 1 EStG gestellt und erfüllt dieses Handelsschiff die Voraussetzungen für die Gewinnermittlung nach § 5a Abs 1 EStG, fällt auch jedes weitere Handelsschiff, mit dem die Voraussetzungen des § 5a EStG erfüll...