a) Anwendungsbereich und Abgeltungswirkung
Rn. 401
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
Darf der ArbN das ihm überlassene Dienst-Kfz neben privaten Fahrten auch (vgl BFH v 22.09.2010, VI R 54/09, BStBl II 2011, 354 für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte (ausführlich dazu s § 9 Rn 450ff (Teller)) bzw für Fahrten nach § 9 Abs 1 S 3 Nr 4a S 3 EStG (ausführlich dazu s § 9 Rn 630ff (Teller)) nutzen, erhöht sich der nach § 8 Abs 2 S 2 EStG ermittelte geldwerte Vorteil um 0,003 % des Listenpreises monatlich für jeden Entfernungskilometer (R 8.1 Abs 9 Nr 1 S 2 LStR 2023).
Die Vorschrift dient nicht der Erfassung eines zusätzlichen Nutzungsvorteils, sondern schafft einen Ausgleich für abziehbare, tatsächlich aber nicht entstandene WK, BFH v 22.09.2010, VI R 57/09, BStBl II 2011, 354; kritisch dazu Ettlich in Brandis/Heuermann, § 8 EStG Rz 113, 96 (März 2022); Urban, FR 2011, 339; Thomas, DStR 2011, 1341; Paus, FR 2011, 655: (auch) Erfassung eines weiteren Nutzungsvorteils. Die Regelung idF JStG 1996 ist nicht – formell – verfassungswidrig, BFH v 22.09.2011, VI R 55/09, BStBl II 2011, 358; BFH v 13.12.2012, VI R 51/11, BStBl II 2013, 385.
Ab dem VZ 2014 gilt § 8 Abs 2 S 3 EStG idF des Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts v 25.02.2013, BGBl I 2013, 285. Insoweit sind in § 8 Abs 2 S 3 EStG redaktionelle Folgeänderungen erfolgt, die sich aus der neuen gesetzlichen Definition des Begriffs "erste Tätigkeitsstätte" eines ArbN in § 9 Abs 4 EStG sowie der klarstellenden Regelung für die Fahrten zu einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet in § 9 Abs 1 S 3 Nr 4a S 3 EStG ergeben. Ausführlich dazu s § 9 Rn 820, 970 (Teller). Die Vereinfachungen und Klarstellungen im Bereich des WK-Abzugs werden in gleicher Weise für den Bereich der privaten Nutzung eines Dienstwagens umgesetzt, vgl BT-Drucks 17/10.774, 12. Der pauschale Zuschlag erfolgt ab dem VZ 2014 für Fahrten des ArbN zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte bzw zwischen Wohnung und dem in § 9 Abs 1 S 3 Nr 4a S 3 EStG genannten Ort. Es handelt sich bei den letztgenannten Fahrten um Fahrten eines ArbN, der zwar über keine erste Tätigkeitsstätte verfügt, der aber nach den dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie den diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen zur Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit dauerhaft denselben Ort oder dasselbe weiträumige Arbeitsgebiet typischerweise arbeitstätig aufsucht. Der pauschale Zuschlag erfolgt für Fahrten von seiner Wohnung zu diesem Ort oder dem zur Wohnung nächstgelegenen Zugang zum Tätigkeitsgebiet.
Rn. 402
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Der pauschale Zuschlag in Bezug auf die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte setzt die Anwendung der 1 %-Regelung voraus (vgl Kister in H/H/R, § 8 EStG Rz 90 (Februar 2021)). Nur für den Fall, dass das Kfz dem ArbN ausschließlich für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte unter Ausschluss sonstiger Privatfahrten zur Verfügung steht, ist eine isolierte Anwendung des § 8 Abs 2 S 3 EStG möglich (vgl BFH v 22.09.2010, VI R 54/09, BStBl II 2011, 354; BMF v 03.03.2022, BStBl I 2022, 232 Rz 11).
Die Regelung findet entgegen BFH v 29.01.2009, VI R 56/07, BStBl II 2010, 1067 auch dann keine Anwendung, wenn der ArbG dem ArbN das KFZ mit der Verpflichtung überlässt, andere ArbN im Wege der Sammelbeförderung zur ersten Tätigkeitsstätte zu transportieren und der ArbN sich entsprechend dieser Verpflichtung verhält.
Ein Außendienstmitarbeiter, der sich nur zur Anwesenheitskontrolle einmal täglich am Firmensitz meldet, verfügt dort nicht über eine erste Tätigkeitsstätte, sodass kein geldwerter Vorteil für Fahrten mit dem betrieblichen Kfz zwischen der Wohnung und dem Firmensitz nach § 8 Abs 2 S 3 EStG zu erfassen ist, BFH v 09.06.2011, VI R 58/09, BStBl II 2012, 34.
Rn. 403
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Mit dem Zuschlag nach § 8 Abs 2 S 3 EStG sind mittägliche Zwischenheimfahrten nicht erfasst, FG BdW v 27.10.2011, 1 K 3014/09, EFG 2012, 604, da für diese Fahrten kein WK-Abzug möglich ist. Diese Fahrten gehören zur privaten Lebensführung und nicht zur Erwerbssphäre, BFH v 22.09.2010, VI R 54/09, BStBl II 2011, 354; aA BMF v 03.03.2022, BStBl I 2022, 232 Rz 9, wonach der pauschale Nutzungswert nicht zu erhöhen ist, wenn der ArbN das Kfz an einem Arbeitstag mehrmals für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte benutzt.
Rn. 404
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Der Zuschlag nach § 8 Abs 2 S 3 EStG ist nicht bereits dann vorzunehmen, wenn dem ArbN die Nutzung des Kfz für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte objektiv möglich ist, BFH v 22.09.2010, VI R 57/09, BStBl II 2011, 359; Schneider, NWB 2011, 112; Paus, FR 2011, 655; aA Thomas, DStR 2011, 1341; Kister in H/H/R, § 8 EStG Rz 92 (Februar 2021); sondern es kommt darauf, ob der ArbG dem ArbN auch insoweit das Dienstfahrzeug zur Nutzung für derartige Fahrten überlassen und der ArbN den Dienstwagen tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt hat, BFH v 21.03.2013,...