Prof. Dr.-Ing. Rüdiger Fischer
Die Produktionslogistik ist verantwortlich für den Materialdurchlauf durch die Produktion, von der Bereitstellung der Materialien bis zur Ablieferung der Fertigprodukte für den Versand zum Kunden oder zur Einlagerung.
Direkte Anlieferung von Materialien
Durch die zunehmende Verwendung von Kanban-Systemen sowie verstärkte Just-in-Time- oder Just-in-Sequence-Belieferung werden immer mehr Komponenten, Baugruppen, Module, aber auch Einzelteile wie Schrauben etc. direkt in die Produktion geliefert. Auf die zugrunde liegenden Prozesse soll hier nicht eingegangen werden, aber klar ist, dass hierdurch die Prozesse insgesamt komplexer werden. Dieses gilt es zu beherrschen.
3.3.1 Durchlaufzeit Fertigung
Die Durchlaufzeit (DLZ) ist eine absolute Kennzahl. Sie beeinflusst vor allem die Zeit (Lieferzeit), aber natürlich auch die Kosten.
Durchlaufzeit beeinflusst Lieferzeit
Die Durchlaufzeit eines Auftrags durch die Fertigung ist wesentlich für die Lieferzeit zum Kunden. Während früher eine fertigungsoptimale Losgröße angestrebt wurde (Push-Steuerung), um die Fertigungskosten niedrig zu halten, steuern viele Unternehmen ihre Fertigung durch die Kundenaufträge, häufig nivelliert (Pull-Steuerung). Extreme Änderungen in der Zahl der Kundenaufträge wirken sich durch die Nivellierung nicht so stark auf die Fertigung aus, sondern erst etwas zeitversetzt.
Pull-Steuerung wird häufig verwendet
Aus dem Lean Management kommt der Ansatz des sog. One Piece Flow für die Pull-Steuerung. Im Idealzustand wird die Losgröße 1 gefertigt. Da das natürlich nicht immer geht, wird jedenfalls angestrebt, möglichst geringe Stückzahlen zu fertigen. Die Durchlaufzeit durch die Fertigung ist für eine kleine Stückzahl deutlich geringer als bei einer großen Stückzahl. Allerdings sind hierfür weitere Rahmenbedingungen zu erfüllen: kurze Rüstzeiten, stabile, sichere Prozesse.
Bei komplexen technischen Produkten, die sich aus vielen Einzelteilen und Baugruppen zusammensetzen und in heterogenen Fertigungsbereichen hergestellt werden, sind die jeweiligen Durchlaufzeiten oft sehr unterschiedlich. Eine Möglichkeit, die Durchlaufzeiten zu senken, ist es, aus sequenziellen Fertigungslinien einzelne Fertigungsabschnitte auszulagern und die Fertigung partiell zu parallelisieren. Wenn sich die Taktzeiten zwischen den Fertigungsbereichen stark unterscheiden, besteht eine weitere Möglichkeit darin, für bestimmte Teile oder Baugruppen mehrere parallele Fertigungslinien oder flexible Fertigungszellen einzurichten.
3.3.2 Bestand an Halbfertigerzeugnissen (Work in Process – WIP)
Gesetz von Little
Das Gesetz von Little beschreibt den Zusammenhang zwischen Durchlaufzeit, Umlaufbestand (Bestand innerhalb des betrachteten Prozesses) und dem Durchsatz (Ausbringung pro Zeiteinheit):
DLZ = |
Umlaufbestand |
in Zeiteinheiten |
Durchsatz |
Durch eine Reduzierung der Durchlaufzeit kann bei gleichem Durchsatz der Umlaufbestand reduziert werden.