BMF, Schreiben v. 27.10.2010, IV D 2 - S 7410/07/10016, BStBl I 2010, 1273
Bezug: BMF-Schreiben vom 11.10.2010, IV D 2 – S 7410/07/10016 (2010/0775391)
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder werden die Abschn. 24.1 bis 24.8 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses vom 1.10.2010, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 26.10.2010, IV D 3 – S 7170/10/10010 (2010/0823748) geändert worden ist, wie folgt neu gefasst und nach Abschn. 24.8 ein neuer Abschn. 24.9 eingefügt:
„24.1. Umsätze im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs |
Richtlinienkonforme Auslegung
(1) 1Die Durchschnittssätze sind nach § 24 Abs. 1 Satz 1 UStG nur auf Umsätze anzuwenden, die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführt werden. 2Unter Beachtung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist § 24 UStG dahin auszulegen, dass solche Umsätze nur die Lieferungen selbst erzeugter landwirtschaftlicher Erzeugnisse und die landwirtschaftlichen Dienstleistungen sind, auf die die Pauschalregelung nach Art. 295 bis 305 MwStSystRL Anwendung findet, vgl. Abschn. 24.2 und 24.3. 3Andere Umsätze, die der Unternehmer im Rahmen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs sowie außerhalb dieses Betriebs tätigt, unterliegen der Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften des Gesetzes (EuGH-Urteile vom 15.7.2004, C-321/02, EuGHE I S. 7101, und vom 26.5.2005, C-43/04, EuGHE I S. 4491, sowie BFH-Urteile vom 25.11.2004, V R 8/01, BStBl 2005 II S. 896, vom 22.9.2005, V R 28/03, BStBl 2006 II S. 280, vom 12.10.2006, V R 36/04, BStBl 2007 II S. 485 und vom 14.6.2007, V R 56/05, BStBl 2008 II S. 158). 4Diese Auslegung gilt auch für die Umsätze im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetriebs (§ 24 Abs. 2 Satz 2 UStG). 5Veräußert ein Landwirt, der neben seinem landwirtschaftlichen Erzeugerbetrieb einen nicht landwirtschaftlichen Absatzbetrieb unterhält, selbst erzeugte landwirtschaftliche Erzeugnisse (vgl. Abschn. 24.2) an Dritte, sind auf diese Umsätze die Durchschnittssätze anzuwenden (vgl. BFH-Urteil vom 14.6.2007, V R 56/05, a.a.O.).
Land- und forstwirtschaftlicher Betrieb
(2) 1Einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhält ein Unternehmer, soweit er im Rahmen der in § 24 Abs. 2 Satz 1 UStG genannten Erzeugertätigkeiten unter planmäßiger Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens Pflanzen und Tiere erzeugt sowie die dadurch selbst gewonnenen Erzeugnisse verwertet (vgl. BFH-Urteil vom 12.10.2006, V R 36/04, BStBl 2007 II S. 485). 2Die Zierfischzucht in Teichen fällt nicht unter § 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG. 3Zur Frage, inwieweit die Aufzucht von Köderfischen, Testfischen, Futterfischen und Besatzfischen in Teichen als landwirtschaftlicher Betrieb gilt, vgl. BFH-Urteil vom 13.3.1987, V R 55/77, BStBl 1987 II S. 467. 4Ein Substanzbetrieb (z.B. Torf-, Ton-, Lehm-, Kies- und Sandabbaubetrieb) ist kein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb im Sinne des § 24 Abs. 2 Satz 1 UStG. 5Die Abgrenzung der landwirtschaftlichen Tierzucht und Tierhaltung von der übrigen Tierzucht und Tierhaltung ist umsatzsteuerrechtlich nach den §§ 51 und 51a BewG vorzunehmen (§ 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG). 6Gemeinschaftliche Tierhaltung gilt nur dann als landwirtschaftlicher Betrieb im Sinne des § 24 Abs. 2 Nr. 2 UStG, wenn sämtliche Voraussetzungen des § 51a BewG erfüllt sind (vgl. BFH-Urteil vom 26.4.1990, V R 90/87, BStBl 1990 II S. 802). 7Ein Tierzucht- bzw. Tierhaltungsbetrieb ist kein landwirtschaftlicher Betrieb, wenn dem Unternehmer nicht in ausreichendem Umfang selbst bewirtschaftete Grundstücksflächen zur Verfügung stehen (vgl. BFH-Urteil vom 29.6.1988, X R 33/82, BStBl 1988 II S. 922). 8Zur Frage, ob sich die Struktur eines landwirtschaftlichen Betriebs zu der eines nicht landwirtschaftlichen verändert hat, vgl. BFH-Urteil vom 9.5.1996, V R 118/92, BStBl 1996 II S. 550.
Gewerbebetrieb kraft Rechtsform
(3) Zur Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung auf die Umsätze von Gewerbebetrieben kraft Rechtsform (§ 24 Abs. 2 Satz 3 UStG) vgl. BMF-Schreiben vom 1.12.2009, BStBl 2009 I S. 1611.
Aktiv bewirtschafteter Betrieb
(4) 1Die Anwendung des § 24 UStG setzt grundsätzlich voraus, dass der landwirtschaftliche Betrieb noch bewirtschaftet wird (BFH-Urteil vom 21.4.1993, XI R 50/90, BStBl 1993 II S. 696). 2Leistungen, die nach Einstellung der Erzeugertätigkeit erbracht werden, unterliegen daher grundsätzlich den allgemeinen Regelungen des Umsatzsteuergesetzes. 3Dies gilt nicht für nach Aufgabe des landwirtschaftlichen Betriebs ausgeführte Umsätze aus der Lieferung selbst erzeugter Produkte (vgl. BFH-Urteil vom 19.11.2009, V R 16/08, BStBl 2010 II S. 319). 4Für die Umsätze aus der Veräußerung von Gegenständen des land- und forstwirtschaftlichen Unternehmensvermögens und von immateriellen Wirtschaftsgütern, die die rechtliche Grundlage der Erzeugertätigkeit des Unternehmers darstellen, sind die Vereinfachungsregelungen in Abschn. 24.2 Abs. 6 und Abschn. 24.3 Abs. 9 UStR nach Betriebsauf...