Übergeordnetes Ziel des Regierungsentwurfs ist die Beschleunigung der steuerlichen Außenprüfung. Diese Zielsetzung ist in jeder Hinsicht zu begrüßen. Unabhängig von der konkreten Dauer der einzelnen Außenprüfung in der Praxis führen in zeitlicher Hinsicht die Ablaufhemmungstatbestände des § 171 AO und Länge der steuerlichen Verjährungsfristen nach § 169 Abs. 2 AO zu Rechtsunsicherheit. Dem trägt die Verkürzung der Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 AO-E Rechnung. Auch die Neuregelung zur Vereinbarung von Rahmenbedingungen für den Betriebsprüfungsablauf nach § 199 Abs. 2 S. 4 AO-E dürfte in der Praxis zu einer Beschleunigung der Außenprüfung beitragen. Neue Rechtsunsicherheiten entstehen allerdings insb. mit Blick auf das qualifizierte Mitwirkungsverlangen. Faktisch mag im Betriebsprüfungsalltag bereits die Ankündigung eines solchen Verlangens eine Mitwirkung der Steuerpflichtigen beschleunigen. In rechtlicher Hinsicht birgt das qualifizierte Mitwirkungsverlangen allerdings erhebliches Streitpotential. Dies liegt bereits daran, dass schon das vorgelagerte einfache Mitwirkungsverlangen nach § 200 AO nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht begründet werden muss und damit Streit darüber, wann die Mitwirkungspflichten erfüllt wurden, vorprogrammiert ist.
Die Entwurfsbegründung betont außerdem, dass die Kooperation zwischen Finanzverwaltung und Unternehmen im Vordergrund stehen und Außenprüfer und Steuerpflichtige gleichermaßen in die Pflicht genommen werden sollen. Der Entwurf regelt allerdings überwiegend Verschärfungen der Mitwirkungspflichten für den Steuerpflichtigen, während die Zugeständnisse des Prüfers an Transparenz und Kooperation überwiegend in dessen Ermessen gestellt werden. Bereits nach geltendem Recht ist im Besteuerungsverfahren seit einiger Zeit eine zunehmende Verschiebung der Verantwortlichkeit für die Sachverhaltsermittlung zu Lasten des Steuerpflichtigen zu beobachten, die mit Blick auf die sich aus § 146a AO ergebenden technischen Anforderungen für zertifizierte Kassensysteme auch zu erheblichem Investitionsaufwand gerade für bargeldintensive Betriebe geführt haben. Der Regierungsentwurf sieht hier zusätzlich die Schaffung einheitlicher Schnittstellen für weitere Datenverarbeitungssysteme vor. Dies schafft zwar einerseits Rechtssicherheit, löst aber andererseits weitere Investitionskosten für die Unternehmen aus.
Es wäre schließlich zu begrüßen, wenn in die weitere Diskussion des Regierungsentwurfs der Gedanke einer "Vertrauensdividende" für den Steuerpflichtigen einbezogen werden und, wie vom Finanzausschuss des Bundesrates vorgeschlagen, interne Steuerkontrollsysteme der Steuerpflichtigen künftig eine rechtlich verbindliche Rolle in der steuerlichen Außenprüfung spielen würden. Hierdurch würde auch dem Kooperationsgedanken des Regierungsentwurfs Rechnung getragen.
Service: Arconada Valbuena/Rennar, Berichtigungspflicht von Steuererklärungen & Co. nach dem neuen § 153 Abs. 4 AO – DAC 7, AO-StB 2022, 292; abrufbar unter steuerberater-center.de