Leitsatz
Der Wegfall der Steuerbefreiung nach ? 13 Abs. 2a Satz 3 ErbStG a.F. tritt unabhängig davon ein, aus welchen Gründen das begünstigt erworbene Betriebsvermögen veräußert oder der Betrieb aufgegeben wurde; eine teleologische Reduktion des Nachversteuerungstatbestands kommt insoweit nicht in Betracht.
Normenkette
? 13 Abs. 2a Satz 3 EStG (vor 1996)
Sachverhalt
Der Kläger erbte 1994 einen KG-Anteil. Die KG stellte 1998 den Betrieb ein und veräußerte das gesamte Betriebsvermögen an verschiedene Erwerber. Das FA gewährte zunächst den Betriebsvermögensfreibetrag, nahm jedoch eine Nachversteuerung wegen der Betriebsaufgabe durch die KG vor.
Dagegen wandte sich der Kläger mit der Begründung, er habe als Minderheitsgesellschafter die Betriebsaufgabe nicht verhindern können; außerdem seien ihm durch die Aufgabe keine liquiden Mittel zugeflossen. Klage und Revision blieben jedoch erfolglos.
Entscheidung
Als Gesamthänder muss sich der Kläger das Handeln der Gesellschafterversammlung auch dann zurechnen lassen, wenn dieses auf der Ausübung eines Verwaltungs- und Verfügungsrechts beruht, das bereits einer Mehrheit von Gesellschaftern zusteht.
Eine teleologische Reduktion des ? 13 Abs. 2a Satz 3 ErbStG a.F. dahingehend, dass eine sog. "erzwungene Veräußerung oder Aufgabe" unschädlich wäre, ist weder nach dem Wortlaut noch nach der Zielsetzung der Vorschrift geboten.
Jede unternehmerische Entscheidung über die Betriebsveräußerung, -aufgabe oder -fortführung bewegt sich in einem Spannungsfeld zwischen der Gestaltungsfreiheit und Eigenverantwortlichkeit des Unternehmers einerseits und der Bindung an Marktmechanismen andererseits. Es ist daher – selbst unter Zuziehung betriebswirtschaftlicher Sachverständiger – nicht mit einer für die erforderliche Überzeugungsbildung (? 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) hinreichenden Sicherheit möglich, zwischen erzwungenen und nicht erzwungenen Veräußerungen/Aufgaben zu unterscheiden.
Darüber hinaus müsste sichergestellt sein, dass der begünstigte Erwerber weder im Zusammenhang mit der Veräußerung oder Aufgabe noch in der Zeit zwischen Erwerb und Verlust des Betriebsvermögens Vorteile aus dem Erwerb gezogen hat. Letztere Vorteile sind selbst in Insolvenzfällen nicht ausgeschlossen. Dies zu überprüfen – gegebenenfalls über fünf Jahre – ist nicht möglich.
Hinweis
Mit Beschluss vom 7.7.2004, II B 32/04 (BFH-PR 2004, 406) hatte es der BFH im Rahmen eines Verfahrens wegen AdV bei summarischer Prüfung noch für möglich gehalten, in Konkursfällen von einer Nachversteuerung abzusehen. Der vorliegende Streitfall bot erstmals Gelegenheit zu einer umfassenden Prüfung. Sie führte dazu, Ausnahmen von der Nachversteuerung abzulehnen.
Gegenstand eines der Erbschaftsteuer unterliegenden Erwerbs kann niemals ein (ganzer) Gewerbebetrieb einer Mitunternehmerschaft, sondern immer nur ein Anteil an einer Mitunternehmerschaft sein. Die Tatbestandsalternative "Aufgabe eines Anteils an einer Gesellschaft i.S.d. ? 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG" ist daher abweichend von der ertragsteuerrechtlichen Behandlung auch auf Fälle zu erstrecken, in denen eine Aufgabe des (ganzen) Gewerbebetriebs der Mitunternehmerschaft gegeben ist.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 16.2.2005, II R 39/03