Völlig neu ist die Regelung zum sog. qualifizierten Mitwirkungsverlangen nach § 200a AO n.F. im Gegensatz zum einfachen Mitwirkungsverlangen nach § 200 AO. Die Neuregelung knüpft sachlich an das Verzögerungsgeld nach § 146 Abs. 2c AO an (sehr krit. zum Verzögerungsgeld Dißars in Schwarz/Pahlke/Keß, AO, § 146 Rz. 46 [Juli 2024]; Görke in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 146 AO Rz. 92 [Juni 2015]: "gesetzgeberische Fehlleistung"), geht aber in seinen Auswirkungen weit darüber hinaus.
Der Kern der Neuregelung besteht darin, dass der Steuerpflichtige nach Ablauf von sechs Monaten seit Bekanntgabe der Prüfungsanordnung zur Mitwirkung in einem schriftlich oder elektronisch zu erteilenden Mitwirkungsverlangen mit Rechtsbehelfsbelehrung nach § 356 AO aufgefordert werden kann (§ 200a Abs. 1 S. 1 AO). Das Ob dieses qualifizierten Mitwirkungsverlangens liegt im Ermessen des Prüfers (Carlé, kösdi 2023, 23524 [23526]). Das qualifizierte Mitwirkungsverlangen ist ein VA und muss selbstverständlich begründet werden. Die Begründung wird davon abhängen, wie der Steuerpflichtige auf ein einfaches Mitwirkungsverlangen reagiert hat, denn ein solches muss stets vorausgegangen sein (Carlé, kösdi 2023, 2023, 23524 [23526]).
Mitwirkungsverzögerungsgeld: Wenn der Steuerpflichtige dem qualifizierten Mitwirkungsverlangen nicht innerhalb eines Monats nachkommt, kann ein sog. Mitwirkungsverzögerungsgeld festgesetzt werden, welches für jeden vollen Kalendertag der Mitwirkungsverzögerung 75 EUR beträgt sowie höchstens 150 Tage lang festgesetzt werden darf (§ 200a Abs. 2 S. 1 – 3 AO n.F.) und damit völlig anders konzipiert ist, als das Verzögerungsgeld nach bisherigem Recht (§ 146 Abs. 2c AO: 2 500 – 250 000 EUR).
Beraterhinweis Wenn der Steuerpflichtige glaubhaft macht, dass die Mitwirkungsverzögerung entschuldbar ist, dann wird kein Mitwirkungsverzögerungsgeld festgesetzt (§ 200a Abs. 2 S. 6 AO n.F.). Ansonsten ist die Festsetzung des Mitwirkungsverzögerungsgeldes zwingend und steht nicht im Ermessen des FA bzw. des Prüfers (BT-Drucks. 20/3436 v. 22.9.2022, 92).
Zuschlag zum Mitwirkungsverzögerungsgeld: Als weitere gravierende Sanktion kann u.U. ein Zuschlag zum Mitwirkungsverzögerungsgeld festgesetzt werden. Dies ist der Fall, wenn zu befürchten ist, dass entweder der Steuerpflichtige, gegen welchen in den letzten fünf Jahren bereits Verzögerungsgeld festgesetzt wurde oder auf Grund seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ohne einen Zuschlag zum Mitwirkungsverzögerungsgeld seiner jetzigen Verpflichtung nicht nachkommen würde. Letzteres ist anzunehmen, wenn die Umsatzerlöse des Steuerpflichtigen in einem Prüfungsjahr mindestens 12 Mio. EUR betragen haben (§ 200a Abs. 3 AO n.F.). Bei der Festsetzung des Zuschlags zum Mitwirkungsverzögerungsgeld hat die FinBeh. im Gegensatz zum Mitwirkungsverzögerungsgeld selbst ein Entschließungsermessen (BT-Drucks. 20/3436 v. 22.9.2022, 92).
Beraterhinweis Freilich kann auch hier eine Exkulpation des Steuerpflichtigen bei entsprechender Glaubhaftmachung eintreten.
Inkrafttreten: § 200a AO n.F. gilt erstmalig für Steuern, die nach dem 31.12.2024 entstehen (Art. 97 § 37 Abs. 2 EGAO). Für Steuern, die vor dem 1.1.2025 entstehen, gilt § 200a AO n.F. erstmals, sofern für diese Steuern nach dem 31.12.2024 eine Prüfungsanordnung bekannt gegeben wurde (Art. 97 § 37 Abs. 3 EGAO).