a) Anforderung von Unterlagen bereits vor Prüfungsbeginn
Neu ist, dass die FinBeh. den Steuerpflichtigen mit der Prüfungsanordnung unter Fristsetzung zur Vorlage von aufzeichnungs- oder aufbewahrungspflichtigen Unterlagen oder maschinellen Übertragung von Daten auffordern kann (§ 197 Abs. 3 S. 1 und 2 AO n.F.). Dies stellt einen eigenständigen VA (§ 118 AO) dar, muss aber zeitgleich mit der Prüfungsanordnung erfolgen (Hannig in Pfirrmann/Rosenke/Wagner, BeckOK/AO, § 197 AO Rz. 64 [April 2024]).
Nach der Vorstellung des Gesetzgebers sollen Prüfungen dadurch schneller und effektiver werden, weil zielgenau Prüfungsschwerpunkte gebildet werden können (BT-Drucks. 20/3436 v. 22.9.2022, 90).
Inkrafttreten: § 197 Abs. 3 AO n.F. gilt für alle anhängigen Verfahren ab dem 1.1.2023 (Art. 97 § 37 Abs. 1 EGAO).
b) Prüfungsschwerpunkte
Nach § 197 Abs. 4 AO n.F. sollen die auf Grund des § 197 Abs. 3 AO n.F. aus den angeforderten Unterlagen von der FinVerw. erarbeiteten Prüfungsschwerpunkte dem Steuerpflichtigen mitgeteilt werden, ohne dass die Prüfung hierdurch i.S.d. § 194 AO sachlich eingeschränkt wäre. Die Gesetzesbegründung sieht hierin sowohl einen Vorteil für den Prüfer, dem die Unterlagen früher als sonst zur Verfügung stünden, als auch für den Steuerpflichtigen, der sich nun besser auf die Prüfung vorbereiten könne (BT-Drucks. 20/3436 v. 22.9.2022, 90).
Soweit durch die Vorabmitteilung der Prüfungsschwerpunkte der Zweck der Außenprüfung vereitelt würde, darf die Finanzbehörde allerdings von einer Mitteilung der Prüfungsschwerpunkte absehen. Eine Blanko-Begründung für eine solche Ablehnung darf dies andererseits nicht sein (zutreffend Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 197 AO Rz. 26 [September 2023]).
Beachten Sie: Sollte sich sogar der Verdacht einer Steuerstraftat ergeben, muss die Finanzbehörde die Einschaltung der BuStra nach § 10 Abs. 1 BpO 2000 erwägen (vgl. Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 197 AO Rz. 26 [September 2023]) und den Steuerpflichtigen nach § 393 Abs. 1 S. 4 AO belehren (vgl. hierzu Karstens in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 9. Aufl. 2023, § 393 AO Rz. 54; Tormöhlen in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 393 AO Rz. 103 ff. [Februar 2020]).
Inkrafttreten: § 197 Abs. 4 AO n.F. gilt für alle anhängigen Verfahren ab dem 1.1.2023 (Art. 97 § 37 Abs. 1 EGAO).
c) Frist zur Bekanntgabe der Prüfungsanordnung in Beraterfällen
§ 197 Abs. 5 AO n.F. stellt ebenfalls ein beachtliches Novum zum Zweck der Beschleunigung von Außenprüfungen dar. Danach sollen Prüfungsanordnungen, die Steuerbescheide auf Grund von ESt-, GewSt-, KSt-Erklärungen und Erklärungen zur gesonderten Feststellung betreffen, die von einem Steuerberater eingereicht wurden, bis zum Ende des zweiten auf die Bekanntgabe des jeweiligen Steuerbescheides folgenden Kj. erlassen werden.
Da Betriebsprüfungen i.d.R. für mehrere VZ angeordnet werden (vgl. § 4 Abs. 3 BpO 2000), genügt es, wenn der zuletzt ergangene Steuerbescheid im zweiten Kj. nach Erlass der Prüfungsanordnung bekannt gegeben worden ist (vgl. § 197 Abs. 5 S. 3 AO n.F.; BT-Drucks. 20/3436 v. 22.9.2022, 90). Es kommt allein auf den jeweiligen Erstbescheid – nicht auf Änderungsbescheide – an (Hannig in Pfirrmann/Rosenke/Wagner, BeckOK/AO, § 197 AO Rz. 101 [April 2024]).
Beachten Sie: Wenn die Finanzbehörde die Frist zur Bekanntgabe der Prüfungsanordnung nicht beachtet, hat dies nicht zwingend die Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnung zur Folge, da es sich bei § 197 Abs. 5 AO n.F. um eine Soll-Vorschrift handelt (vgl. Hannig in Pfirrmann/Rosenke/Wagner, BeckOK/AO, § 197 AO Rz. 101 [April 2024]).
Inkrafttreten: § 197 Abs. 5 AO n.F. gilt erstmalig für Steuern, die nach dem 31.12.2024 entstehen (Art. 97 § 37 Abs. 2 EGAO). Für Steuern, die vor dem 1.1.2025 entstehen, gilt die geänderte Vorschrift erstmals, sofern für diese Steuern nach dem 31.12.2024 eine Prüfungsanordnung bekannt gegeben wurde (Art. 97 § 37 Abs. 3 EGAO).