Leitsatz
1. Bei der Anwendung der Grenzgängerregelung in Art. 15a DBA-Schweiz 1992 zählen Dienstreisetage mit Übernachtungen im Ansässigkeitsstaat zu den Tagen, an denen der Arbeitnehmer aus beruflichen Gründen nicht an seinen Wohnsitz zurückkehrt – Nichtrückkehrtage (Bestätigung des BMF-Schreibens vom 19.09.1994, BStBl I 1994, 683 Tz. 13).
2. Eintägige Dienstreisen in Drittstaaten führen nicht zu Nichtrückkehrtagen (Abweichung vom BMF-Schreiben in BStBl I 1994, 683 Tz. 14).
3. Der Tag, an dem der Arbeitnehmer von einer mehrtägigen Dienstreise in Drittstaaten an seinen Wohnsitz zurückkehrt, zählt nicht als Nichtrückkehrtag. Ein Nichtrückkehrtag liegt dagegen vor, wenn der Arbeitnehmer an diesem Tag mit der Rückreise beginnt, aber erst am Folgetag an seinen Wohnsitz zurückkehrt.
4. Tage, an denen der Arbeitnehmer aufgrund einer anderweitigen selbstständigen Tätigkeit nicht an seinen Wohnsitz zurückkehrt, führen nicht zu Nichtrückkehrtagen.
5. Entfällt eine mehrtägige Dienstreise des Arbeitnehmers auf Wochenenden oder Feiertage, so liegen keine Nichtrückkehrtage vor, wenn die Arbeit an diesen Tagen nicht ausdrücklich vereinbart ist und der Arbeitgeber für die an diesen Tagen geleistete Arbeit weder einen anderweitigen Freizeitausgleich noch ein zusätzliches Entgelt gewährt, sondern lediglich die Reisekosten übernimmt (Abweichung vom BMF-Schreiben vom 07.07.1997, BStBl I 1997, 723 Tz. 11). Dies gilt auch für leitende Angestellte, die ihre Tätigkeit zeitlich eigenverantwortlich wahrnehmen und während einer Dienstreise freiwillig am Wochenende arbeiten (Bestätigung des Senatsurteils vom 26.07.1995, I R 80/94, BFH/NV 1996, 200).
Normenkette
Art. 15a, Art. 26 Abs. 3 DBA-Schweiz 1992
Sachverhalt
Der Kläger wohnte in den Streitjahren 1998 bis 2001 in Deutschland. Er war als Leiter einer Division bei einer Schweizer AG, der X-AG, beschäftigt und zudem Mitglied der Konzernleitung einer weiteren Schweizer AG, die als Dachholding eines Konzerns für alle Konzerngesellschaften Aufgaben der Führung, Organisation und Finanzierung wahrnahm. Als Mitglied der Konzernleitung war der Kläger auch Mitglied des Verwaltungsrats der ausländischen Tochtergesellschaften. Die Vergütung für sämtliche Tätigkeiten erhielt er von der X-AG. Von diesen Vergütungen wurde in der Schweiz ein Quellensteuerabzug vorgenommen. Der Kläger war ferner Mitglied des Verwaltungsrats einer dritten Schweizer AG, die ihn ihrerseits vergütete.
Er unternahm in den Streitjahren zahlreiche Dienstreisen, die u.a. auf folgende Tage entfielen:
|
1998 |
1999 |
2000 |
2001 |
Dienstreisen im Inland mit Übernachtung (davon am Wochenende) |
6
./. |
8
(2) |
3
./. |
7
./. |
eintägige Dienstreisen in Drittstaaten |
./. |
1 |
./. |
./. |
Rückreisetage bei mehrtägigen Dienstreisen in Drittstaaten |
15 |
18 |
15 |
10 |
Beginn der Rückreise bei Dienstreisen in Drittstaaten mit Ankunft am Folgetag (davon am Wochenende) |
4
./. |
7
(1) |
8
./. |
1
./. |
Tätigkeit im Verwaltungsrat der S-AG mit Übernachtung |
6 |
7 |
6 |
8 |
Übernachtung am Wochenende/an Feiertagen in der Schweiz/in Drittstaaten |
11 |
4 |
12 |
7 |
Soweit die Dienstreisen an Wochenenden oder Feiertagen durchgeführt wurden, erhielt der Kläger von der X-AG hierfür weder einen Freizeitausgleich noch eine zusätzliche Vergütung. Die während der Dienstreisen angefallenen geschäftlich veranlassten Kosten für Flüge und sonstige Transporte, Übernachtungen, Verpflegung sowie Einladungen von Geschäftspartnern wurden ihm erstattet.
Der Kläger ging mit dem FA davon aus, dass er kein Grenzgänger i.S.v. Art. 15a Abs. 4 DBA-Schweiz 1992 sei. Das FA sah ihn indes als leitenden Angestellten i.S.d. Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz 1992 an und unterwarf seine Einkünfte aus der Tätigkeit für die X-AG insoweit der ESt, als er sie im Inland und in Drittstaaten ausgeübt hatte; die in der Schweiz erhobene Quellensteuer wurde anteilig angerechnet.
Der Kläger begehrte vergeblich die Freistellung der gesamten Einkünfte aus der Tätigkeit für die X-AG gem. Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 Buchst. d DBA-Schweiz 1992. Das FG Baden-Württemberg wies seine Klage mit Urteil vom 31.07.2008, 3 K 99/07 (Haufe-Index 2151403, EFG 2009, 1727) ab. Es sah ihn als Grenzgänger an; für die Streitjahre berechnete es 55 (1998), 49 (1999), 59 (2000) und 39 (2001) Nichtrückkehrtage.
Entscheidung
Der BFH hat dem im Ergebnis beigepflichtet und die maßgeblichen Nichtrückkehrtage wie folgt berechnet:
|
1998 |
1999 |
2000 |
2001 |
NRT lt. FG |
55 |
49 |
59 |
39 |
zzgl. Dienstreisen im Inland mit Übernachtung, abzgl. Übernachtung am Wochenende |
6
./. |
8
2 |
3
./. |
7
./. |
zzgl. Rückreisetage bei Dienstreisen in Drittstaaten mit Ankunft am Folgetag, abzgl. Rückreise am Wochenende |
4
./. |
7
1 |
8
./. |
1
./. |
abzgl. Übernachtung am Wochenende/an Feiertagen in der Schweiz/in Drittstaaten |
11 |
4 |
12 |
7 |
= anzusetzende NRT |
54 |
57 |
58 |
40 |
Die Höchstgrenze von 60 Nichtrückkehrtagen war sonach in keinem Streitjahr überschritten.
Hinweis
1. Steuerliche "Grenzgänger" sind selbst "wikipedia" keine Unbekannten. Es handelt sich danach um "Personen, die zwischen dem Land, in dem sie leben, und dem Land, in dem sie arbeiten, pendeln. ...