LfSt Bayern v. 25.2.2015, S 2300.1.1 - 6/29 St 32
Definition des Begriffs öffentliche Kasse
1. Beschränkte Steuerpflicht nach § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b EStG
Die Frage, unter welchen Voraussetzungen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus inländischen öffentlichen Kassen im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b EStG vorliegen, wurde von den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder abgestimmt. Demnach liegen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus inländischen öffentlichen Kassen im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b EStG auch dann vor, wenn auszahlende Stelle zwar eine juristische Person des Privatrechts ist, diese aber hinsichtlich ihres Finanzgebarens der Aufsicht oder Prüfung durch die öffentliche Hand unterliegt und die gezahlte Vergütung überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanziert wird. Die oben dargestellte Erweiterung des Begriffs „inländische öffentliche Kasse” ist auf nach dem 31.12.2013 beginnende Besteuerungszeiträume anzuwenden.
1.1 Aufsicht oder Prüfung des Finanzgebarens durch die öffentliche Hand
Eine Aufsicht oder Prüfung des Finanzgebarens durch die öffentliche Hand liegt nur dann vor, wenn es sich um ein Prüfungsrecht nach § 91 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 4 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) oder einer dieser Vorschriften vergleichbaren landesrechtlichen Regelung (in Bayern: Art. 104 BayHO) handelt. Ein entsprechender Auszug aus der BHO und der BayHO ist als Anlage beigefügt.
Eine Aufsicht oder Prüfung des Finanzgebarens durch die öffentliche Hand ist dem entsprechend nur anzunehmen, sofern dem jeweils zuständigen Rechnungshof ein umfassendes Prüfungsrecht zusteht, das sich auf die gesamte Haushalts- und Wirtschaftsführung der juristischen Person des Privatrechts erstreckt.
Daraus folgt, dass auch Arbeitslöhne von privaten Trägerorganisationen der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit unter den genannten Voraussetzungen der beschränkten Steuerpflicht gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b EStG unterliegen. Insbesondere die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (GIZ) erfüllt als bundeseigene Gesellschaft diese Voraussetzungen (zu Mitarbeitern der GIZ vgl. Tz. 5).
1.2. Politische/parteinahe Stiftungen
Politische/parteinahe Stiftungen sind weiterhin nicht unter den Begriff der öffentlichen Kasse im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b EStG zu fassen. Die politischen Stiftungen unterliegen bei der Durchführung ihrer Projekte im Ausland keiner staatlichen Einflussnahme. Im Hinblick auf die besondere Stellung der politischen/parteinahen Stiftungen, welche keine staatlichen Durchführungsorganisationen mit Mehrheitsbeteiligungen des Bundes bzw. einzelner Ministerien sind, sind sie nicht unter den Begriff der öffentlichen Kasse im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b EStG zu fassen. Neben den politischen/parteinahen Stiftungen auf Bundesebene (Friedrich-Ebert-Stiftung, Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, Hanns-Seidel-Stiftung, Heinrich-Böll-Stiftung, Konrad-Adenauer-Stiftung, Rosa-Luxemburg-Stiftung) existieren auch diverse politische/parteinahe Stiftungen auf Landesebene.
2. Doppelbesteuerungsabkommen (DBA)
Hat Deutschland mit einem Staat ein DBA abgeschlossen, ist neben den nationalen Regelungen (hier insb. § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b EStG) stets das jeweils maßgebende DBA zu prüfen. Ein deutsches Besteuerungsrecht besteht demnach nur, wenn und soweit das mit dem jeweiligen Staat abgeschlossene DBA Deutschland das Besteuerungsrecht zuweist. Maßgeblich sind der jeweilige Kassenstaatsartikel und der Artikel über die unselbständige Arbeit.
Die Grundregel des Kassenstaatsartikels (dem Art. 19 Abs. 1 OECD-MA vergleichbare Regelung) setzt voraus, dass die Zahlung direkt durch den Vertragsstaat, eines seiner Länder oder eine ihrer Gebietskörperschaften für gegenüber diesem geleistete Dienste erfolgt. In diesem Zusammenhang wird auf die BFH-Urteile vom 13.8.1997 (BStBl 1998 II S. 21) und vom 17.12.1997 (BStBl 1999 II S. 13) hingewiesen. Nach dieser Rechtsprechung ist weiterhin Voraussetzung, dass die Ableistung des Dienstes im öffentlichen Interesse liegt bzw. die Tätigkeit tatsächlich in der Verwaltung ausgeübt wird. Ein schuldrechtliches Dienstverhältnis zum Land oder der Gebietskörperschaft muss aber nicht bestehen. Art. 19 Abs. 1 OECD-MA findet dagegen keine Anwendung bei Auszahlung durch eine juristische Person des Privatrechts, so dass es insofern bei der Anwendung des Artikels über die unselbständige Arbeit (dem Art. 15 OECD-MA vergleichbare Regelung) bleibt. Dies gilt auch dann, wenn die juristische Person des Privatrechts hinsichtlich ihres Finanzgebarens der Aufsicht oder Prüfung durch die öffentliche Hand unterliegt und die gezahlte Vergütung überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanziert wird.
Einzelne DBA enthalten jedoch eine spezielle Klausel, mit der ausdrücklich Deutschland das Beste...