Leitsatz (amtlich)
Die Adoption eines Stiefkindes kann im Einzelfall in Betracht kommen, obwohl der Altersunterschied zwischen Annehmendem und Anzunehmendem lediglich 13 Jahre 7 Monate beträgt.
Verfahrensgang
AG Essen (Beschluss vom 12.02.2013) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beschwerdeführer wird der am 12.2.2013 erlassene Beschluss des AG - Familiengericht - Essen abgeändert.
Die Annahme des Kindes E-B S, geboren am 29.7.2003, durch Herrn S2, geboren am 25.12.1989, als Kind wird hiermit ausgesprochen.
Das Kind behält den Familiennamen S.
Das Kind erlangt durch die Annahme die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen Kindes des Annehmenden und seines Ehegatten (§ 1754 Abs. 1 BGB). Die elterliche Sorge steht beiden gemeinschaftlich zu (§ 1754 Abs. 3 BGB).
Es wird festgestellt, dass das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes zu seinem leiblichen Vater H und dessen Verwandten erloschen ist (§ 1755 Abs. 2 BGB).
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Verfahrenswert für die Beschwerde wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Es geht um die Adoption des betroffenen Kindes durch den Annehmenden S2.
Das Kind E-B S (* 29.7.2003) ist aus der nichtehelichen Beziehung der Kindesmutter S, geb. M (*6.4.1986) und des Kindesvaters H, (*25.7.1983) hervorgegangen.
Die Kindesmutter war nur wenige Wochen, nachdem sie den Kindesvater kennen gelernt hatte, schwanger geworden. Die Beziehung der Kindeseltern wurde bereits im 5. Schwangerschaftsmonat beendet. Seit 2004 besteht kein Kontakt zwischen dem Kindesvater und E-B. Kindesunterhalt hat der Kindesvater nicht gezahlt. Die elterliche Sorge für E-B steht der Kindesmutter zu.
Der Annehmende S2 (* 25.12.1989) und die Kindesmutter lernten sich im Jahre 2006 kennen und sind seit August 2008 miteinander liiert. Im April 2009 bezogen sie zusammen mit E-B eine gemeinsame Wohnung. Am 9.10.2009 heirateten die Kindesmutter und der Annehmende. Die Einbenennung von E-B erfolgte am 19.10.2009.
Der Annehmende hat in Oberhausen bei der Firma S3 als Betriebs- und Lagertechniker gearbeitet. Danach war er über die Zeitarbeitsfirma A. im Düsseldorfer Kühlhaus als Gabelstaplerfahrer tätig. Seit dem 19.7.2012 arbeitete er für eine Zeitarbeitsfirma in Essen im Steeler Kühlhaus als Lager-/Staplerfahrer. Zum 1.6.2013 hat er seine Anstellung gewechselt und arbeitet jetzt bei der Fa. L. zu einem wesentlich höheren Einkommen. Hierbei handelt es sich um das Unternehmen, bei dem er zuvor als Leiharbeiter tätig war.
Die Kindesmutter ist nicht berufstätig. Sie hat die Schulzeit nach der 9. Klasse beendet und keine Berufsausbildung angestrebt, da sie Hausfrau und Mutter sein und bleiben möchte.
Mit notarieller Urkunde des Notars Q in X (UR-Nr. 429/2010) beantragte der Annehmende mit Einwilligung der Kindeseltern beim AG Oberhausen die Adoption von E-B.
Die Adoptionsvermittlungsstelle der Stadt Oberhausen erstattete am 29.10.2010 einen Bericht. Im Hinblick auf die kurze Beziehung der Eheleute regte die Adoptionsvermittlungsstelle der Stadt Oberhausen im Einverständnis mit dem Annehmenden und der Kindesmutter an, das Adoptionsverfahren zunächst für ein Jahr zurückzustellen.
Am 1.11.2011 zogen die Eheleute S mit E-B nach Essen, weswegen das AG Oberhausen das Verfahren Anfang 2012 an das AG Essen abgegeben hat.
Das Führungszeugnis betreffend den Annehmenden vom 8.2.2012 enthält keine Eintragungen.
Unter dem 5.11.2012 gab die Adoptionsvermittlungsstelle der Stadt Essen ihre Stellungnahme zu der beabsichtigten Adoption ab, worin sie dem Adoptionsantrag nicht zustimmte. Als Begründung wurde im Wesentlichen auf den geringen Altersabstand zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden abgestellt. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass nicht dargelegt werden könne, ob durch den Annehmenden für den Jungen eine langfristig abgesicherte ökonomische Sicherheit gewährleistet werden könne, da der Annehmende und die Kindesmutter sich nicht bereit erklärt hätten, über evtl. vorhandene Schuldverpflichtungen Auskunft zu geben.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 11.2.2013 hat das AG - Familiengericht - Essen den Antrag auf Annahme als Kind vom 17.5.2010 zurückgewiesen. Zur Begründung hat das AG ausgeführt, dass die Voraussetzungen des § 1741 Abs. 1 BGB nicht gegeben seien, und dabei u.a. auf den geringen Altersunterschied zwischen dem Anzunehmenden und dem Annehmenden sowie auf das Verhalten der Eheleute während des Verfahrens abgestellt. Wegen der Einzelheiten wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.
Gegen diesen Beschluss wenden sich die Kindesmutter und der Annehmende mit ihrer Beschwerde. Sie sind der Auffassung, dass der Altersunterschied von 13 Jahren nicht zwingend gegen eine Vater-Kind-Beziehung spreche, weil der Gesetzgeber zwar das Alter des Annehmenden auf 21 Jahre festgelegt, den Altersunterschied aber offen gelassen habe. Sie hätten im Verlauf des fast dreijährigen Verfahrens gezeigt, dass sie in der Lage seien, ei...