Verfahrensgang
AG Bonn (Beschluss vom 23.02.2016; Aktenzeichen 34 VI 300/11) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2. vom 08.03.2016 wird der Beschluss der Rechtspflegerin des AG Bonn vom 23.02.2016 - 34 VI 300/11 - aufgehoben. Der Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 3. vom 08.10./03.11.2014 wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten der ersten Instanz betreffend den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 3) und die des Beschwerdeverfahrens hat die Beteiligte zu 3) zu tragen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Gründe
1. Die Tochter der Erblasserin, Frau I, schlug am 27.01.2011 die Erbschaft aus jedem Berufungsgrunde aus (34 VI 70/11 AG Bonn).
Am 03.05.2011 erteilte das AG einen gemeinschaftlichen Erbschein, der die Beteiligten zu 1) und 2) als Erben der Erblasserin zu je ½ Anteil ausweist (Bl. 14).
Die am 21.09.2011 als Tochter der Frau I geborene Beteiligte zu 3) hat mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 08.10.2014 die Einziehung des Erbscheins vom 03.05.2011 und die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins beantragt, der den Beteiligten zu 1) als Erben zu ½ Anteil sowie den Beteiligten zu 2) und sie selbst als Erben zu je ¼ Anteil ausweist (Bl. 44 ff.). Zur Begründung ist vorgebracht, die Beteiligte zu 3) sei bereits am 12./13.12.2010 gezeugt worden. Dem Antrag ist der Beteiligte zu 2) entgegengetreten (Bl. 56 ff.). Am 03.11.2014 hat die Mutter der Beteiligten zu 3) den Erbscheinsantrag vor dem AG unter Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung wiederholt (Bl. 60 ff.).
Die Rechtspflegerin des Nachlassgerichts hat nach Einholung eines gynäkologischen Gutachtens, zu dem der Beteiligte zu 2) umfänglich Stellung genommen hat, mit Beschluss vom 23.02.2016 die Tatsachen, die zur Begründung des von der Kindesmutter für die Beteiligte zu 3) gestellten Antrages erforderlich sind, für festgestellt erachtet, die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses ausgesetzt und die Erteilung des Erbscheins bis zur Rechtskraft des Beschlusses ausgesetzt (Bl. 222 ff.).
Gegen diesen ihm zu Händen seiner Verfahrensbevollmächtigten am 24.02.2016 zugestellten Beschluss hat der Beteiligte zu 2) mit per Telefax eingereichtem Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 08.03.2016, eingegangen per Fax bei dem AG an diesem Tage, Beschwerde eingelegt, und diese begründet. Das AG hat der Beschwerde mit dem am 14.04.2016 erlassenen Beschluss vom 11.04.2016 nicht abgeholfen und die Sache zur Entscheidung dem Oberlandesgericht vorgelegt.
Der Senat hat ergänzend Beweis erhoben durch mündliche Anhörung des Sachverständigen Dr. X; wegen des Ergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift vom 01.06.2016 verwiesen.
2. Die Beschwerde ist zulässig; sie ist insbesondere in rechter Form und Frist eingelegt worden.
11. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Es führt zur Aufhebung des angefochtenen Feststellungsbeschlusses und zur Ablehnung des Erbscheinsantrages der Beteiligten zu 3) vom 08.10./03.11.2014.
12. Die am 21.09.2011 geborene Beteiligte zu 3) ist nicht als Enkelin Miterbin nach der Erblasserin geworden, weil die Voraussetzungen des § 1923 Abs. 2 BGB nicht erfüllt sind. Nach dieser Bestimmung gilt derjenige, der - wie die Beteiligte zu 3) - zum Zeitpunkt des Erbfalls noch nicht lebte, als vor dem Erbfall geboren, wenn er zu diesem Zeitpunkt bereits gezeugt war. Als Zeitpunkt der Zeugung ist dabei die Einnistung des Eis in die Gebärmutter (Nidation) anzusehen (Palandt-Ellenberger, BGB, 75. Aufl. 2016, § 1 Rn. 8). Die Beweislast im Zivilprozess bzw. die Feststellungslast im Erbscheinsverfahren dafür, dass diese Voraussetzung spätestens im Zeitpunkt des Erbfalls vorlag, trägt das Kind, welches ein Erbrecht geltend macht (Palandt/Weidlich, a.a.O., § 1923 Rn. 6). Im Streitfall kann nicht mit ausreichender Gewissheit zur Überzeugung des Senats festgestellt werden, dass das Ei, aus dem die Beteiligte zu 3) hervorgegangen ist, im Zeitpunkt des Todes der Erblasserin bereits in der Gebärmutter der Kindesmutter eingenistet war.
13. Der zunächst vom AG und dann ergänzend vom Senat beauftragte Sachverständige Dr. X ist in seiner Anhörung vor dem Senat zu dem Ergebnis gelangt, dass sich aus dem am 11.02.2011 bei der ersten Ultraschalluntersuchung festgestellten Schädelsteißmaß von 33,1 mm ergibt, dass die Einnistung im Zeitraum zwischen dem 18. und dem 26.12.2010 erfolgt sein muss. Danach spricht mehr dafür, ist aber jedenfalls nicht mit hinreichender Gewissheit auszuschließen, dass die Einnistung erst nach dem Tod der in der Nacht vom 17. auf den 18.12.2010 verstorbenen Erblasserin stattfand. Auch aus dem bei der zweiten Ultraschalluntersuchung festgestellten Scheitelsteißmaß von 50,5 mm ergibt sich kein für die Beteiligte zu 3) günstiges Ergebnis; insoweit gelangt der Sachverständige zu einer Einnistung am 24.12.2010.
14. Die Ausführungen des Sachverständigen in dem vorangegangenen schriftlichen Gutachten vom 01.10.2015 sind aus zwei unabhängig voneinander vorliegenden Gründen nicht geeignet, den Senat von e...