Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütung der Tätigkeit des "schwachen" Insolvenzverwalters als Sachverständiger
Leitsatz (amtlich)
§ 9 Abs. 2 JVEG ist auch auf den sog. "schwachen" vorläufigen Insolvenzverwalter (§ 22 Abs. 2 InsO) anzuwenden, wenn dieser gem. § 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 InsO als Sachverständiger beauftragt wird.
Normenkette
JVEG § 9
Verfahrensgang
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Beschwerdeführer wurde mit Beschluss des AG - Insolvenzgerichts - Ingolstadt vom 18.8.2004 als Sachverständiger mit der Beantwortung der Frage beauftragt, ob Zahlungsunfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung gegeben sei, welche Aussichten für eine Fortführung des Unternehmens bestünden und ob eine die Verfahrenskosten deckende Masse vorhanden sei. Mit Beschluss vom 24.8.2004 bestellte das Insolvenzgericht den Beschwerdeführer zum vorläufigen Insolvenzverwalter und ordnete an, dass Verfügungen der Schuldnerin nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sein sollten.
Das AG - Insolvenzgericht - Ingolstadt billigte dem Beschwerdeführer am 2.2.2005 antragsgemäß eine Vergütung nach § 9 Abs. 1 S. 3 JVEG mit einem Stundensatz von 80 EUR zu. Nachdem das AG der hiergegen gerichteten Beschwerde des Bezirksrevisors vom 21.2.2005 mit Beschluss vom 25.2.2005 nicht abgeholfen hatte, setzte das LG Ingolstadt in dem angefochtenen Beschluss den Stundensatz des Sachverständigen auf 65 EUR fest.
Hiergegen wendet sich der Sachverständige mit seiner weiteren Beschwerde. Er begehrt die Aufhebung des Beschlusses des LG Ingolstadt vom 6.4.2005 und die Festsetzung seiner Vergütung auf 2.480 EUR zzgl. Umsatzsteuer.
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, der angegriffene Beschluss des LG Ingolstadt lasse weder eine Auseinandersetzung mit dem konkreten Einzelfall noch eine Ermessensausübung erkennen. Das LG habe ausgeführt, dass zwar ein Fall des § 9 Abs. 1 S. 3 JVEG vorläge, dass im vorliegenden Fall aber dennoch ein Stundensatz von 65 EUR zu veranschlagen sei.
Die Bestimmung des § 9 Abs. 2 JVEG sei auf den vorliegenden Fall weder unmittelbar noch analog anzuwenden, da dort ausdrücklich und abschließend nur der Sachverständige genannt sei, der nach § 22 Abs. 1 Nr. 3 InsO gleichzeitig als starker vorläufiger Insolvenzverwalter mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis fungiere. Für eine Analogie fehle es an einer dem Gesetzgeber bewussten oder unbewussten Regelungslücke. Zumindest am Ende des Gesetzgebungsverfahrens sei das Erfordernis einer ausdrücklichen Regelung für die Vergütung des insolvenzrechtlichen Sachverständigen erkannt worden. Auf Veranlassung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages sei das Gesetz unmittelbar vor Erlass noch in § 9 um den jetzigen Abs. 2 ergänzt worden, um Abrechnungsschwierigkeiten bei der Sachverständigenvergütung zu vermeiden. Es sei also nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber große Teilbereiche der Sachverständigenvergütung der Entwicklung und Festlegung durch die Rechtsprechung überlassen wollte. Eine bewusste Regelungslücke scheide daher aus. Eine analoge Anwendung des § 9 Abs. 2 JVEG sei schließlich auch deshalb ausgeschlossen, weil das Gesetz für nicht ausdrücklich geregelte Fallkonstellationen in § 9 Abs. 1 S. 3 JVEG eine Auffangregelung enthalte.
Dass ein Stundensatz von 80 EUR für insolvenzgutachterliche Tätigkeiten in aller Regel gerechtfertigt sei, würde heute schon von den meisten Insolvenzgerichten bejaht. Ein Abstellen auf die bisherige Vergütungspraxis sei kein vom Gesetzgeber genanntes Bemessungskriterium.
Hinsichtlich des weiteren Beschwerdevorbringens wird auf den Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 20.4.2005 (Bl. 254) Bezug genommen.
II. Die weitere Beschwerde ist nach Zulassung durch das LG zulässig (§ 4 Abs. 5 JVEG).
Das Rechtsmittel erweist sich jedoch als unbegründet.
1. Der Senat kommt zum selben Ergebnis wie das LG. Entgegen der Auffassung des Erstgerichts geht der Senat jedoch davon aus, dass die Vergütung des Sachverständigen im vorliegenden Fall nicht gem. § 9 Abs. 1 S. 3 JVEG zu bemessen ist, sondern dass § 9 Abs. 2 JVEG unmittelbar anzuwenden ist. Die Frage einer analogen oder unmittelbaren Anwendung ist für die Entscheidung letztlich aber ohne Belang.
a) § 9 Abs. 2 JVEG verweist ausdrücklich auf § 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 InsO, nicht dagegen auf § 22 Abs. 1 S. 1 dieser Bestimmung, in dem allein die Voraussetzung des Erlasses eines allgemeinen Verfügungsverbotes über das Vermögen des Schuldners aufgestellt wird.
Gegen diese Auffassung spricht nicht das mögliche Argument, § 22 Abs. 1 S. 2 InsO nehme ausdrücklich Bezug auf dessen S. 1 ("in diesem Fall ..."). Die in § 22 Abs. 2 Nr. 3 InsO geregelten Aufgaben können dem vorläufigen Insolvenzverwalter nämlich auch dann übertragen werden, wenn dem Schuldner kein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt wurde. Dies ergibt sich aus § 22 Abs. 3 InsO, wonach das Gericht in diese...