Unabhängig davon, ob Art. 15 Abs. 1 DSGVO ein Akteneinsichtsrecht vermittelt, ermöglicht er jedenfalls einen umfangreichen Anspruch auf Auskunft über den Inhalt der Finanzamtsakte. Von etwaigen Argumenten, die gegen das Bestehen eines Akteneinsichtsrechts angeführt werden, sollten sich Steuerpflichtige nicht abhalten lassen, ihren Antrag weiter zu verfolgen. Die Rechtsauffassungen in den diskutierten Punkten stellen bei weitem keine gefestigte FG-Rechtsprechung dar. Vielmehr hat jedes FG seine eigene Argumentationslinie entwickelt, mit der es Auskunftsansprüche (teilweise) ablehnt. Durch eine geschickte Antragsformulierung dürften sich bestimmte Einwände umgehen lassen.

Es bleibt zu hoffen, dass der BFH einem Anspruch auf Akteneinsicht genauso offen wie das FG Saarland oder das FG Niedersachsen gegenübersteht. Die jüngere BFH-Rechtsprechung gibt Anlass zur Hoffnung (Haverkamp / Schmidt, DStRK 2020, 210). Im Sinne der Waffengleichheit zwischen Steuerpflichtigen und Finanzbehörde sollte dies der richtige Weg sein. Wenn vom Steuerpflichtigen im finanzbehördlichen Verfahren mehr Transparenz und Kooperation gefordert wird, muss dies entsprechend auch für die Finanzbehörde gelten.

 

Service: Gehm, Akteneinsicht – Rechtsanspruch oder bloßer Gunsterweis (Literaturempfehlung), AO-StB 2022, 334 (in dieser Ausgabe); Gehm, Kein Akteneinsichtsrecht gegenüber dem FA aus Art. 15 DSGVO (zu FG Münster v. 24.2.2022 – 6 K 3515/20, AO-StB 2022, 150); Schützeberg, Auskunftsanspruch nach der Datenschutz-Grundverordnung (zu BFH v. 17.11.2021 – II R 43/19, AO-StB 2022, 208); Haverkamp/Linnemann, Ort der Akteneinsicht im finanzgerichtlichen Verfahren (zu BFH v. 22.10.2021 – IX B 38/21, AO-StB 2022, 16); abrufbar unter steuerberater-center.de

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