[Ohne Titel]
Dipl.-Finw. Karl-Heinz Günther, StB
Die Veräußerung einer Immobilie kann je nach Art der Nutzung sowie des zeitlichen Umfangs der Besitzzeit unterschiedliche einkommensteuerliche Folgen auslösen. Dies betrifft bei Zugehörigkeit zum Privatvermögen die möglichen Rechtsfolgen der Veräußerungsgewinnbesteuerung nach § 23 EStG, bei (teilweiser) Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen die dann erforderliche steuerwirksame Aufdeckung der stillen Reserven. Diese ggf. vielschichtige steuerrechtliche Problematik wird im Beitrag anhand eines Praxisfalls i.E. erläutert.
1. Problemstellung
Die Veräußerung einer Immobilie kann je nach Art der Nutzung sowie des zeitlichen Umfangs der Besitzzeit unterschiedliche einkommensteuerliche Folgen auslösen. Dies betrifft
- bei Zugehörigkeit zum Privatvermögen die möglichen Rechtsfolgen der Veräußerungsgewinnbesteuerung nach § 23 EStG,
- bei (teilweiser) Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen die dann erforderliche steuerwirksame Aufdeckung der stillen Reserven.
Dies ggf. vielschichtige steuerrechtliche Problematik soll anhand des nachfolgenden Praxisfalls i.E. erläutert werden.
2. Praxisfall (Sachverhalt)
A ist Eigentümer eines zum 1.1.2010 für insg. 350.000 EUR erworbenen Einfamilienhauses (EFH 1, Baujahr 2005, Wohnfläche 150 qm), das er mit seiner Ehefrau seit dem Erwerb zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Ebenfalls seit Erwerb nutzt er als selbständiger Fotojournalist für politische Themen einen 30 qm großen, abgeschlossenen Raum als häusliches Arbeitszimmer. Von den seinerzeit entstandenen Anschaffungskosten entfallen 20 % auf den Grund und Boden.
Zum 1.1.2018 erwirbt A ein weiteres Einfamilienhaus (EFH 2) für insg. 700.000 EUR (Anteil Grund und Boden 20 %) mit einer Wohnfläche von 180 qm, das er ab Erwerb zu eigenen Wohnzwecken und einen 36 qm großen Raum (ebenfalls ab Erwerb) als häusliches Arbeitszimmer nutzt. Der Verkehrswert der EFH 1 beträgt zum 1.1.2018 450.000 EUR.
Das bislang eigengenutzte EFH 1 wurde ab 1.1.2018 zu fremden Wohnzwecken vermietet und zum 1.1.2022 zum Kaufpreis von 600.000 EUR veräußert.
3. Lösung
a) Häusliches Arbeitszimmer EFH 1
A nutzt als selbständiger Fotojournalist in seinem ansonsten selbstgenutzten Einfamilienhaus ein häusliches Arbeitszimmer zu betrieblichen Zwecken, so dass insoweit notwendiges Betriebsvermögen vorliegt. Der Einlagewert beträgt 70.000 EUR (20 % der Anschaffungskosten), wovon 14.000 EUR (20 %) auf den Grund und Boden entfallen. A kann daher den Gebäudeanteil von 56.000 EUR nach § 7 Abs. 4 Nr. 1 EStG mit jährlich 3 % = 1.680 EUR abschreiben. Allerdings ist der Betriebsausgabenabzug nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG auf max. 1.250 EUR beschränkt, da das Arbeitszimmer des A nicht den Mittelpunkt seiner freiberuflichen Tätigkeit (§ 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) darstellt (BFH v. 28.8.2003 – IV R 34/02, BStBl. II 2004, 53). A kann daher die Arbeitszimmerabschreibung mit max. 1.250 EUR als Betriebsausgaben geltend machen.
Beraterhinweis Im Beispielsfall konnte A die Behandlung des häuslichen Arbeitszimmers als Betriebsvermögen auch nicht durch die Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung des § 8 EStDV verhindern. Nach dieser Vorschrift brauchen eigenbetrieblich genutzte Grundstücksteile nicht als Betriebsvermögen behandelt werden, wenn ihr Wert nicht mehr als ein Fünftel des gemeinen Werts des gesamten Grundstücks und nicht mehr als 20.500 EUR beträgt. Im Beispielsfall ist jedoch die absolute Wertgrenze von 20.500 EUR mit 70.000 EUR bereits überschritten.
b) Aufgabe der betrieblichen Arbeitszimmernutzung EFH 1
Mit Beendigung der Arbeitszimmernutzung zum 1.1.2018 endet auch die Zugehörigkeit des häuslichen Arbeitszimmers zum Betriebsvermögen mit der Folge, dass der Grundstücksteil unter Aufdeckung der stillen Reserven zu diesem Zeitpunkt mit dem Teilwert zu entnehmen ist. Der hieraus resultierende Gewinn ist wie folgt zu ermitteln:
Verkehrswert EFH 1 zum 1.1.2018 |
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450.000 EUR |
Davon 20 % |
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90.000 EUR |
Abzgl. Buchwert anteiliger Grund und Boden |
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–14.000 EUR |
Abzgl. Buchwert anteiliger Gebäudewert |
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AfA-Bemessungsgrundlage |
56.000 EUR |
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AfA 2010–2017: 8 x 1.680 EUR = |
–13.440 EUR |
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Verbleibender Buchwert |
42.560 EUR |
–42.560 EUR |
Entnahmegewinn |
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33.440 EUR |
Beraterhinweis Für die Berechnung des Gewinns aus der Aufgabe einer freiberuflichen Tätigkeit gem. § 18 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 16 Abs. 2 EStG ist der sich nach Abzug der AfA gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG ergebende Buchwert des häuslichen Arbeitszimmers auch dann maßgeblich, wenn die Abziehbarkeit der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer (wie im Beispielsfall) während der Ausübung der freiberuflichen Tätigkeit gem. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG der Höhe nach beschränkt war. Eine Gewinnkorrektur im Hinblick auf den nicht abzugsfähigen Teil der AfA kommt nicht in Betracht. Die Besteuerung des Aufgabegewinns unter Berücksichtigung des um die nicht abziehbare AfA geminderten Buchwerts des häuslichen Arbeitszimmers verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, insb. nicht gegen den Grundsatz der ...