Leitsatz

1. Im Freistellungsverfahren nach § 50d EStG 1997 ist nur darüber zu befinden, ob aus den darin bestimmten Gründen eine Freistellung von der deutschen Steuer geboten ist. Die Frage, ob steuerpflichtige Einkünfte vorliegen oder ob diese Einkünfte aus anderen Gründen von der Besteuerung freizustellen sind, ist demgegenüber außerhalb des Verfahrens nach § 50d EStG 1997 zu entscheiden. Diese Entscheidung obliegt nicht dem Bundesamt für Finanzen, sondern dem nach den allgemeinen Regeln zuständigen FA (Bestätigung des Senatsurteils vom 19.11.2003, I R 22/02, BStBl II 2004, 560).

2. Zur Unterscheidung zwischen einem Freistellungsbescheid gem. § 50d Abs. 1 Satz 2 EStG 1997 und einer Freistellungsbescheinigung gem. § 50d Abs. 3 Satz 1 EStG 1997 (Anschluss an Senatsurteile vom 11.10.2000, I R 34/99, BStBl II 2001, 291; vom 20.3.2002, I R 38/00, BStBl II 2002, 819).

 

Normenkette

§ 50a Abs. 4, § 50d Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 EStG 1997, § 5 Abs. 1 Nr. 2 FVG

 

Sachverhalt

Unternehmensgegenstand der Klägerin, einer GmbH österreichischen Rechts mit Sitz und Geschäftsleitung in Österreich, ist die Vermarktung von Werberechten.

Mit Verträgen vom April und März 1998 räumte sie der Beigeladenen, einer in Deutschland ansässigen GmbH, das Recht ein, anlässlich diverser Sportveranstaltungen als Sponsor für sich zu werben. Hierfür beantragte die Klägerin im September 1998 und im März 1999 beim Beklagten, dem Bundesamt für Finanzen (BfF, jetzt Bundeszentralamt für Steuern [BZSt]) die Erteilung von Freistellungsbescheinigungen vom Steuerabzug nach § 50a Abs. 4 i.V.m. § 50d Abs. 3 Satz 1 EStG 1997/1999.

Im Januar und im Juli 1999 erließ das BfF entsprechende Freistellungsbescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 AO und bescheinigte die Freistellungen. Nachdem die Klägerin mitgeteilt hatte, dass bereits Steuerabzugsbeträge zu ihren Lasten durch die Beigeladene an das für deren Besteuerung zuständige FA L abgeführt worden seien und dass sie wegen Liquiditätsschwierigkeiten auf die Erstattungen dringend angewiesen sei, leitete das BfF ein Erstattungsverfahren ein.

In diesem Rahmen überprüfte es durch Rückfrage bei dem zuständigen FA L, ob die Steuerabzugsbeträge tatsächlich einbehalten und an die Finanzkasse abgeführt worden waren.

In dem Anschreiben wurde darauf hingewiesen, dass geänderte Steueranmeldungen u.U. zu Doppelerstattungen führen können. Nachdem die erforderlichen Bestätigungen des FA L vorlagen, erstattete das BfF der Klägerin rund 2 Mio. DM.

Die Erstattungen wurden dem FA L mitgeteilt. Im April 2003 teilte dieses unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 16.5.2001, I R 64/99 (BFH-PR 2002, 41) mit, seinerseits die Beträge aufgrund einer Berichtigung der Steueranmeldungen an die Beigeladene erstattet zu haben. Daraufhin hob das BfF die Freistellungsbescheide auf und forderte die bereits erstatteten Beträge zurück. Dieser Bescheid wurde damit begründet, dass den Freistellungen die Überlassung von Sponsoringrechten zugrunde lägen, welche sich während der Überlassung verbrauchten. Hierzu habe der BFH in dem zitierten Urteil entschieden, dass Einkünfte im Zusammenhang mit der Überlassung von Rechten dann nicht dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG 1997/1999 unterlägen, wenn sie nicht für die zeitlich begrenzte Rechteüberlassung gezahlt werden, sondern sich das Recht auf Nutzung während der Überlassung verbrauche.

Das FG gab der dagegen erhobenen Klage statt (EFG 2004, 1053).

 

Entscheidung

Der BFH hob das FG-Urteil auf und wies die Klage ab:

Das BfF habe zunächst einen Freistellungsbescheid (und nicht nur eine Freistellungsbescheinigung) erlassen. Da dieser unter VdN gestanden habe, habe er ohne weiteres geändert werden können. Er habe dies auch müssen, weil das Erstattungsbegehren der Klägerin sich mangels Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen nicht im Weg des besonderen Erstattungsverfahrens gem. § 50d Abs. 1 EStG durchsetzen lasse.

Es sei Sache des FA L, über eine Erstattung nach § 37 Abs. 2 AO zu befinden.

In Anbetracht der Gegebenheiten des Streitfalls habe das zwar zur Folge, dass die Klägerin gegebenenfalls die einbehaltenen und abgeführten Abzugsbeträge von der Beigeladenen herausfordern müsse.

Das entspreche indes der gesetzlichen Regelungskonzeption, die dem Vergütungsschuldner bei rechtsgrundlos vorgenommenem Steuerabzug das Recht zugestehe, die Steueranmeldung zu korrigieren und seinerseits die Erstattung der abgeführten Beträge geltend zu machen.

Es sei nicht Sache der beteiligten Finanzbehörden, sich mit dem zivilrechtlichen Innenverhältnis zwischen Vergütungsschuldner und Vergütungsgläubiger zu beschäftigen. Gerade der Streitfall zeige, dass dies auch sachgerecht ist, weil es Doppelerstattungen verhindert.

 

Hinweis

1. Das Urteil wurde – auf ausdrücklichen Wunsch und auf Anregung des BMF – vom BFH nachträglich zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt.

Es betrifft einen sehr besonderen Sachverhalt, klärt aber generell das Verhältnis zwischen einem allgemeinen Erstattungs...

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