Rz. 9

Eine landwirtschaftliche Tierhaltung bis zu 2,0 Vieheinheiten je Hektar selbst bewirtschafteter Flächen ist mit dem Reinertrag der landwirtschaftlichen Nutzung gem. § 237 Abs. 1 und 2 BewG i. V. m. Anlage 27 zum BewG abgegolten (§ 237 BewG Rz. 16, 17). Nur soweit dieser – normale – Tierbestand nachhaltig überschritten wird, ordnet § 238 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Anlage 27 BewG einen Zuschlag zum Reinertrag der landwirtschaftlichen Nutzung je überzähliger Vieheinheit an.[1]

Die ertragswerterhöhenden Umstände bei verstärkter Tierhaltung werden mithin auf der Grundlage der selbst bewirtschafteten Flächen der landwirtschaftlichen Nutzung durch Viehzuschläge erfasst. Mit den Viehzuschlägen werden der erhöhte Tierbestand und die dazu notwendigen Wirtschaftsgebäude abgegolten.[2]

Die Anwendung des § 238 Abs. 1 Nr. 1 BewG setzt zunächst voraus, dass es sich um einen der landwirtschaftlichen Nutzung zuzuordnenden Tierbestand handelt. Soweit wegen Überschreiten der Vieheinheitengrenzen des § 241 BewG ein gewerblicher Tierbestand (eine gewerbliche Tierhaltung) vorliegt (§ 232 BewG Rz. 42), scheidet eine Zurechnung zum Betrieb der Land- und Forstwirtschaft als wirtschaftliche Einheit des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens aus.

Unter der vorgenannten Grundvoraussetzung liegt eine verstärkte – landwirtschaftliche – Tierhaltung i. S. d. § 238 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Anlage 27 BewG vor, wenn der tatsächliche Tierbestand im maßgeblichen Feststellungszeitpunkt (§ 235 BewG) die Grenze von zwei Vieheinheiten je Hektar selbst bewirtschafteter Fläche der landwirtschaftlichen Nutzung nachhaltig überschreitet.

Bei der Beurteilung, ob es sich im Feststellungszeitpunkt um eine nachhaltige Überschreitung der Zwei-Vieheinheiten-Grenze handelt, ist analog zu § 241 BewG auf die Grundsätze zum Strukturwandel zurückzugreifen (s. auch § 232 BewG Rz. 40). Ist wegen fehlender struktureller, auf Dauer angelegter Maßnahmen, die zu einer wiederholten Überschreitung der Vieheinheitengrenze geführt haben, zunächst nicht erkennbar, ob ein nachhaltiger Strukturwandel vollzogen wurde, ist ein Beobachtungszeitraum von drei Wirtschaftsjahren zugrunde zu legen. Wird die Vieheinheitengrenze in diesem Zeitraum regelmäßig auch nur geringfügig überschritten, ist die Überschreitung der Vieheinheitengrenze ab dem vierten Wirtschaftsjahr relevant (sog. allmählicher oder schleichender Strukturwandel). Von dem Fall des allmählichen oder schleichenden Strukturwandels ist der Fall des sofortigen Strukturwandels zu unterscheiden, in dem der Landwirt durch auf Dauer angelegte planmäßige Maßnahmen seinen Betrieb bewusst so umstrukturiert, dass die Vieheinheitengrenze nachhaltig überschritten wird.[3] Beim einem sog. sofortigem Strukturwandel ist mithin bereits die erstmalige Überschreitung der Vieheinheitengrenze relevant.

 

Rz. 10

Liegen die Voraussetzungen einer verstärkten – landwirtschaftlichen – Tierhaltung vor (Rz. 9), ist gem. § 238 Abs. 1 Nr. 1 BewG i. V. m. Anlage 27 BewG für jede über einen Besatz von 2,0 Vieheinheiten je Hektar selbst bewirtschafteter Fläche der landwirtschaftlichen Nutzung hinausgehende Vieheinheit ein Zuschlag von 79 EUR vorzunehmen.

Auszug aus Anlage 27 BewG[4]

 
Zuschläge für Bezugseinheit in EUR
Verstärkte Tierhaltung je Vieheinheit über einem Besatz von 2,0 VE je Hektar selbst bewirtschafteter Fläche der landwirtschaftlichen Nutzung 79,00

Für die Höhe des Zuschlags sind mithin zwei Größen maßgeblich. Zum einen, der in Vieheinheiten umgerechnete tatsächliche Tierbestand, und zum anderen, die selbst bewirtschaftete Fläche der landwirtschaftlichen Nutzung.

Als Vieheinheiten sind nur die Tierbestände der landwirtschaftlichen Nutzung zu berücksichtigen. Eventuell vorhandene gewerbliche Viehbestände sind für die Anwendung des § 238 Abs. 1 Nr. 1 BewG unerheblich.[5] Die Umrechnungsschlüssel für Tierbestände in Vieheinheiten sind Anlage 34 BewG zu entnehmen.

Die selbst bewirtschaftete Fläche der landwirtschaftlichen Nutzung setzt sich aus der Eigentumsfläche der landwirtschaftlichen Nutzung zuzüglich zugepachteter Flächen der landwirtschaftlichen Nutzung abzüglich verpachteter Flächen der landwirtschaftlichen Nutzung zusammen. Nach Auffassung der Finanzverwaltung gehören darüber hinaus auch die selbst bewirtschafteten Flächen der Sondernutzungen Hopfen und Spargel zur selbst bewirtschaftete Fläche der landwirtschaftlichen Nutzung.[6]

Mit der Berücksichtigung der selbst bewirtschafteten Fläche wird bei der Ermittlung des Zuschlags der Grundsatz der Eigentümerbesteuerung durchbrochen, um die verstärkte Tierhaltung beim Tierhalter zu erfassen. Soweit in einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft mit landwirtschaftlicher Tierhaltung i. S. d. § 241 BewG keine Eigentumsflächen der landwirtschaftlichen Nutzung vorliegen, ergibt sich nach § 237 Abs. 2 BewG ein Reinertrag von 0 EUR, auf den der Zuschlag für verstärkte Tierhaltung vorzunehmen ist. Mit dem Zuschlag sind alle mit der verstärkten Tierhaltung in Zusammenhang stehenden Wirtschaftsgebäude, Betrie...

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