Rz. 21
In § 241 Abs. 3 BewG werden die gem. § 241 Abs. 2 BewG zur Abgrenzung der landwirtschaftlichen von der gewerblichen Tierzucht/-haltung (Rz. 17, 18) maßgeblichen Zweige des Tierbestandes konkretisiert.
Als Zweig des Tierbestands gilt gem. § 241 Abs. 3 S. 1 bei jeder Tierart für sich
- das Zugvieh,
- das Zuchtvieh,
- das Mastvieh und
- das übrige Nutzvieh.
Die einzelnen Tierarten ergeben sich aus der Anlage 34 BewG.
Beim Zuchtvieh einer Tierart besteht die Besonderheit, dass es gem. § 241 Abs. 3 S. 2 BewG nur dann als besonderer Zweig des Tierbestands gilt, wenn die erzeugten Jungtiere überwiegend zum Verkauf bestimmt sind. Ist das nicht der Fall, so ist das Zuchtvieh gem. § 241 Abs. 3 S. 3 BewG dem Zweig des Tierbestands zuzurechnen, dem es überwiegend dient.
Nach der herrschenden Meinung umfasst der Begriff "Zuchtvieh" sowohl die Elterntiere als auch die erzeugten Jungtiere. Unter dieser Prämisse gehören z. B. bei der Zucht und Haltung von Schweinen die Zuchtsauen und die selbsterzeugten Ferkel immer demselben Zweig des Tierbestandes an. Wenn die selbsterzeugten Ferkel überwiegend zum Verkauf bestimmt sind, bilden sie mit den Zuchtsauen den Tierbestandszweig "Schweinezucht". Bleiben die selbsterzeugten Ferkel hingegen überwiegend im Betrieb zur Mast, so gehören sie mit den Zuchtschweinen zu dem Tierbestand "Schweinemast".
Nach anderer Auffassung umfasst der Begriff "Zuchtvieh" hingegen nur die Tiere, die zur Zucht eingesetzt werden (also nur die Elterntiere). Die erzeugten Tiere müssen daher entsprechend der Verwendungsabsicht zugeordnet werden. Werden z. B. von einem Betrieb zur Zucht und Ausbildung von Reitpferden Zuchtstuten und zum Verkauf bestimmte Pferde gehalten, bilden die Zuchtstuten (Zuchtvieh i. S. d. § 241 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BewG) und die zum Verkauf bestimmten Pferde einschließlich der ebenfalls zum Verkauf bestimmten jungen Pferde unter 3 Jahren (übriges Nutzvieh i. S. d. § 241 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 BewG) zwei eigenständige Zweige des Tierbestandes. Der Zuordnung von Tieren zum Tierzweig "übriges Nutzvieh" steht nicht entgegen, dass die Tiere zum Verkauf bestimmt waren. Maßgeblich für die Abgrenzung der Tierzweige ist die spätere Bestimmung der Tiere.
Die Junghennenaufzucht und die Legehennenhaltung gehören zum Zweig des Tierbestandes "übriges Nutzvieh" und nicht zum "Mastvieh". Jungschweine, die ein Gewicht von 20 kg überschreiten, können nicht mehr dem Tierzweig "Ferkel" zugeordnet werden, es handelt sich vielmehr um (leichte) Läufer.
Abgrenzung zwischen landwirtschaftlicher und gewerblicher Tierzucht/-haltung
Im Feststellungszeitpunkt werden von einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft auf einem Flurstück mit einer Größe von 30 ha nachhaltig folgende Tiere gehalten bzw. erzeugt:
Tierart |
Anzahl |
VE/Tier |
Vieheinheit (VE) |
Milchkühe |
100 |
1,0 |
= 100,00 |
Rinder/Jungvieh |
20 |
0,7 |
= 14,00 |
Mastschweine |
500 |
0,16 |
= 80,00 |
Legehennen |
6.000 |
0,02 |
= 120,00 |
Summe |
= 314,00 |
Die Vieheinheitengrenze des § 241 Abs. 1 BewG von 270 VE (20 ha x 10 VE = 200 VE + 10 ha x 7 VE = 70 VE) wird durch den tatsächlichen Tierbestand nachhaltig überschritten. Zu den weniger flächenabhängigen Zweigen des Tierbestandes gehören gem. Anlage 35 BewG die Schweinemast und die Legehennenhaltung. Die Legehennenhaltung ist gem. § 241 Abs. 2 S. 3 BewG der gewerblichen Tierzucht/-haltung zuzuordnen, da sie innerhalb der Gruppe der weniger flächenabhängigen Zweige des Tierbestandes die größere Zahl von Vieheinheiten aufweist. Zur landwirtschaftlichen Tierhaltung gehören nach dem Ausscheiden der Legehennenhaltung nur noch 194 VE (314 VE abzüglich 120 VE).
Die zur landwirtschaftlichen Tierhaltung gehörenden Vieheinheiten sind zugleich die Ausgangsgröße für die Prüfung, ob ein Zuschlag zum Reinertrag der landwirtschaftlichen Nutzung gem. § 238 Abs. 1 Nr. 1 BewG i. V. m. Anlage 27 BewG wegen verstärkter Tierhaltung in Betracht kommt (§ 238 BewG Rz. 9, 10). Im vorliegenden Fall wird die Grenze von zwei VE je Hektar selbst bewirtschafteter Fläche der landwirtschaftlichen Nutzung nachhaltig überschritten. Im Betrieb werden 6,46 Vieheinheiten je Hektar selbst bewirtschafteter Fläche der landwirtschaftlichen Nutzung (194 Vieheinheiten dividiert durch 30 ha ≈ 6,46 VE je Hektar) gehalten. Für die Überschreitung der Zwei-Vieheinheiten-Grenze um 4,46 VE ergibt sich ein Zuschlag für verstärkte Tierhaltung gem. § 238 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Anlage 27 BewG in Höhe von 10.570,20 EUR (4,46 VE x 30 ha x 79 EUR).
Rz. 22
Entsprechend der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist eine gewerbliche Tierzucht oder gewerbliche Tierhaltung jede Tierzucht oder Tierhaltung, der i. S. d. § 241 BewG keine bzw. keine ausreichenden landwirtschaftlichen Nutzflächen als Futtergrundlage zur Verfügung stehen. Tierbestände oder Zweige von Tierbeständen, die die Grenzen des § 241 BewG nachhaltig überschreiten, gehören nicht zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen, sondern für Zwecke der Grundsteuer i. S. d. § 218 BewG zum Grundvermögen. Sie bilden mit den dazug...