Rz. 30

Nach welchen Vorschriften die Wohn- und ggf. Nutzflächen zu ermitteln sind, wird weder im Gesetz noch in den Gesetzesmaterialien explizit vorgegeben.

Ausgehend von den Verwaltungsanweisungen für die Ermittlung des Verhältnisses von Wohn- und Nutzfläche zur Abgrenzung der Grundstücksarten[1] ist jedoch grundsätzlich davon auszugehen, dass die Wohnfläche nach der Wohnflächenverordnung (WoFlV) vom 25.11.2003[2] und die Nutzfläche nach der DIN 277 in der jeweils geltenden Fassung zu ermitteln ist.[3] Ist die Wohnfläche zulässigerweise bis zum 31.12.2003 nach der II. Berechnungsverordnung[4] berechnet worden und haben sich keine baulichen Änderungen ergeben, bestehen aus Sicht der Finanzverwaltung keine Bedenken, wenn diese Berechnung hilfsweise herangezogen wird.[5]

Wenngleich die Wohnflächenverordnung für die Berechnung der Wohnfläche nach dem Wohnraumförderungsgesetz erlassen wurde, haben sich die Berechnungsweisen auch außerhalb des Bereichs der öffentlichen Wohnraumförderung durchgesetzt und sie werden allgemein anerkannt.[6] Sie finden in der Bewertungspraxis selbst auf die Ermittlung von gewerblichen Flächen (Nutzflächen) weitgehend Anwendung.[7] Im Rahmen der Bewertung ist grundsätzlich maßgeblich, welche Flächenberechnungsvorschrift den herangezogenen Mieten zugrunde lag (Konformität der Flächenberechnung).[8] Die Maßgaben der Wohnflächenverordnung decken sich im Wesentlichen mit der Berechnung der Wohnfläche, die der Mikrozensus – Zusatzerhebung 2018 des Statistischen Bundesamtes zugrunde lag[9], die wiederum die Grundlage für die Ableitung der Nettokaltmieten in der Anlage 39 zum BewG bildete (Rz. 13, 15).

Vom Bereich der öffentlichen Wohnraumförderung abgesehen gibt es keine verbindlichen Vorgaben für die Ermittlung der Wohn- und Nutzfläche.[10] Insoweit kann auch für die Berechnung der Nutzfläche in gewerblich, industriell oder freiberuflich genutzten Gebäuden oder Gebäudeteilen nicht auf allgemeinverbindliche Vorschriften zurückgegriffen werden.[11] Nach der aktuellen Fassung der DIN 277:2021-08 stellt die Nutzungsfläche (NUF), bis zur DIN 277-1:2016-01 Nutzfläche (NF), den Anteil der Netto-Raumfläche (NRF) dar, der den Zweckbestimmungen des Bauwerks dient. Die Nutzungsfläche lässt sich weiter untergliedern in die Nutzungsflächen:

  • Wohnen und Aufenthalt (NUF 1),
  • Büroarbeit (NUF 2),
  • Produktion, Hand- und Maschinenarbeit, Forschung und Entwicklung (NUF 3),
  • Lagern, Verteilen und Verkaufen (NUF 4),
  • Bildung, Unterricht und Kultur (NUF 5),
  • Heilen und Pflegen (NUF 6) sowie
  • sonstige Nutzungen (NUF 7).

Die Nutzungsfläche ist insbesondere von dem Anteil der Netto-Raumfläche für die technischen Anlagen zur Versorgung und Entsorgung des Bauwerks (Technikfläche – TF) sowie für die horizontale und vertikale Verkehrserschließung des Bauwerks (Verkehrsflächen – VF) abzugrenzen. Für die Ermittlung der Netto-Raumfläche sind die lichten Maße zwischen den Baukonstruktionen in Höhe der Oberkanten der Boden- bzw. Deckenbeläge anzusetzen.[12]

Ein Rückgriff auf die von der Gesellschaft für immobilienwirtschaftliche Forschung e. V. (gif) entwickelte Richtlinie zur Berechnung der Mietfläche für gewerblichen Raum (MFG) ist in den Verwaltungsanweisungen nicht vorgesehen.

In der Praxis sollten nicht zu hohe Maßstäbe an die Flächenberechnungen gelegt werden. In der Anleitung zur Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts (Vordruck GW-2) wird daher aus Vereinfachungsgründen darauf hingewiesen, dass die Angaben zur Ermittlung der Wohn- und Nutzflächen in der Regel aus den Bauunterlagen oder dem Mietvertrag entnommen werden können.

Nach der herrschenden Meinung in der Fachkommentierung zur Verkehrswertermittlung können bei der Ertragswertermittlung von Wohnimmobilien im Allgemeinen die Unterschiede zwischen der Flächenberechnung nach der Wohnflächenverordnung, der Zweiten Berechnungsverordnung sowie der DIN 283 und DIN 277 vernachlässigt werden, da in Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH zu Flächenabweichungen zwischen der tatsächlichen und der im Mietvertrag ausgewiesenen Wohnungsgröße bis zu 10 % hinzunehmen sind.[13]

 

Rz. 31

Nach der Wohnflächenverordnung (WoFlV)[14] umfasst die Wohnfläche einer Wohnung die Grundflächen der Räume, die ausschließlich zu dieser Wohnung gehören. In diesem Sinne gehören auch die ausschließlich zu der Wohnung gehörenden Grundflächen von Wintergärten, Schwimmbädern und ähnlichen nach allen Seiten geschlossenen Räumen sowie Balkonen, Loggien, Dachgärten und Terrassen zur Wohnfläche.

Nicht zur Wohnfläche gehören hingegen die Grundflächen der Zubehörräume, Geschäftsräume und der Räume, die nicht den an ihre Nutzungen zu stellenden Anforderungen des Bauordnungsrechts der Länder genügen (§ 2 Abs. 3 WoFlV). Zu letzterem ist jedoch anzumerken, dass nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Einheitsbewertung nicht entscheidend ist, ob die Flächen bauordnungsrechtlich allen Anforderungen an Wohn- oder Aufenthaltsräume genügen. Es ist grundsätzlich unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu ent...

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