OFD Frankfurt, Verfügung v. 7.5.2010, S 7279 A - 26 - St 113
Nach der bisherigen Rechtslage (bis 31.12.2009) befindet sich der Leistungsort bei der Abgabe von Speisen und Getränken, die an Bord eines Schiffs, in einem Luftfahrzeug oder in einer Eisenbahn während einer Beförderung an Reisende erbracht werden, nach § 3a Abs. 1 UStG am Sitz des leistenden Unternehmers. Das Beförderungsmittel selbst stellt keine Betriebsstätte des leistenden Unternehmers dar, da dort nicht die wesentlichen Entscheidungen (z.B. Wareneinkauf, Personalplanung) getroffen und außer den Kopien der Kassenbelege keine Aufzeichnungen geführt werden.
Durch die Neuregelung des § 3e UStG gilt seit dem 1.1.2010 bei einer derartigen Restaurationsleistung innerhalb des Gemeinschaftsgebiets der Abgangsort der Beförderung als Leistungsort. Der Abgangsort ist der erste Ort innerhalb des Gemeinschaftsgebiets, an dem Reisende in das Beförderungsmittel einsteigen können (§ 3e Abs. 2 Satz 2 UStG). Werden Restaurationsleistungen von einem im Ausland ansässigen Unternehmer erbracht und befindet sich der Abgangsort der Beförderung innerhalb des Gemeinschaftsgebiets in Deutschland, verlagert sich die Steuerschuldnerschaft nach § 13b UStG auf den Leistungsempfänger, wenn dieser Unternehmer ist. Folglich müsste jeder einzelne reisende Unternehmer, der Restaurationsleistungen bezieht, diese bei dem für ihn zuständigen FA erklären, und zwar unabhängig davon, ob er die Leistungen für sein Unternehmen oder für private Zwecke bezogen hat (vgl. hierzu § 13b Abs. 2 Satz 3 i.V. mit Satz 1 UStG).
Beispiel:
Der Zug eines schweizerischen Unternehmers fährt von Zürich (Schweiz) über München nach Verdun (Frankreich). Auf der gesamten Wegstrecke werden Restaurationsleistungen erbracht.
Lösung:
Die Restaurationsleistungen, die auf der Wegstrecke ab München erbracht werden, sind seit 1.1.2010 in Deutschland umsatzsteuerbar, weil nach § 3e Abs. 1 UStG n. F. der Abgangsort innerhalb des Gemeinschaftsgebiets in München liegt (erster möglicher Einstieg im Gemeinschaftsgebiet). Werden die Restaurationsleistungen an einen Nicht-Unternehmer (Privatperson) erbracht, schuldet der schweizerische Unternehmer die Umsatzsteuer in Deutschland. Handelt es sich bei dem Leistungsempfänger hingegen um einen Unternehmer, verlagert sich die Steuerschuldnerschaft nach § 13b UStG mangels einer inländischen Betriebsstätte des schweizerischen Unternehmers auf den Leistungsempfänger. Handelt es sich bei dem Steuerschuldner um einen in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Unternehmer, müsste dieser sich ggf. in Deutschland für diese Zwecke umsatzsteuerlich registrieren lassen und die deutsche Umsatzsteuer abführen.
Das Ergebnis aus der Neuregelung des § 3e UStG ist nicht handhabbar. Zwischenzeitlich liegt hierzu ein Referentenentwurf für das JStG 2010 vor, in dem diese Leistungen aus dem Anwendungsbereich des § 13b UStG herausgenommen werden sollen. Nach einem Beschluss der Vertreter der obersten Finanzbehörden der Länder und des Bundes ist es bis zum Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung nicht zu beanstanden, wenn die leistenden, nicht im Inland ansässigen Unternehmer derartige Leistungen bereits 2010 der Umsatzbesteuerung unterwerfen. Weist der leistende Unternehmer in derartigen Fällen Umsatzsteuer in einer Rechnung aus, wird es ebenfalls nicht beanstandet, wenn der Leistungsempfänger unter den Voraussetzungen des § 15 UStG insoweit einen Vorsteuerabzug in Anspruch nimmt. Von einer Anwendung des § 13b UStG kann insoweit wegen sachlicher Unbilligkeit abgesehen werden.
Die Nichtbeanstandungsregelung gilt für sämtliche im Inland steuerpflichtige Restaurationsleistungen im Schienenbahnverkehr sowie an Bord von Schiffen oder Flugzeugen, wenn die Leistungen von einem nicht im Inland ansässigen Unternehmer an andere Unternehmer oder juristische Personen erbracht werden.
Normenkette
UStG § 3e
UStG § 13b
UStG § 15