Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Gewerbesteuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 Buchst. d GewStG eines ambulanten Pflegedienstes für Gewinn aus der Gestellung von Pflegepersonal an andere Einrichtungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Überlässt ein ambulanter Pflegedienst anderen Einrichtungen wie Altenheimen und privaten Kliniken in erheblichem Umfang Pflegepersonal, das zum Teil eigens für die Überlassung angestellt wurde, so sind die damit erzielten Erträge nicht nach § 3 Nr. 20 Buchst. d GewStG von der Gewerbesteuer befreit. Die diesen Erträgen zu Grunde liegenden Leistungen des ambulanten Pflegedienstes werden gegenüber den anderen Einrichtungen als Vertragspartner erbracht und stellen keine Leistungen der privilegierten „Einrichtung zur ambulanten Pflege“ gegenüber Kranken und pflegebedürftigen Personen dar.
2. Bei der Auslegung der Vorschrift ist auch zu berücksichtigen, dass der ambulante Pflegedienst insoweit in unmittelbarem Wettbewerb zu anderen, nicht gewerbesteuerbefreiten Arbeitnehmerüberlassern steht; die Wettbewerbsneutralität des Steuerrechts gebietet insoweit, die aus der Personalgestellung erzielten Erträge nicht in die Steuerbefreiung einzubeziehen.
Normenkette
GewStG § 3 Nr. 20 Buchst. d
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob Einkünfte der Klägerin, die einen mobilen Pflegedienst betreibt, aus der Überlassung von (Pflege-)Arbeitskräften an andere Einrichtungen (Seniorenheime, Privatklinik) von der Gewerbesteuer befreit sind.
Die Klägerin betreibt seit ... einen ambulanten Pflegedienst, mit dem sie unter Einsatz von ausgebildeten Pflegekräften kranke und pflegebedürftige Patienten zumeist in deren Wohnungen pflegt.
Ab dem Jahr 2005 begann die Klägerin mit verschiedenen Einrichtungen so genannte „Kooperationsverträge“ zu schließen, wonach die Klägerin als Leistungserbringerin den Leistungsnehmern Pflegekräfte zur Verfügung stellte. In den jeweiligen Verträgen heißt es u. a.:
„Leistungen sind Arbeitsstunden der Pflegemitarbeiter. Inhalt der Leistungen gibt im Detail der Leistungsnehmer vor, Rahmen sind Leistungen gemäß SGB XI und SGB V.
Der Umfang der Leistungsabnahme findet in Absprache statt, gemessen an dem Bedarf des Leistungsnehmers und den Ressourcen des Leistungserbringers.
…….“
Im Streitjahr (2007) stellte die Klägerin auf der Grundlage der jeweiligen Kooperationsverträge dem ... und dem ... das ganze Jahr über Personal; der ... und der ... wurde ca. 5 Monate und der ... ca. 6 Monate Personal gestellt. Ausweislich der Kooperationsverträge sollten examinierte Pflegefachkräfte, Pflegehelfer und Hauswirtschaftskräfte, zum Teil auch Beschäftigungsassistenten zu den in den Kooperationsverträgen jeweils bezeichneten Kosten pro Arbeitsstunde zur Verfügung gestellt werden. Die Pflegefachkräfte mit dreijähriger Ausbildung waren für die medizinische Versorgung und Organisation, die Pflegehilfskräfte für die grundpflegerische Versorgung und die angelernten Hauswirtschaftskräfte für Küche und Reinigung zuständig.
Ausweislich der Gewinnermittlung der Klägerin erzielte sie mit der Gestellung von Pflegepersonal im Jahr 2007 einen Ertrag von 502.822,29 €. Nach Auffassung der Klägerin waren sämtliche Umsätze und Einkünfte aus dieser Tätigkeit nach § 4 Nr. 16 Buchst. e Umsatzsteuergesetz (UStG) in der im Streitjahr geltenden Fassung von der Umsatzsteuer und nach § 3 Nr. 20 Buchst. d Gewerbesteuergesetz (GewStG) auch von der Gewerbesteuer befreit.
Vom 29. Juli bis 10. November 2009 fand bei der Klägerin eine Außenprüfung statt. Der Prüfer gelangte zu dem Ergebnis, dass für den Bereich der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung weder die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG noch die Gewerbesteuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 Buchst. d GewStG greife. Zwar könnten private Anbieter ambulanter Pflegeleistungen, deren Kosten in mindestens 40 % der Fälle ganz oder zum überwiegenden Teil von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder der Sozialhilfe getragen würden, die Steuerbefreiung beanspruchen. Mit dem Betrieb der in den genannten Normen bezeichneten Einrichtungen seien auch solche Umsätze eng verbunden, die für diese Einrichtung nach der Verkehrsauffassung typisch und unerlässlich seien, regelmäßig und allgemein beim laufenden Betrieb vorkämen und damit unmittelbar oder mittelbar zusammenhingen. Die Umsätze dürften jedoch nicht im Wesentlichen dazu bestimmt sein, den Einrichtungen zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die im unmittelbaren Wettbewerb zu steuerpflichtigen Umsätzen anderer Unternehmer stünden. Die Klägerin stehe aber mit ihrer gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung in Konkurrenz zu anderen steuerpflichtigen Unternehmen, so dass sie sich insoweit nicht auf die Steuerbefreiungsvorschriften stützen könne.
Der Betriebsprüfer ermittelte einen auf die gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung entfallenden Gewinn, indem er den insoweit angegebenen Bruttoerlösen von 502.822,29 € anteilige Bruttoaufwendungen (44,83 %) von 404.471,83 € gegenüberstellte und von dem so er...