Rz. 42
Nach dem durch das DAC 7-UmsG v. 20.12.2022 eingefügten Abs. 3 S. 1 AO kann mit der Prüfungsanordnung die Vorlage von aufzeichnungs- oder aufbewahrungspflichtigen Unterlagen innerhalb einer bestimmten Frist verlangt werden. Die von dem Stpfl. eingereichten Unterlagen sollen es der Finanzbehörde insbesondere ermöglichen, gemäß dem ebenfalls neu eingefügten Abs. 4 Prüfungsschwerpunkte für die Außenprüfung festzulegen, und dadurch für eine effektivere und schnellere Durchführung der Außenprüfung sorgen.
Rz. 43
Gegenstand des Vorlageverlangens können nach dem Gesetzeswortlaut aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtige Unterlagen sein. Der Begriff "aufzeichnungspflichtige Unterlagen" ist zumindest ungenau. Die gesetzlichen Aufzeichnungspflichten beziehen sich nicht auf Unterlagen, sondern auf Vorgänge. Mit den "aufzeichnungspflichtigen Unterlagen" können daher nur Unterlagen über aufzeichnungspflichtige Vorgänge gemeint sein. Die Aufbewahrungspflicht in Bezug auf diese Unterlagen ist Folge der Aufzeichnungspflicht und damit gegenüber dieser akzessorisch.
Zu den aufzeichnungspflichtigen Vorgängen gehören insbesondere der Wareneingang und der Warenausgang gewerblicher Unternehmen sowie die Kasseneinnahmen und -ausgaben.
Aufbewahrungspflichten sieht das Gesetz vor für
- Bücher und Aufzeichnungen, Inventare, Jahresabschlüsse, Lageberichte, die Eröffnungsbilanz sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen,
- die empfangenen Handels- oder Geschäftsbriefe,
- Wiedergaben der abgesandten Handels- oder Geschäftsbriefe,
- Buchungsbelege,
- Unterlagen nach Art. 15 Abs. 1 und Art. 163 UZK,
- sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind.
Darüber hinaus haben Stpfl., bei denen die Summe der positiven Einkünfte nach § 2 Abs. 1 Nr. 4-7 EStG (Überschusseinkünfte) mehr als 500.000 EUR im Kalenderjahr beträgt, Aufzeichnungen und Unterlagen über die den Überschusseinkünften zugrunde liegenden Einnahmen und Werbungskosten aufzubewahren.
Rz. 44
Verlangt werden kann die Vorlage der Aufzeichnungen und Unterlagen innerhalb einer angemessenen Frist. Ebenso wie im Fall des Abs. 1 S. 1 handelt es sich bei dem Begriff der Angemessenheit um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Nach dem Zweck des § 197 Abs. 3 AO muss die Frist so bemessen sein, dass der Stpfl. dazu in der Lage ist, die vorzulegenden Unterlagen mit zumutbarem Aufwand zusammenzustellen und vorzulegen. Die in § 5 Abs. 4 S. 2 BpO genannten Fristen sollen hierfür einen Anhaltspunkt bieten können. Allerdings kann die Frist für die Vorlage für die Vorlage der Unterlagen auch schon vor dem Beginn der Außenprüfung enden. Im Hinblick auf den Zweck des § 197 Abs. 3 AO dürfte dies sogar die Regel sein, weil die Verbindung des Vorlageverlangens mit der Prüfungsanforderung nur dann Sinn ergibt, wenn der Prüfer die Möglichkeit hat, die eingereichten Unterlagen noch vor Beginn der Prüfung zu sichten und im Hinblick auf die Bildung von Prüfungsschwerpunkten i. S. d. Abs. 4 zu bewerten.
Für die Vorlage von Aufzeichnungen i. S. d. § 90 Abs. 3 AO (Dokumentation von Geschäftsbeziehungen mit nahestehenden Personen) sind in § 90 Abs. 3 S. 7 und 8 AO derzeit noch Fristen von 60 bzw. 30 Tagen vorgesehen, die auch im Rahmen des § 197 Abs. 3 AO beachtet werden müssten. Nach dem zum 1.1.2025 in Kraft tretenden § 90 Abs. 4 S. 2 und 3 AO sind diese Unterlagen im Falle einer Außenprüfung ohne gesondertes Verlangen innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung vorzulegen.
Rz. 45
Die Vorlage der Unterlagen kann nach § 197 Abs. 3 S. 1 AO "mit der Prüfungsanordnung" verlangt werden. Wie sich schon aus der Präposition "mit" ergibt, bildet das Vorlageverlangen einen eigenständigen Verwaltungsakt, der nur äußerlich mit der Prüfungsanordnung verbunden ist. Der Erlass eines Vorlageverlangens ist nach dem Wortlaut der Vorschrift ("kann") in das Ermessen der Finanzbehörde gestellt. Dieses Ermessen bezieht sich nicht nur auf die Frage, ob die Finanzbehörde von der Ermächtigung des § 197 Abs. 3 S. 1 AO Gebrauch macht, sondern auch darauf, die Vorlage welcher Unterlagen sie von dem Stpfl. verlangt. Im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot des § 119 Abs. 1 AO müssen die einzureichenden Unterlagen so genau bezeichnet werden, dass der Stpfl. den Umfang der Vorlagepflicht zweifelsfrei erkennen kann. Zur Begründung der Ermessensentscheidung dürfte im Allgemeinen der Hinweis auf die gesetzliche Ermächtigung ausreichend sein.
Als belastender Verwaltungsakt kann das Vorlageverlangen mit Einspruch und Anfechtungsklage angefochten werden. Die Anfechtung kann auch darauf gestützt werden, dass die für die Vorlage gesetzte Frist unangemessen kurz bemessen sei. Vorläufiger Rechtsschutz kann durch Aussetzung der Vollziehung gewährt werden.
Rz. 46
Besondere Regelungen zur Durchsetzung des Vorlageverlangens nach § 197 Abs. 3 S. 1 AO enthält das Gesetz nicht. Die Festsetzun...