Rz. 9

Die wichtigsten Bestimmungen über Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten normiert das Handelsrecht für den Kaufmann.[1] Gemäß § 238 HGB ist der Kaufmann zur Buchführung verpflichtet. Kaufmann ist nach § 1 Abs. 1 HGB jeder, der ein Handelsgewerbe betreibt (Ist-Kaufmann). Ein Handelsgewerbe i. S. d. HGB ist jede erkennbar planmäßige und auf Dauer angelegte, selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit am Markt, sofern es sich nicht um eine freiberufliche, wissenschaftliche oder künstlerische Tätigkeit handelt.[2] Ein Handelsgewerbe liegt nach § 1 Abs. 2 HGB nicht vor, wenn das betriebene Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.[3] Ob ein gewerbliches Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, beurteilt sich nach dem Gesamtbild des Betriebs.[4] Die Abgrenzung zwischen dem Kaufmann und dem Kleingewerbetreibenden richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, wobei auf das Gesamtbild des Betriebs abzustellen ist.[5]

 

Rz. 10

Im Übrigen gilt nach § 2 S. 1 HGB als Handelsgewerbe i. d. S. jedes gewerbliche Unternehmen, dessen Firma im Handelsregister eingetragen ist. Der Unternehmer eines gewerblichen Unternehmens ist berechtigt, nicht aber verpflichtet, sich in das Handelsregister eintragen zu lassen. Mit der Eintragung wird er zum Kaufmann.[6] Dies gilt auch für einen Kleingewerbetreibenden und gem. § 3 Abs. 2 HGB für ein land- und forstwirtschaftliches Unternehmen.[7]

 

Rz. 11

Als handelsrechtliche Besonderheit ist u. a. § 241a HGB zu beachten, der durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz v. 25.5.2009[8] in das HGB eingefügt wurde. Die Grenzen wurden dann durch das Bürokratieentlastungsgesetz[9] für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2015 beginnen, angehoben. Eine weitere Erhöhung erfolgte ab 1.1.2024[10] durch das Wachstumschancengesetz.[11] Nach dieser Bestimmung sind ausschließlich kleine Einzelkaufleute mit Umsatzerlösen unter 800.000 EUR (600.000 EUR bis 31.12.2023, bis 31.12.2015 500.000 EUR) und unter einem Jahresüberschuss von 80.000 EUR (60.000 EUR, bis 31.12.2023, bis 31.12.2015 50.000 EUR) in zwei Geschäftsjahren hintereinander von der handelsrechtlichen Buchführungspflicht befreit.[12] Auch § 140 AO greift in diesen Fällen nicht, sodass § 141 AO zu prüfen bleibt.[13] Greift dieser ebenfalls nicht, kann die steuerliche Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG erfolgen.[14]

 

Rz. 12

Die für den Kaufmann gegebenen Vorschriften (s. Rz. 9) finden auch auf Handelsgesellschaften Anwendung.[15] Diese sind sogenannte Formkaufleute. Die Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten bestehen demgemäß für OHG und KG nach §§ 120 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB[16], für Kapitalgesellschaften nach §§ 264ff. HGB, §§ 270, 286 AktG, §§ 4142 GmbHG, §§ 3333g GenG, die haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft ist eine Sonderform der GmbH und keine eigene Gesellschaftsform; für Konzerne nach §§ 290ff. HGB; für die deutsche europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) s. § 1 EWIVG v. 14.4.1988, BGBl I 1988, 514. Die Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea) als Sonderform der AG hat die deutschen Rechnungslegungsbestimmungen zu beachten, wenn sie ihren Sitz in Deutschland hat. Die stille Gesellschaft ist eine reine Innengesellschaft, bei der Aufzeichnungspflichten nur für den Betriebsinhaber bestehen.[17] Dies gilt gleichermaßen für eine stille Gesellschaft, die als typische stille Gesellschaft bezeichnet wird, da sie gemäß den Bestimmungen des HGB ausgestaltet ist, wie für die sog. atypische stille Gesellschaft, bei der es sich um ein rein steuerliches Konstrukt handelt und bei der der stille Gesellschafter Mitunternehmer ist.[18] Werden mehrere selbstständige Gewerbebetriebe geführt, so kann die Kaufmannseigenschaft und damit auch die Buchführungspflicht für jeden Betrieb unterschiedlich sein.[19] Eine vermögensverwaltende Personengesellschaft kann Kaufmann nach § 6 HGB sein, sodass diese nach § 238 HGB verpflichtet ist, Bücher zu führen. Für diese gilt somit auch § 140 AO.[20]

 

Rz. 12a

Der Bundestag hat am 29. November 2012 dem Gesetz zur Änderung des Bilanzrechts für kleinste Kapitalgesellschaften (Kleinstkapitalgesellschaften Bilanzrechtsänderungsgesetz – MicroBilG) zugestimmt. Mit diesem Gesetz wurde die Richtlinie 2012/6/EU in deutsches Recht umgesetzt (BGBl I 2012, 2751). Von zentraler Bedeutung ist die Schaffung einer neuen Größenkategorie von Unternehmen in Bezug auf die Rechnungslegung, nämlich sog. Kleinstunternehmen, die neben die bislang bestehenden drei Größenklassen des HGB tritt. Es ist zu diesem Zweck § 267a HGB in das Gesetz eingefügt worden.[21] Durch Gesetz vom 11.4.2024[22] wurden diese Merkmale mit Rückwirkung zum 1.1.2023 angehoben.[23] Demnach handelt es sich um Kleinstkapitalgesellschaften, wenn mindestens zwei der drei nachfolgend definierten Merkmale nicht überschritten werden:

  • Bilanzsumme von 450.000 EUR (350.000 EUR bis 31.12.2022) nach Abzug eines auf der A...

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