Rz. 4

Abs. 1 regelt die Durchbrechung der Bestandskraft für den Fall, dass die mitteilungspflichtige Stelle Daten nach § 93c AO sachlich richtig übermittelt hat, diese aber nicht oder nicht richtig von der Finanzbehörde in der Steuerfestsetzung verarbeitet wurden. Die Vorschrift gilt nur hinsichtlich von Daten, die elektronisch von Dritten übermittelt werden, also nicht für Daten, die der Stpfl. im Rahmen seiner Steuererklärung elektronisch an das FA übermittelt.[1]

Der Begriff der"Daten" in § 175b Abs. 1 AO erfasst alle Daten, die aufgrund gesetzlicher Vorschrift an die Finanzbehörde zu übermitteln sind. Die Verweisung auf § 93c AO bedeutet nicht, dass sich § 175b Abs. 1 AO nur auf die in § 93c AO aufgeführten Daten bezieht. § 93c Abs. 1 AO verweist ausdrücklich auf alle Fälle, in denen Daten aufgrund gesetzlicher Vorschriften, also nicht nur der AO, an die Finanzbehörde elektronisch zu übermitteln sind. Dementsprechend gilt § 175b Abs. 1 AO für alle Fälle, in denen eine Datenübertragung aufgrund gesetzlicher Regeln zu erfolgen hat.[2] Unrichtig daher FG Baden-Württemberg v. 5.1.2021.[3] Das FG hat § 175b Abs. 1 AO auf die elektronische Übermittlung der Religionszugehörigkeit für die KiSt deshalb für nicht anwendbar gehalten, weil § 39e Abs. 2 S. 2 EStG nicht auf § 93c EStG verweist. Wie oben ausgeführt, kommt es aber auf eine solche Verweisung nicht an. Vielmehr ist § 175b Abs. 1 AO immer anwendbar, wenn die elektronische Übermittlung der Daten auf einer gesetzlichen Grundlage beruht.

Hinsichtlich des Begriffs der "mitteilungspflichtigen Stelle" und der "zu übermittelnden Daten" wird auf die Kommentierung zu § 93c AO[4] verwiesen.

 

Rz. 4a

Der Tatbestand greift nur ein, wenn die mitteilungspflichtige Stelle die Daten tatsächlich an die zuständige Finanzbehörde übermittelt hat und diese daher bei der Steuerfestsetzung vorlagen. Maßgebend ist daher, dass die Daten vor der manuellen oder maschinellen Bearbeitung des Steuerfalls bei der Finanzbehörde eingegangen sind. Da es sich grundsätzlich um maschinell zu verarbeitende Daten handelt, müssen sie in einer Form eingegangen sein, die die maschinelle Verarbeitung ermöglicht. Ist das nicht der Fall, etwa weil die übermittelte Datei technisch fehlerhaft ist, die Datenübertragung aber nicht wiederholt wird, greift nicht § 175b Abs. 1 AO ein; vielmehr gelten dann die Daten als nicht übermittelt, sodass eine später notwendig werdende Änderung nach § 173 AO zu erfolgen hat. Dagegen hat eine Änderung nach § 175b AO zu erfolgen, wenn die Datenübertragung wiederholt wird, da dann die übermittelten Daten (noch) nicht berücksichtigt wurden.

 

Rz. 5

Über den Gesetzeswortlaut hinaus wird man den Tatbestand auch nur anwenden können, wenn die übermittelten Daten sachlich richtig sind. Jedoch hat der BFH in einem obiter dictum[5] seine Entscheidung auch darauf gestützt, dass der übermittelte Datensatz unvollständig und damit fehlerhaft gewesen sei. § 175b Abs. 1 AO geht davon aus, dass "die übermittelten Daten" nicht oder nicht richtig übernommen worden sind. Es geht also nicht darum, ob die übermittelten Daten richtig oder unrichtig sind, sondern nur darum, ob und wie sie in die Steuerfestsetzung übernommen worden sind. Im Ergebnis ist das Urteil des BFH (aaO) jedoch richtig, da in dem entschiedenen Fall der Stpfl., bei dem die Daten zu berücksichtigen waren, in dem Datensatz nicht angegeben war und sie daher dem falschen Stpfl. zugeordnet wurden. Damit sind die übermittelten Daten nicht zutreffend, nämlich bei dem falschen Stpfl., berücksichtigt worden, was die Änderung nach § 175b Abs. 1 AO rechtfertigt. Nur dann, wenn die Vorschrift auf Fehler der Finanzbehörde beschränkt wird, macht die Regelung Sinn. Nur dann kann sich die Frage stellen, ob diese Daten überhaupt oder richtig verarbeitet wurden. Da der Finanzverwaltung hinsichtlich dieser Daten und der Steuerfestsetzung kein Beurteilungsspielraum zusteht, können unrichtige Daten nicht "unrichtig" verarbeitet worden sein. Es kann auch kein Grund für eine Änderung der Steuerfestsetzung vorliegen, wenn unrichtige Daten nicht verarbeitet worden sind. Sind Daten von der mitteilungspflichtigen Stelle bis zur Steuerfestsetzung nicht übermittelt worden und geschieht dies auch nachträglich nicht, werden die richtigen Daten aber etwa aufgrund einer Außenprüfung bei der mitteilungspflichtigen Stelle nach § 203a AO festgestellt, liegen neue Tatsachen i. S. d. § 173 AO vor. Gleiches gilt, wenn die übermittelten und in der Steuerfestsetzung verarbeiteten Daten unrichtig waren und dies später festgestellt wird, die richtigen Daten aber nicht durch eine neue Datenübertragung übermittelt werden. Auch dann handelt es sich um neue Tatsachen, sodass die Änderung nach § 173 AO zu erfolgen hat. Möglich ist auch eine Änderung der Steuerfestsetzung nach § 175b Abs. 2 AO. Wird dagegen die Datenübertragung mit den richtigen Daten wiederholt, erfolgt die Änderung der Steuerfestsetzung nach § 175b Abs. 1 AO. Im Ergebnis ist § 175b AO daher nur anwendbar, wenn ...

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