Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 16
Abs. 3 regelt den Fall, dass die übermittlungspflichtige Stelle Daten des Stpfl. an die Finanzbehörde übermittelt und diese die Daten in der Steuerfestsetzung berücksichtigt hat, eine nach dem Gesetz erforderliche Einwilligung des Stpfl. für die Datenübermittlung aber nicht vorliegt. Die Vorschrift regelt also den Fall, dass die übermittlungspflichtige Stelle Daten unrechtmäßig übermittelt. Die Einwilligung des Stpfl. zur Datenübermittlung ist z. B. nach § 10 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 2 S. 3 EStG erforderlich. Liegt die Einwilligung des Stpfl. nicht vor, ist der Steuerbescheid aufzuheben oder zu ändern, soweit sich die Daten, deren Übermittlung der Stpfl. nicht zugestimmt hat, ausgewirkt haben. Die Steuerfestsetzung ist insoweit also ohne die übermittelten Daten vorzunehmen. Andererseits ist der Tatbestand des Abs. 3 nicht anzuwenden, wenn eine Einwilligung des Stpfl. zur Übermittlung der Daten nach dem Gesetz nicht notwendig ist, wie bei § 22a EStG. Die Aufhebung bzw. Änderung der Steuerfestsetzung ist von Amts wegen vorzunehmen. Der Finanzbehörde steht auch kein Ermessens- oder Beurteilungsspielraum zu. Damit sollen die Folgen des in der Verwertung der Daten liegenden Verstoßes gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Stpfl. beseitigt werden. Die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung kann nur vor Ablauf der Festsetzungsfrist erfolgen. Hierfür gilt auch die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 10a AO.
Rz. 17
Sind die ohne Einwilligung des Stpfl. übermittelten Daten sachlich richtig, führt die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung nach Abs. 3 zu einem sachlich unrichtigen Ergebnis. Der insoweit klare Wortlaut der Vorschrift setzt also nicht voraus, dass die unrechtmäßig übermittelten Daten sachlich unrichtig sind und damit zu einer sachlich unrichtigen Steuerfestsetzung führen. Das Gesetz schließt daher die auf rechtswidrigem Weg übermittelten Daten von der Verwendung aus, auch wenn sie sachlich richtig sind. Im Interesse des Schutzes des Grundrechts der informationellen Selbstbestimmung nimmt der Gesetzgeber dieses Ergebnis hin. Dies erscheint auch deshalb tragbar, weil die Einwilligung des Stpfl. nur für die Übermittlung der für ihn günstigen Daten erforderlich ist, wie nach § 10 EStG, für die ihn belastenden Daten wie nach § 22 EStG jedoch nicht. Es wird daher im Interesse des Stpfl. liegen, seinerseits die erforderlichen Daten in der Steuererklärung zu erklären bzw. das FA auf andere Weise von den Daten zu unterrichten. Er kann dies in einem Einspruch gegen den nach § 175b Abs. 3 AO geänderten Steuerbescheid tun. Die Finanzbehörde ist andererseits durch die fehlende Einwilligung des Stpfl. nicht gehindert, den Sachverhalt mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln, insbesondere Auskunftsbegehren, aufzuklären. Ändert sie den Bescheid nach § 175b Abs. 3 AO, kann später eine weitere Änderung nach § 173 AO erfolgen, wenn der Tatbestand dieser Vorschrift vorliegt. Allerdings darf den Stpfl. dann kein grobes Verschulden an dem verspäteten Bekanntwerden der Daten treffen. Erteilt der Stpfl. seine Einwilligung zu der elektronischen Übermittlung der Daten nicht, übermittelt er aber andererseits die Daten nicht an das FA, dürfte häufig grobes Verschulden vorliegen.
Rz. 18
Die Vorschrift ordnet die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung ohne Einschränkung an. Die Aufhebung oder Änderung des Bescheids ist auch nicht von der Rechtserheblichkeit der Daten abhängig. § 175b Abs. 4 AO, wodurch die Änderung auf rechtserhebliche Daten beschränkt wird, verweist nicht auf Abs. 3. Es wird aber auch zulässig sein, wenn die Finanzbehörde vor der Änderung oder Aufhebung die Daten ermittelt und bei der Änderung der Steuerfestsetzung die so ermittelten bzw. die ihm von dem Stpfl. mitgeteilten richtigen Daten verwendet. Das FA kann nicht verpflichtet sein, wissentlich eine falsche Steuerfestsetzung vorzunehmen, wenn feststeht, dass die geänderte Steuerfestsetzung sofort unter Verwendung der jetzt in rechtlich zutreffender Weise vorliegenden Daten wieder zu ändern wäre.