Rz. 19

Abs. 4 wurde durch Gesetz v. 23.6.2017[1] angefügt und ist nach Art. 97 § 27 Abs. 3 EGAO erstmals anzuwenden, wenn Daten i. S. d. § 93c AO der Finanzbehörde nach dem 24.6.2017 zugehen. Die Vorschrift bestimmt, dass die Steuerfestsetzung nicht nach Abs. 1 und 2 aufzuheben oder zu ändern ist, wenn die nachträglich nach § 93c Abs. 1, 3 AO übermittelten Daten nicht rechtserheblich sind.

 

Rz. 20

Abs. 4 nähert die Änderungsvorschrift des § 175b Abs. 1, 2 AO an § 173 AO an. Die Regelung gilt nur, wenn Daten nachträglich übermittelt werden. Der Begriff "nachträglich" entspricht dem gleichen Begriff in § 173 AO. Die Daten sind "nachträglich" übermittelt, wenn sie in der Finanzbehörde eingehen, nachdem die Willensbildung über die Steuerfestsetzung abgeschlossen ist. Bei einem maschinellen Erlass des Steuerbescheids gilt die Willensbildung nach § 155 Abs. 4 S. 4 AO im Zeitpunkt der maschinellen Verarbeitung als abgeschlossen. Daher nicht maßgeblich sind der Tag der Absendung des Steuerbescheids und der seines Zugangs.[2]

 

Rz. 21

Die Änderung nach Abs. 1 und 2 erfolgt nur, wenn die nachträglich übermittelten Daten rechtserheblich sind. Nicht in Bezug genommen ist der Änderungstatbestand des Abs. 3. Auch mit dem Begriff der "Rechtserheblichkeit" schließt die Vorschrift an § 173 AO an. Die nachträglich übermittelten Daten sind rechtserheblich, wenn die Finanzbehörde sie bei rechtzeitiger Kenntnis mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bei der Steuerfestsetzung berücksichtigt hätte und es dadurch gegenüber der ursprünglichen Steuerfestsetzung zu einer höheren oder niedrigeren Steuer gekommen wäre. Maßgebend ist also, wie die Finanzbehörde die nachträglich übermittelten Daten zum Zeitpunkt der ursprünglichen Steuerfestsetzung aufgrund der damaligen Sicht der Rechtslage unter Berücksichtigung der damaligen BFH-Rechtsprechung und bindenden Verwaltungsanweisungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gewürdigt hätte.[3]

Somit erfolgt keine Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung, wenn die Finanzbehörde bei rechtzeitiger Kenntnis der Daten die Steuer nicht anders festgesetzt hätte. Im Ergebnis scheidet daher die Änderung aus, wenn die ursprüngliche Steuerfestsetzung nur deshalb als unrichtig erscheint, weil sich die Rechtsprechung oder die Verwaltungsanweisungen nach der ursprünglichen maßgebenden Entscheidung über die Steuerfestsetzung geändert haben. Der Ausschluss der Aufhebung oder Änderung gilt sowohl zugunsten wie zulasten des Stpfl.

 

Rz. 22

Der Ausschluss der Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung gilt nur, wenn nachträglich übermittelte Daten nicht rechtserheblich sind. Die Änderungsmöglichkeit des § 175b Abs. 2 AO bleibt daher ohne Rücksicht auf die Rechtserheblichkeit erhalten, soweit Daten bei der erstmaligen Steuerfestsetzung unrichtig sind. Die Frage der Rechtserheblichkeit nach Abs. 4 stellt sich nur für Daten, die nach dem Zeitpunkt der erstmaligen Steuerfestsetzung übermittelt werden.[4]

[1] BStBl I 2017, 865; BGBl I 2017, 1682.
[2] BT-Drs. 18/12127, 54; zu dem Begriff "nachträglich" Frotscher, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 155 AO Rz. 100, Frotscher, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 173 AO Rz. 94ff.
[3] BT-Drs. 18/12127, 54; zum Begriff der Rechtserheblichkeit Frotscher, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 173 AO Rz. 74ff.
[4] BT-Drs. 18/12127, 55.

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