Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 14
§ 183 Abs. 1 AO bestimmt, dass gesonderte und einheitliche Feststellungsbescheide sowie alle Verwaltungsakte und Mitteilungen, die mit dem Feststellungsverfahren zusammenhängen, bei rechtsfähigen Personenvereinigungen im Rahmen des persönlichen und sachlichen Regelungsbereichs (hierzu Rz. 4, 6) der Personenvereinigung bekanntzugeben sind. Die Personenvereinigung handelt kraft Gesetzes als Empfangsbevollmächtigte der Beteiligten. Es handelt sich also um eine gesetzlich fingierte Empfangsvollmacht. Die Finanzbehörde darf die Beteiligten daher nicht mehr auffordern, einen Empfangsbevollmächtigten zu benennen; dieses Verfahren ist nur noch in den Fällen des § 183a AO zulässig.
Die gesetzliche Empfangsvollmacht betrifft aber nur die Bekanntgabe. Die Beteiligten bleiben Inhaltsadressaten, sodass die Adressierung der Bescheide unverändert bleibt. Die Bekanntgabe an die Personengemeinschaft erfolgt bei Personengesellschaften an die Gesellschafter, wobei die Bekanntgabe an einen Gesellschafter nach § 720 Abs. 5 BGB genügt. Bei der KG muss die Bekanntgabe an einen Komplementär erfolgen; ein Kommanditist ist nach § 170 Abs. 1 HGB grundsätzlich nicht vertretungsberechtigt.
Rz. 15
Die Regelung ist zwingend. Der Finanzbehörde steht daher kein Ermessensspielraum zu und kann daher auch dann keine Einzelbekanntgabe an die Beteiligten vornehmen, wenn sie dies für zweckmäßig hält. Entgegen der Regelung des § 183 AO erfolgte Bekanntgabe an die Beteiligten bringen nicht die Wirkung einer Bekanntgabe hervor. Die Beteiligten können Bekanntgabe an sich selbst nur im Rahmen des § 183 Abs. 2 AO erreichen (Rz. 20ff.). Die rechtsfähige Personenvereinigung kann jedoch für die Bekanntgabe einen Empfangsbevollmächtigten bestellen und dies der Finanzbehörde mitteilen. Es handelt sich dann um eine Unter-Empfangsvollmacht. In diesem Fall muss die Finanzbehörde die Bekanntgabe an den Unter-Empfangsbevollmächtigten durchführen.
Rz. 16
Nach § 183 Abs. 1 S. 2 AO ist in dem bekannt gegebenen Verwaltungsakt bzw. Schriftstück darauf hinzuweisen, dass die Bekanntgabe mit Wirkung für und gegen alle Feststellungsbeteiligten erfolgt. Der Hinweis muss klar und unmissverständlich sein und seinen Zweck erfüllen. Der Zweck des Hinweises liegt darin, die Personenvereinigung als Empfangsbevollmächtigten davon zu informieren, dass keine Bekanntgabe an die einzelnen Feststellungsbeteiligten erfolgt ist und der Empfangsbevollmächtigte diese nunmehr zu informieren hat. Der Empfangsbevollmächtigte muss aus dem Hinweis erkennen können, dass die Finanzbehörde nicht an die einzelnen Feststellungsbeteiligten bekannt gegeben hat. Dagegen ist eine besondere Platzierung im Verwaltungsakt nicht vorgeschrieben. Diesen Anforderungen ist genügt, wenn darauf hingewiesen wird, dass der Bescheid Wirkungen für und gegen alle Feststellungsbeteiligten hat. Es braucht nicht ausdrücklich darauf hingewiesen zu werden, dass auch die Bekanntgabe diese Wirkung hat.
Der Hinweis braucht nicht im verfügenden Teil des Feststellungsbescheids enthalten zu sein. Es genügt, wenn er sich z. B. in der Rechtsbehelfsbelehrung befindet.
Nach der Rechtsprechung kann sich der Hinweis auch aus dem Gesamtinhalt des Bescheids ergeben. M. E. ist das sehr zweifelhaft, weil dies eine gewisse "Interpretation" des Inhalts voraussetzt und diese i. d. R. nicht zweifelsfrei ist. Die Annahme eines Hinweises "aus dem Gesamtinhalt des Bescheids" ist jedenfalls auf Ausnahmefälle beschränkt.
Rz. 17
Wird dieser Hinweis unterlassen oder nicht wirksam erteilt, liegt ein Mangel in der Bekanntgabe vor. Die Bescheide sind nicht wirksam bekannt gegeben. Dieser Mangel kann durch Nachholung des Hinweises mit der Wirkung behoben werden, dass der Verwaltungsakt im Zeitpunkt des Behebens des Mangels als bekannt gegeben gilt. Voraussetzung ist jedoch, dass die Feststellungsfrist im Zeitpunkt der Behebung des Mangels noch nicht abgelaufen ist. Da der ursprüngliche Bescheid wegen des Bekanntgabemangels nicht wirksam geworden war, konnte er auch vor Behebung des Mangels die Festsetzungsfrist nicht wahren. Die Nachholung des Hinweises wirkt also nicht zurück. Eine Beiladung im Einspruchsverfahren allein genügt nicht zur Behebung eines Bekanntgabemangels.
Da es sich bei einem fehlenden Hinweis um einen Mangel bei der Bekanntgabe handelt, wird der Mangel dadurch geheilt, dass der Betroffene den Verwaltungsakt tatsächlich erhält. Es ist kein Grund ersichtlich, für die Heilung eines Bekanntgabefehlers bei einer fehlgeschlagenen Bekanntgabe nach § 183 AO schärfere Voraussetzungen anzunehmen als für die Heilung einer fehlgeschlagenen Bekanntgabe nach den allgemeinen Regeln des § 122 AO. Die Wirkungen der Bekanntgabe treten dann in dem Zeitpunkt ein, zu dem der Betroffene den Verwaltungsakt zur Kenntnis nehmen kann.
Rz. 18
Die Bekanntgabe hat an die vertretungsberechtigte Person der rechtsfähigen Personenvereinigung zu erfolgen. Wer der Vertretungsberechtigte ist, an den bekanntzugeben ist, ist nach d...