Rz. 27
Eine Mitwirkungsverzögerung liegt nach der sich aus dem Klammerzusatz am Ende des ersten Halbsatzes ergebenden Legaldefinition vor, wenn der Stpfl. dem qualifizierten Mitwirkungsverlangen innerhalb der Frist nach Abs. 1 S. 4 nicht oder nicht hinreichend nachkommt. Die Feststellung einer solchen Mitwirkungsverzögerung dürfte in der Praxis zu nicht unerheblichen Problemen führen.
Eine einfache und eindeutige Feststellung der Mitwirkungsverzögerung dürfte nur in den Fällen möglich sein, in denen der Stpfl. dem qualifizierten Mitwirkungsverlangen innerhalb der Frist überhaupt nicht nachkommt, also schlichtweg untätig bleibt. Eine vollständige Untätigkeit in diesem Sinne liegt auch vor, wenn der Stpfl. einzelne Teile eines Sammelverlangens nicht erfüllt, die sich auf abgeschlossene Sachverhaltskomplexe beziehen und daher materiell als selbstständige Mitwirkungsverlangen anzusehen sind (vgl. Rz. 7).
Wesentlich schwieriger gelagert ist die Feststellung, dass der Stpfl. dem qualifizierten Mitwirkungsverlangen nicht hinreichend nachgekommen ist. Der Begriff "nicht hinreichend" ist erst im Verlauf der Gesetzesberatungen an die Stelle des im Regierungsentwurf verwendeten Begriffs "nicht vollständig" getreten. Im Bericht des Finanzausschusses heißt es dazu, dass der Begriff "nicht hinreichend" an die BFH-Rspr. insbesondere zu § 93 Abs. 1 AO ("hinreichender Anlass für Ermittlungsmaßnahmen") anknüpfe. Diese Bezugnahme ist in der Literatur zu Recht auf Kritik gestoßen. In § 93 AO geht es darum, Ermittlungsmaßnahmen, zu denen "hinreichender Anlass" besteht, von solchen abzugrenzen, die "ins Blaue hinein" erfolgen. Damit steckt der Begriff "hinreichend" in dieser Vorschrift Mindestanforderungen an ein Tätigwerden der Finanzbehörde ab. Demgegenüber bildet er in § 200a Abs. 2 S. 1 AO den Maßstab für die an das Verhalten des Stpfl. zu stellenden Sorgfaltsanforderungen. Die BFH-Rspr. zu § 93 AO ist daher schwerlich geeignet, dem Merkmal der nicht hinreichenden Erfüllung in § 200a Abs. 2 S. 1 AO Konturen zu verleihen. Der weiteren Begründung des Finanzausschusses ist allerdings zu entnehmen, dass nicht der quantitative Umfang der Nichterfüllung der geforderten Mitwirkung, sondern ihre qualitative Bedeutung für die Ermittlungsmaßnahmen maßgebend sein solle. Geringfügige und für den Fortgang der Außenprüfung eher unbedeutende Mitwirkungspflichtverletzungen sollten damit vom Anwendungsbereich der Vorschrift ausgenommen werden. Obwohl diese Deutung in der Literatur allgemein akzeptiert wird, wirft sie doch zusätzliche Probleme auf. Es wird sich nämlich vielfach die Frage stellen, wie die qualitative Bedeutungslosigkeit der teilweisen Nichterfüllung des Mitwirkungsverlangens ohne Kenntnis der dem Prüfer damit vorenthaltenen Informationen festgestellt werden kann. Dies mag zwar noch möglich sein, wenn aus einer Vielzahl von Fragen eine weniger bedeutsame Frage unbeantwortet bleibt. Ob das Gleiche auch dann gilt, wenn von mehreren Unterlagen lediglich ein einzelnes Blatt fehlt, erscheint indessen zweifelhaft. Denn möglicherweise sind gerade darauf die Informationen enthalten, die für den Fortgang der Prüfung von Bedeutung sind.
Rz. 28
In jedem Fall setzt die Feststellung einer nicht hinreichenden Erfüllung des Mitwirkungsverlangens voraus, dass der Stpfl. dieses nicht vollständig erfüllt hat. Dies ist ausgehend vom Inhalt des Mitwirkungsverlangens nach objektiven Maßstäben zu beurteilen. Die Feststellungslast für die unvollständige Erfüllung des Mitwirkungsverlangens liegt bei der Finanzbehörde.
Der Umstand allein, dass die Antwort des Stpfl. auf ein Auskunftsverlangen nicht den Vorstellungen des Prüfers entspricht oder dieser sich davon weitergehende Aufschlüsse versprochen hatte, reicht für die Feststellung einer Mitwirkungsverzögerung keinesfalls aus. Ist der Prüfer der Ansicht, dass der Stpfl. die mit einem Vorlageverlangen angeforderten Unterlagen nur unvollständig vorgelegt hat, ist dies nur dann von Bedeutung, wenn es konkrete Anhaltspunkte für das Vorhandensein weiterer Unterlagen gibt. Dass die Mitwirkung aus Sicht der Betriebsprüfung nicht hinreichend war, reicht damit für die Feststellung einer Mitwirkungsverzögerung keinesfalls aus.
Rz. 29
Der Eintritt einer Mitwirkungsverzögerung setzt kein Verschulden des Stpfl. voraus. Dies ergibt sich aus Abs. 2 S. 6. Die Regelung, dass von der Festsetzung eines Mitwirkungsverzögerungsgeldes abzusehen ist, wenn der Stpfl. glaubhaft macht, dass die Mitwirkungsverzögerung entschuldbar ist, setzt logisch voraus, dass diese ungeachtet ihrer Entschuldbarkeit eingetreten ist.
Der Eintritt einer Mitwirkungsverzögerung wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die geforderte Mitwirkung dem Stpfl. i. S. d. Abs. 4 S. 3 unmöglich ist. Abgesehen davon, dass es sich bei der Unmöglichkeit der Mitwirkung nur um einen Unterfall der Entschuldbarkeit handeln dürfte (s. Rz. 80f.), ergibt sich dies auch aus der entsprechenden Geltung des Abs. 4 S. 2, die Abs. 4 S. 3 für den F...