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Die Verlagerung der Vorgaben für Wirtschaftlichkeitsprüfungen der ärztlich verordneten Leistungen auf die regionale Ebene ermöglicht nach der Gesetzesbegründung passgenauere Lösungen; dennoch sei es erforderlich, gewisse Mindeststandards bundeseinheitlich zu regeln.
Nach Abs. 2 sind daher die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und der GKV-Spitzenverband verpflichtet, für die Prüfungen nach Abs. 1 einheitliche Rahmenvorgaben zu vereinbaren. Die Verpflichtung wird in Ab. 1 Satz 1 am Wort "vereinbaren" deutlich, ein Dispositionsrecht steht den Partnern der Rahmenvorgaben somit nicht zu.
Warum aber in Abs. 1 Satz 1 "Kassenärztliche Bundesvereinigungen" im Plural aufgeführt sind, erscheint schwerlich nachvollziehbar, weil es im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung nur die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) gibt und die vertragszahnärztliche Versorgung mit der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) von der Wirtschaftlichkeitsprüfung der ärztlich verordneten Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung nicht bzw. nur geringfügig tangiert ist. Im Rahmen der Anhörung zum GKV-VSG hatte die KZBV eine entsprechende Klarstellung in § 106b gefordert, dass diese Bestimmungen für den Bereich der vertragszahnärztlichen Versorgung nicht anzuwenden sind.
Auch wenn es dazu in der Gesetzesfassung nicht gekommen ist, lassen die zur Begründung vorgesehenen Versorgungsformen wie
- Verordnung von Leistungen der medizinischen Rehabilitation nach § 73 Abs. 2 Nr. 5,
- Verordnung von Behandlung in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen nach § 73 Abs. 2 Nr. 7,
- Verordnung von häuslicher Krankenpflege nach § 73 Abs. 2 Nr. 8 und
- Verordnung von Soziotherapie nach § 73 Abs. 2 Nr. 12
nur den Schluss zu, dass sie im Bereich der vertragszahnärztlichen Versorgung nicht vorkommen. Auch Verordnungen von Arzneimitteln oder Krankentransporten (vgl. § 73 Abs. 2 Nr. 5) stellen im Bereich der vertragszahnärztlichen Versorgung seltene Ausnahmefälle dar, die nach Auffassung der KZBV die komplexen Verfahren diesbezüglicher Wirtschaftlichkeitsprüfungen und auf Bundes- und Landesebene tiefgestaffelter Vereinbarungen nicht rechtfertigen. Rahmenvorgaben nach Abs. 2 gibt es daher für die vertragszahnärztliche Versorgung bisher nicht und ein Verfahren vor dem Bundesschiedsamt für die vertragszahnärztliche Versorgung ist aus den vorgenannten Gründen bis zum jetzigen Zeitpunkt ebenfalls nicht in Gang gesetzt worden (vgl. Abs. 2 Satz 6).
Die Rahmenvorgaben nach § 106b Abs. 2 für die Wirtschaftlichkeitsprüfung ärztlich verordneter Leistungen haben der GKV-Spitzenverband und die KBV am 30.11.2015 vereinbart; die Vereinbarung ist mit Wirkung zum 1.12.2015 in Kraft getreten und zuletzt am 5.2.2019 geändert worden. Damit war die in Abs. 2 Satz 6 der Vorschrift i. d. F. des GKV-VSG vorgesehene prophylaktische Ersatzvornahme der Rahmenvorgaben durch das Bundesschiedsamt entbehrlich geworden, nach der die Rahmenvorgaben erstmalig bis zum 31.10.2016 zustande kommen sollten. In diesem Zusammenhang waren aufgrund des TSVG mit Wirkung zum 11.5.2019 der Abs. 2 Satz 7 sowie Abs. 3 Satz 2 mit der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen das Bundesschiedsamt aufgehoben worden, weil solche Klagen wegen der fristgerechten Vereinbarung der Rahmenvorgaben bzw. der regionalen Vereinbarungen nach Abs. 1 gegenstandslos geworden waren. Die Hinweise auf eine schiedsamtliche Entscheidung über den Inhalt der Rahmenvorgaben auf der Bundesebene (vgl. Abs. 2 Satz Satz 6) bzw. nach Abs. 3 Satz 1 für die Vereinbarungen nach Abs. 1 auf der regionalen KV-Ebene qualifizieren beide Vereinbarungen als Verträge über die vertragsärztliche Versorgung i. S. d. § 89. Dies bestätigen auch die aufgrund des TSVG erfolgten Neuformulierungen in Abs. 2 Satz 6 und Abs. 3 Satz 1, in denen auf das jeweils zuständige Schiedsamt gemäß § 89 verwiesen wird. Nach § 89 Abs. 9 Satz 4 i. d. F. des TSVG haben Klagen gegen Entscheidungen des Schiedsamtes sowie Klagen gegen Entscheidungen der Aufsichtsbehörden nach diesem Paragrafen ohnehin keine aufschiebende Wirkung. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch der § 9 Abs. 1 Satz 3 der Rahmenvorgaben, der dem § 89 Abs. 1 Satz 4 nachgebildet ist. Danach gelten nach einer Kündigung diese Rahmenvorgaben bis zum Inkrafttreten einer sie ablösenden Vereinbarung fort, sodass auf der Bundesebene ein vertragsloser Zustand ausgeschlossen ist.
Die Rahmenvorgaben der Bundesebene bilden die Grundlage für die regionalen Vereinbarungen nach Abs. 1 der Vorschrift. Sie enthalten zum einen die gesetzlichen Vorgaben und geben zum anderen den regionalen Vertragspartnern vor, was sie neben den gesetzlichen Vorgaben aus den Rahmenvorgaben umzusetzen haben (vgl. "ist zu regeln") bzw. wo z. B. Freiraum für weitergehende regionale Lösungen besteht (vgl. "können getroffen werden").
Nach der Präambel ist es das Ziel der Rahmenvorgaben, bundeseinheitlich gültige Mindeststandards für die regionalen Vereinbarungen zu schaffen, um in den wesentlichen Sachverhalten eine ein...