Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 359
Ein Zuschlag i.H.v. 20 % kommt nur für solche bebaute Grundstücke in Betracht, die nicht mehr als zwei Wohnungen enthalten.
a) Wohnungsbegriff
Rz. 360
Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist unter Wohnung die Zusammenfassung von Räumen zu verstehen, die von anderen Wohnungen oder Räumen baulich getrennt sind. Jede Wohneinheit muss über einen dauerhaften baulichen Abschluss verfügen, der jedoch nicht in allen Belangen den Anforderungen an die Abgeschlossenheit nach den Bestimmungen zum Wohnungseigentumsgesetz oder nach den DIN-Vorschriften entsprechen muss. Darüber hinaus muss zu der jeweiligen Wohneinheit ein eigener Zugang bestehen, der nicht durch einen anderen Wohnbereich oder andere Räumlichkeiten, die gewerblichen bzw. freiberuflichen Zwecken dienen, führt. Die Voraussetzung ist z.B. erfüllt, wenn ein eigener Zugang unmittelbar von Außen vorhanden ist oder wenn jede Wohneinheit in dem Gebäude jeweils durch eine abschließbare Eingangstür gegenüber dem gemeinsamen Treppenhaus oder Vorraum abgetrennt ist. Die zu einer Wohneinheit zusammengefassten Räume müssen über eine Küche verfügen. Es reicht aus, wenn in dem als Küche vorgesehenen Raum die Anschlüsse für diejenigen Einrichtungs- und Ausstattungsgegenstände vorhanden sind, die für die Führung eines selbstständigen Haushalts notwendig sind, insbesondere Stromanschluss für den Elektroherd bzw. Gasanschluss für den Gasherd, Kalt- und ggf. Warmwasserzuleitung und ein Ausguss. Weiter müssen ein Bad mit Wanne oder Dusche und eine Toilette vorhanden sein; ein Waschbecken reicht nicht aus. Die Wohnfläche muss mindestens 23 m 2 betragen.
Rz. 361
Die Finanzverwaltung wendet die von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien für den Wohnungsbegriff bei Gebäuden an, die nach dem 31.12.1972 errichtet worden sind. Dabei legt sie die Mindestwohnfläche in Anlehnung an das BFH-Urteil v. 4.7.1990 auf 23 m 2 fest. In dem vorgenannten Urteil hat der BFH entschieden, dass die zweite Wohnung im Zweifamilienhaus (Einliegerwohnung) eine Mindestfläche von mehr als 23 m2 haben muss. Die Finanzverwaltung hat die Grenze von mehr als 23 m2 zugunsten des Steuerpflichtigen auf mindestens 23 m2 abgewandelt. Die für Appartements in Studentenheimen mögliche Mindestwohnfläche von 20 m2 hat für die von der Zuschlagsregelung betroffenen Wohnungen keine Bedeutung.
b) Wohngrundstücke mit mehreren Wohneinheiten
Rz. 362
Befinden sich in einem Gebäude neben bis zu zwei Wohnungen noch weitere Wohneinheiten, die nach der vorstehenden Definition nicht als Wohnung anzusehen sind, stellt sich die Frage, ob bei diesen Wohngrundstücken der um die Alterswertminderung gekürzte Ausgangswert um 20 % zu erhöhen ist. Der Gesetzeswortlaut lässt einen solchen Zuschlag zu. Nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes dürfte jedoch ein Zuschlag von 20 % nicht in Betracht kommen. Denn bei der Zuschlagsregelung ist, so die Gesetzesbegründung, an Ein- und Zweifamilienhäuser gedacht worden, deren Erträge im Vergleich zu Renditeobjekten geringer ausfällt und deren Grundstücksanteil i.d.R. höher als bei den Renditeobjekten ist, ohne dass dies in der Miete zum Ausdruck kommt. Diese Festlegungen treffen auf Appartementhäuser mit einer Wohnung oder zwei Wohnungen und einer Vielzahl von weiteren Wohneinheiten nicht zu.
c) Verhältnisse im Besteuerungszeitpunkt
Rz. 363
Maßgebend für die Frage, ob ein Grundstück mit nicht mehr als zwei Wohnungen vorliegt, sind die Verhältnisse im Besteuerungszeitpunkt. Verfügt ein Wohngrundstück über drei Wohneinheiten, von denen nur zwei abgeschlossen sind und wird die dritte Wohneinheit erst nach dem Besteuerungszeitpunkt von dem Erwerber zu einer abgeschlossenen Wohnung umgebaut, handelt es sich aus der Sicht des Besteuerungszeitpunkts um ein Grundstück mit nicht mehr als zwei Wohnungen, so dass die Zuschlagsregelung in Betracht kommt. Hat der Erblasser bzw. Schenker vor dem Besteuerungszeitpunkt mit den Umbauarbeiten begonnen und ist das Grundstück im Besteuerungszeitpunkt als im Bau befindlich nach § 149 BewG zu bewerten, kommt es für die Ermittlung des Grundstückswerts auf zwei Ausgangsgrößen an, und zwar zum Einen auf den Grundstückswert vor Beginn der Baumaßnahme – hier liegt ein Wohngrundstück mit bis zu zwei Wohnungen vor – und zum Anderen auf den Grundstückswert nach Abschluss der Baumaßnahme – hier liegt ein Grundstück mit drei Wohnungen ohne Zuschlagsregelung vor. Wegen weiterer Einzelheiten vgl. Erläuterungen zu § 149 BewG.