Rz. 14
Die Grundsteuer wird gemäß § 9 Abs. 1 GrStG nach den Verhältnissen zu Beginn des Kalenderjahres festgesetzt, d.h. für die Höhe und die Festsetzung der Grundsteuer wird allein auf die Verhältnisse zu Beginn eines Kalenderjahres abgestellt (Stichtagsprinzip). Änderungen während eines Kalenderjahrs können sich damit erst für die Grundsteuer des folgenden Kalenderjahrs auswirken.
Rz. 15
Der vorbezeichnete Beginn des Kalenderjahres stellt den Veranlagungszeitpunkt dar. Die Grundsteuer wird somit nach den Verhältnissen vom Veranlagungszeitpunkt festgesetzt. Der Veranlagungszeitpunkt ist der Beginn des Kalenderjahres, auf den eine Haupt-, Neu oder Nachveranlagung des Grundsteuermessbetrags nach den §§ 16–18 GrStG durchgeführt wird.
Rz. 16
Die Verhältnisse vom Veranlagungszeitpunkt sind z.B. für die Gewährung von Steuerbefreiungen und damit auch für den Umfang der Steuerpflicht entscheidend, vgl. Rz. 20. Sie sind ebenfalls für die Ermäßigung der Steuermesszahl nach § 15 Abs. 2 – 5 GrStG von Bedeutung (vgl. Rz. 23).
Rz. 17
Aufgrund des Stichtagsprinzips wirken sich im Laufe eines Jahres eintretende Änderungen in der Steuerpflicht bzw. bei den Steuerbefreiungen erst zum 1.1. des Folgejahres aus; in dem Kalenderjahr der Änderung bleiben sie noch unberücksichtigt. Hintergrund ist, dass diese Änderungen erst im Rahmen einer Neu- oder Nachveranlagung auf den Beginn des Folgejahres Berücksichtigung finden.
Rz. 17.1
Vorteil des Stichtagsprinzips ist, dass nicht jede kleinere Änderung im Laufe eines Kalenderjahres auf eine mögliche Änderung der Steuerfestsetzung hin geprüft und ggf. mit einem Verwaltungsakt versehen werden muss. Auch mögliche unterjährige Abgrenzungsprobleme, z.B. zu welchem genauen Zeitpunkt haben sich die Verhältnisse tatsächlich geändert, werden so vermieden.
Rz. 18
Durch das Stichtagsprinzip besteht eine eindeutige Rechtslage, die mitunter aber auch zu erheblichen Härten führen kann. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn bei einem Grundstück die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung am 1.2. eines Jahres eintreten. Da die Grundsteuer nach den Verhältnissen zu Beginn des Kalenderjahres festgesetzt wird und die Steuerbefreiung zu diesem Zeitpunkt noch nicht gegriffen hat, kann sie für dieses Jahr noch nicht berücksichtigt werden. Die Änderung kann sich erst bei der Grundsteuerfestsetzung für das folgende Kalenderjahr auswirken.
Rz. 19
Das Stichtagsprinzip kann aber auch zugunsten des Steuerpflichtigen wirken, beispielsweise wenn die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach dem 1.1., aber gleichwohl schon zum frühen Beginn des Jahres wegfallen. Auch hier kann sich die (steuererhöhende) Änderung erst bei der Grundsteuerfestsetzung für das folgende Kalenderjahr auswirken.
Rz. 20
Bezüglich der Anwendung der Steuerbefreiungsvorschriften enthält Abschn. 33 GrStR 1978 ergänzende klarstellende Regelungen. Abschn. 33 GrStR 1978 hat folgenden Wortlaut:
33. Stichtag für die Festsetzung der Grundsteuer
Entscheidend für die Anwendung der Befreiungsvorschriften sind die Verhältnisse zu Beginn des jeweiligen Kalenderjahres. Für die Beurteilung der Frage, ob die steuerbegünstigte Benutzung zeitlich überwiegt, sind die Verhältnisse in dem Kalenderjahr maßgebend, das dem Kalenderjahr vorangeht, auf dessen Beginn der Steuermessbetrag festgesetzt wird. Beschränkt sich die tatsächliche Benutzung des Grundstücks für steuerbegünstigte Zwecke nur auf bestimmte wiederkehrende Zeitabschnitte eines Kalenderjahres, während in der übrigen Zeit das Grundstück nicht benutzt wird, so ist zu unterstellen, daß die Benutzung für steuerbegünstigte Zwecke in der Zwischenzeit fortbesteht.
Rz. 21
In den Fällen, in denen eine Steuerbefreiung davon abhängig ist, dass die Voraussetzungen über einen längeren Zeitraum vorliegen, sind nach Abschn. 33 GrStR 1978 die Verhältnisse des Kalenderjahres maßgebend, dass dem Stichtag vorangeht. Die Regelung ist beispielsweise dann relevant, wenn es bei unterschiedlichen Nutzungen eines Grundstücks darauf ankommt, dass die begünstigte Nutzung während des Kalenderjahres überwiegt, also das Grundstück z.B. durch einen bestimmten Personenkreis überwiegend benutzt wird (vgl. zu Steuerbefreiungen und Folgeregelungen die §§ 3 bis 8 GrStG). Daneben dürfte es aber auch erforderlich sein, dass die Verhältnisse zu Beginn des Kalenderjahres noch den Verhältnissen des vorangehenden Kalenderjahrs entsprechen, da andernfalls die Grundsatzvoraussetzung des § 9 Abs. 1 GrStG – die Verhältnisse zu Beginn des Kalenderjahres sind maßgebend – nicht erfüllt wäre.
Rz. 22
Aus Vereinfachungsgründen ist nach Abschn. 33 GrStR 1978 zu unterstellen, dass die Benutzung für steuerbegünstigte Zwecke in der Zwischenzeit fortbesteht, wenn sich die tatsächliche Benutzung des Grundstücks für steuerbegünstigte Zwecke nur auf bestimmte wiederkehrende Zeitabschnitte eines Kalenderjahres auswirkt, währe...