Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 33
Obwohl die Regelung des § 250 BewG klare Zuordnungen enthält, ist damit zu rechnen, dass in der Bewertungspraxis weitere Fragen zu klären sind. Das soll folgendes Beispiel zeigen:
Beispiel "Rechtsanwaltspraxis"
In einem Gebäude, das bisher als Einfamilienhaus genutzt wurde, wird eine Rechtsanwaltspraxis eingerichtet. Das bauliche Konzept und äußere Erscheinungsbild entspricht auch nach der Nutzung durch die Rechtsanwaltspraxis einem Einfamilienhaus.
Rz. 34
Bei dem vorstehenden Beispiel ist zu betonen, dass die ausschließliche Abhängigkeit der Bewertungsmethode von der Grundstücksart zu Wertunterschieden bei der Bewertung führen kann. Denn es erscheint fraglich, ob das typisierende Ertragswertverfahren bei vergleichbaren Objekten zu ähnlichen Grundsteuerwerten führt wie das typisierende Sachwertverfahren. Jedenfalls ist in dem vorliegenden Fall zunächst zu entscheiden, ob das Grundstück auch nach der Nutzungsänderung zu einer Rechtsanwaltspraxis noch als Einfamilienhaus i.S.d. § 249 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 249 Abs. 2 anzusehen ist.
Rz. 35
M.E. scheidet die Feststellung der Grundstücksart Einfamilienhaus aus, weil es sich nach der Nutzungsänderung nicht mehr um ein "Wohngrundstück" i.S.d. § 249 Abs. 2 handelt. Vielmehr wäre die Grundstücksart "Geschäftsgrundstück" festzustellen, weil es nach § 249 Abs. 7 in vollem Umfang zu eigenen oder fremden betrieblichen oder freiberuflichen Zwecken "dient". Dieser Sichtweise dürfte nur zuzustimmen sein, wenn man bei dem in § 249 Abs. 2 vorauszusetzenden Tatbestandsmerkmal des "Wohngrundstücks" auch von einer "Nutzung" zu Wohnzwecken ausgeht.
Rz. 36
Beispiel "Aufwendig gebautes Einfamilienhaus"
Ein in aufwendiger Bauweise errichtetes Einfamilienhaus enthält eine Hauptwohnung mit Schwimmbad und mehrere getrennte Wohnungen für Hausbedienstete.
Das Grundstück ist ein Mietwohngrundstück, weil es über mehr als eine Wohnung verfügt. Die Bewertung erfolgt daher zwingend im Ertragswertverfahren.
Rz. 37
Das Beispiel zeigt, dass die ausschließliche Abhängigkeit des Bewertungsverfahrens von der Grundstücksart zu Bewertungsmethoden führen kann, die bei einer individuellen Wertermittlung abwegig wären. Den nach dem Immobilientypus wäre bei einer individuellen Wertermittlung das Sachwertverfahren anzuwenden. Dennoch muss man dies m.E. hinnehmen, weil der Gesetzgeber nach der verfassungsrechtlichen Vorgabe bei einer zulässigen Pauschalierung vom typischen Fall ausgehen muss. Danach werden Einfamilienhäuser zwar bei der individuellen Wertermittlung ebenfalls überwiegend im Sachwertverfahren bewertet, jedoch dürfte die Abhängigkeit des Werts eines Einfamilienhauses von den möglichen Erträgen der darin enthaltenen Wohnung zu nachvollziehbar plausiblen Ergebnissen führen. Da typische Einfamilienhäuser überwiegend nicht aufwendig mit Schwimmbad und mehreren getrennten Wohnungen für Hausbedienstete errichtet werden, erscheint die Anwendung des Ertragswertverfahrens für durchschnittliche Einfamilienhäuser nachvollziehbar.