Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 18
§ 251 Satz 2 BewG regelt, dass die bei der Bewertung von Ein- und Zweifamilienhäusern i.S.d. § 249 Abs. 2 und 3 BewG anzuwendenden typisierenden Umrechnungskoeffizienten auch bei abweichender Grundstücksgröße nach Anlage 36 zum BewG bei der Ermittlung des Mindestwerts zu berücksichtigen sind. Diese Regelung ist auch im Rahmen der Bestimmung des Mindestwerts entsprechend zu berücksichtigen.
Beispiel:
Der im Rahmen des vereinfachten Ertragswertverfahrens (§§ 252 ff. BewG) für ein Einfamilienhaus ermittelte Grundsteuerwert beträgt 650.600 EUR. Das Grundstück hat eine Grundstücksgröße von 920 m[2]. Der Bodenrichtwert beträgt 1.200 EUR/m[2].
Aus Anlage 36 zum BewG ergibt sich bei einer Grundstücksgröße von über 900 m[2] ein Umrechnungskoeffizient von 0,86. Dieser ist auch bei der Ermittlung des Mindestwertes zu berücksichtigen.
Der Mindestwert berechnet sich wie folgt:
Grundstücksgröße × Bodenrichtwert × Umrechnungskoeffizient × 75 Prozent
= 920 m[2] × 1.200 EUR/m[2] × 0,86 × 75 % = 712.080 EUR
Der auf volle hundert Euro abgerundete Grundsteuerwert beträgt somit 712.000 EUR.
Rz. 19
Die Regelung ist inhaltlich nachvollziehbar. Bei Ein- und Zweifamilienhausgrundstücken sind Abweichungen zwischen der Grundstücksgröße des zu bewertenden Grundstücks und des Bodenrichtwertgrundstücks regelmäßig wertrelevant. In der Praxis haben kleine Grundstücke einen höheren Wert pro Quadratmeter als große Grundstücke. Die in der Anlage 36 zum BewG vorgegebenen pauschalierenden Umrechnungskoeffizienten erschweren die praktische Umsetzung des Bewertungsgesetzes nicht wesentlich. Bei großen Ein- und Zweifamilienhausgrundstücken vermeiden die Umrechnungskoeffizienten tendenziell Überbewertungen.
Rz. 20
Dennoch erzeugt § 251 Satz 2 BewG auch eine Scheingenauigkeit, die angesichts des pauschal lediglich mit 75 % des Werts des unbebauten Grundstücks anzusetzenden Mindestwerts nicht zwingend erscheint. Zudem hatte sich der Bundesrat in seiner Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf dafür ausgesprochen, dass bei den Bodenrichtwerten sogenannte Zonen-Wert gelten. Das bedeutet, dass der jeweilige Bodenrichtwert anzusetzen ist, der für die Bodenrichtwertzone gilt, in der das zu bewertende Grundstück liegt, wobei eine Anpassung an individuelle, von den Eigenschaften der Richtwert-Referenzgrundstücke abweichende Merkmale des zu bewertenden Grundstücks nicht erfolgen solle.
Rz. 21
Zwar sind solche Anpassungen in der gutachtlichen Immobilienwertermittlung zum Beispiel bei Abweichungen hinsichtlich des Erschließungszustands, der Art und des Maßes der baulichen Nutzung, des beitrags- und abgabenrechtlichen Zustands oder der Grundstücksgröße vorzunehmen. Innerhalb der Pauschalierungen des Bewertungsgesetzes bilden die vorgesehenen Umrechnungskoeffizienten für Ein- und Zweifamilienhäuser in Abhängigkeit von der Grundstücksgröße jedoch nur einen dieser Umstände für Anpassungen bei der Grundstücksbewertung für Zwecke der Grundsteuer typisierend ab. Im Ergebnis sprach sich der Bundesrat für den Verzicht auf die Berücksichtigung der Umrechnungskoeffizienten aus, weil sie zu einem ungleichen Ausmaß an Typisierung zwischen Ein-/Zweifamilienhäusern und anderen Grundstücksarten führt. Dem folgte der Gesetzgeber jedoch nicht.