Prof. Dr. Andreas Herlinghaus
Leitsatz
1. Die in § 15 Abs. 2 S. 2 ErbStG getroffene Regelung beschränkt sich auf die Berechnung der Steuer für den gesamten Erwerb des Anfallberechtigten.
2. Bei Auflösung einer von mehreren Stiftern errichteten Stiftung ist bei der Steuerberechnung gem. § 15 Abs. 2 S. 2 ErbStG für die Bestimmung der Steuerklasse auf das jeweilige Verhältnis des Anfallberechtigten zu den Stiftern abzustellen.
Normenkette
§ 7 Abs. 1 Nr. 9, § 15 Abs. 2 S. 2 ErbStG
Sachverhalt
Die Eheleute A und B hatten im Jahr 1973 die B-Stiftung errichtet, wobei das der Stiftung übertragene Vermögen zu 69,1 % von A und zu 30,9 % von B stammte. Der Vorstand der Stiftung beschloss 1995 deren Auflösung, die von der Aufsichtsbehörde genehmigt wurde. Erwerber des Stiftungsvermögens waren die Kläger, Töchter und Enkelkinder der Stifter. Die von der B-Stiftung gehaltenen Beteiligungen wurden Ende 1995 in eine GbR eingebracht, an der die Kläger entsprechend dem ihnen zustehenden Anteil am Stiftungsvermögen beteiligt waren.
Das FA setzte gegen die Kläger Schenkungsteuer fest, wobei es bei der Steuerberechnung jeweils einen Erwerb der Kläger von der B-Stiftung zugrunde legte und nur einen einzigen Freibetrag von 50 000 bzw. 90 000 DM gewährte.
Das FG (FG Düsseldorf, Urteil vom 10.01.2007, 4 K 1136/02 Erb, Haufe-Index 1755591, EFG 2007, 533) hob die Schenkungsteuerbescheide insoweit auf, als das FA bei der Steuerberechnung jeweils einen einheitlichen Erwerb von der B-Stiftung zugrunde gelegt und den jeweiligen Anteil am Gesamtvermögen aus der Auflösung der B-Stiftung nicht entsprechend der Herkunft des Stiftungsvermögens aufgeteilt hatte. Nach § 15 Abs. 2 S. 2 ErbStG sei ein Erwerb bei Aufhebung einer Stiftung mit einer Mehrzahl von Stiftern für die Steuerberechnung entsprechend den Anteilen der Stifter an dem der Stiftung übertragenen Vermögen aufzuteilen; allerdings komme eine Gewährung mehrerer persönlicher Freibeträge nach § 16 ErbStG entsprechend der Anzahl der Stifter nicht in Betracht, weil Zuwendender die Stiftung und die Gewährung des persönlichen Freibetrags nach dem Regelungsgehalt des § 15 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 ErbStG auf den jeweiligen Erwerb begrenzt sei. Der den Klägern jeweils zustehende persönliche Freibetrag sei entsprechend den Anteilen der Stifter am der Stiftung übertragenen Vermögen aufzuteilen und sodann von den entsprechenden Erwerbsanteilen abzuziehen.
Entscheidung
Der BFH hob das FG-Urteil auf die Revision des FA bzgl. eines Klägers schon aus verfahrensrechtlichen Gründen auf, weil gegen ihn noch während des Revisionsverfahrens ein Änderungsbescheid ergangen und damit das angefochtene Urteil gegenstandslos geworden war. Auch im Übrigen hob er aber die Vorentscheidung auf, weil bei Aufhebung einer Stiftung das von den Anfallberechtigten erworbene Vermögen nicht entsprechend den Anteilen der Stifter an dem der Stiftung übertragenen Vermögen in zwei Erwerbe aufzuteilen sei. Die auf den Ansatz zweier Freibeträge gerichtete Revision eines Klägers wies der BFH hingegen als unbegründet zurück.
Hinweis
1. Wird eine Stiftung aufgehoben, so gilt nach § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 7 Abs. 1 Nr. 9 S. 1 ErbStG der entsprechende Erwerb als Schenkung unter Lebenden. Aus dem Zivilrecht folgt, dass Zuwendender alleine die Stiftung ist, weil das an die Anfallberechtigten fallende Vermögen das Vermögen der Stiftung und nicht das des Stifters ist. Nach § 82 S. 1 BGB ist auch alleine der Stifter verpflichtet, das in dem Stiftungsgeschäft zugesicherte Vermögen auf die Stiftung zu übertragen und wird dieser Übertragungsakt nicht etwa durch die Aufhebung der Stiftung rückgängig gemacht.
2. Für dieBerechnung der Steuer in den Fällen des § 7 Abs. 1 Nr. 9 S. 1 ErbStGgilt allerdings nach § 15 Abs. 2 S. 2 1. Halbs. ErbStGhinsichtlich der anzuwendenden Steuerklasse der Stifter als Schenker. Ansonsten wäre nämlich auf den Erwerb stets die ungünstigste Steuerklasse (bis 1995 Klasse IV, danach III) anzuwenden, was § 15 Abs. 2 S. 2 1. Halbs. ErbStG verhindern soll. Die Norm enthält allerdings nach Auffassung des BFH keine Regelung in Bezug auf den Steuertatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG; dies gilt insbesondere für die Frage, wer Zuwendender ist. § 15 Abs. 2 S. 2 ErbStG beschränkt sich vielmehr auch dann auf die Bestimmung der Steuerklasse für den gesamten Erwerb des Anfallberechtigten, wenn eine von mehreren Stiftern errichtete Stiftung aufgelöst wird. Der dieser entgegenstehenden Auffassung (sowohl des FG als auch einzelner Stimmen in der Literatur) erteilt der BFH nunmehr eine Abfuhr, indem er zu Recht auf die Stellung des § 15 ErbStG im die Steuerberechnung regelnden Abschnitt III des ErbStG sowie die Gesetzesbegründung (BTDrucks. VI/3418, S. 69) hinweist. Letztere hebt die Vergünstigungswirkung des § 15 Abs. 2 S. 2 1. Halbs. ErbStG im Hinblick auf die anzuwendende Steuerklasse bei Auflösung einer Familienstiftung hervor, ohne weitergehende Aussagen (insbesondere mit Blick auf den Steuertatbestand) zu enthalten.
3. Bei der Steuerberechnung ist nach § 15 Abs. 2 S. 2 Erb...