Im allgemeinen Teil des BMF-Entwurfs weist das BMF auf die sphärenorientierte Mitverantwortung der Steuerpflichtigen hin (vgl. BMF-Entwurf, Rz. x1 f.), die als Ausdruck der dem Besteuerungsverfahren zugrunde liegenden Kooperationsmaxime auch bei Einkünften im Zusammenhang mit virtuellen Währungen und sonstigen Token Anwendung findet (vgl. Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 90 AO Rz. 1 [Mai 2022]).
Mitwirkungspflichten bei der Sachverhaltsaufklärung: Grundsätzlich kommen Steuerpflichtige ihren allgemeinen Mitwirkungspflichten bei der Sachverhaltsaufklärung nach, indem sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen und (auf gesonderte Anforderung durch Verwaltungsakt, §§ 93, 97 AO) die ihnen bekannten Beweismittel angeben (§ 90 Abs. 1 Satz 2 AO). Der Offenlegungspflicht wird regelmäßig durch wahrheitsgemäße und vollständige Angaben in der Einkommensteuererklärung genügt (so auch Andres / Hötzel / Kranz, DStR 2022, 2242, 2243).
Keine Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten: Insb. lässt sich aus den allgemeinen Mitwirkungspflichten darüber hinaus keine Beweisvorsorgepflicht i.S.v. Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten ableiten. Soweit sich aus der AO und den Einzelsteuergesetzen nichts Anderweitiges ergibt, besteht keine Pflicht, Einnahmen und Ausgaben aufzuzeichnen oder Belege aufzubewahren. Dies trifft insb. auf Bezieher von Überschusseinkünften zu (vgl. Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 90 AO Rz. 4 [Mai 2022]; Rätke in Klein, AO, 16. Aufl. 2022, § 90 Rz. 6 ff.; Hahlweg in Koenig, AO, 4. Aufl. 2021, § 90 Rz. 11). Fertigt der Steuerpflichtige freiwillig über die gesetzlichen Pflichten hinausgehende Aufzeichnungen an, unterliegen diese nach der Rspr. des BFH keinen Aufbewahrungs- oder Offenlegungspflichten (vgl. BFH v. 12.2.2020 – X R 8/18, BFH/NV 2020, 1045 unter II.b)ee)). Soweit keine gesetzliche Pflicht besteht, können Finanzbehörden auch nichts Abweichendes fordern (vgl. Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 90 AO Rz. 4 m.w.N. [Mai 2022]).
Fälle mit Auslandsbezug: Eine Pflicht zur Sachaufklärung, Beweisvorsorge und -beschaffung kann sich indes aus den erweiterten Mitwirkungspflichten des § 90 Abs. 2 AO ergeben. Diese kommen zur Anwendung, soweit steuerlich relevante Sachverhalte im Ausland verwirklicht werden (BFH v. 16.4.1980 – I R 75/78, BStBl. II 1981, 492; v. 24.10.2006 – XI B 112/05, BFH/NV 2007, 201). Hintergrund der erhöhten Mitwirkungspflichten in Fällen mit Auslandsbezug ist die regelmäßig fehlende hoheitliche Ermittlungskompetenz des deutschen Fiskus in ausländischem Territorium (vgl. Hahlweg in Koenig, AO, 4. Aufl. 2021, § 90 Rz. 16). Nach dem Gesetzeswortlaut hat der Steuerpflichtige dabei alle rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Zudem hat er bereits bei der Gestaltung seiner Auslandsaktivitäten entsprechende Vorkehrungen zu treffen (Beweisvorsorgepflicht). Indes werden die Mitwirkungserfordernisse nicht nur durch das rechtlich und tatsächlich Mögliche begrenzt, sondern auch durch das im Einzelfall verhältnismäßige und zumutbare Maß. Die erweiterten Mitwirkungspflichten der Steuerpflichtigen entbinden die Finanzbehörden außerdem nicht von eigenen Sachverhaltsaufklärungsmaßnahmen (§ 88 Abs. 1 Satz 1 AO; BFH v. 18.11.2008 – VIII R 24/07, BStBl. II 2009, 518).
Vor diesem Hintergrund beschränkt sich der BMF-Entwurf in den Rz. x1 und x2 zunächst auf einen Hinweis auf § 150 Abs. 2 AO, der als Ausprägung der Wahrheits- und Vollständigkeitspflicht in § 90 Abs. 1 Satz 2 AO wahrheitsgemäße und nach bestem Wissen und Gewissen gemachte Angaben in der Steuererklärung fordert. Sodann führt das BMF an, dass bei Transaktionen, die über Handelsplattformen ausländischer Betreiber sowie über dezentrale Handelsplattformen ("DEX") getätigt werden, erweiterte Mitwirkungspflichten bestehen sollen.
Die Annahme erweiterter Mitwirkungspflichten erscheint bei ausländischen Handelsplattformen grundsätzlich sachgemäß. Zwar liegen der Wahl eines ausländischen Betreibers, anders als bei vielen "klassischen" Fällen des Auslandsbezugs, wie der Zwischenschaltung von Briefkastengesellschaften, meist keine Verschleierungsabsichten des Steuerpflichtigen zugrunde. Z.B. können viele Token nur über ausländische Handelsplattformen gehandelt werden. Allerdings setzt § 90 Abs. 2 AO nach seinem Telos keine missbräuchliche Nutzung von Auslandsbeziehungen voraus. Vielmehr geht die Norm auf die fehlende Möglichkeit adäquater Sachverhaltsaufklärung deutscher Finanzbehörden im Ausland zurück (vgl. Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 90 AO Rz. 18 [Mai 2022]). Jedoch ist der Umstand des eher zufälligen Auslandsbezugs u.E. bei der verhältniswahrenden Ermessenentscheidung über den Umfang der Anforderungen an die Beweismittelvorsorge- und -beschaffungspflicht zugunsten des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen (Umkehrschluss aus FG BW v. 26.11.2010 – 10 K 43/10, EFG 2011, 804 = AO-StB 2011, 78, rkr. unter 3.b)aa)).
Kritisch zu sehen ist die pauschale Anordnung, dass auch Transaktionen auf DEX den erw...