Prof. Dr. Heinz Kußmaul, Prof. Dr. Stephan Meyering
1 Überblick
Rz. 1
Auf dem Gebiet der Rechnungslegung von Stiftungen bestehen keine allgemeinen Regelungen. Einzelne Regelungen zur Rechnungslegung von Stiftungen finden sich in 3 Rechtsbereichen: im Stiftungsrecht (hier vornehmlich in den Landesstiftungsgesetzen), im Handelsrecht und im Steuerrecht. Vor diesem Hintergrund könnte die zuletzt im Dezember 2013 aktualisierte Stellungnahme des IDW zur Rechnungslegung von Stiftungen ein Schritt in Richtung einer einheitlichen Rechnungslegung von Stiftungen sein. Jedoch fehlt es dieser Stellungnahme an einer allgemeingültigen Bindungswirkung. Hinzu kommt, dass auch in dieser Neufassung keine Grundregeln für die Rechnungslegung von Stiftungen festgelegt werden; vielmehr konzentrieren sich die Ausführungen auf gewerbliche Betätigungen von Stiftungen. Zwar spräche für einen Fortbestand des derzeitigen Status quo, dass weiterhin ein Wettbewerb der Bundesländer um die Stiftungserrichtung besteht, kann doch der Stifter mit der Wahl des Stiftungssitzes bestimmen, welchem Landesstiftungsgesetz er sich unterwerfen möchte. Mit dem Gesetz zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts vom 16.7.2021 wurde von Seiten des Gesetzgebers jedoch auch ein erster Schritt gemacht, um ein bundeseinheitliches Regelwerk für bestimmte Grundnormierungen zu schaffen. Bereits im Jahr 2018 wurde vonseiten des Gesetzgebers hierzu eine Arbeitsgruppe zur Ausarbeitung einer Bundesgesetzgebung einberufen, die am 27.2.2018 einen Entwurf für ein Gesetz zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts zur Diskussion vorgelegt hat. Jedoch dauerte es bis Mitte 2021, bis ein entsprechendes Gesetz letztlich auch verabschiedet wurde. Die darin enthaltenen Regelungen sind größtenteils zum 1.7.2023 in Kraft getreten. Lediglich die Vorschriften zum neuen Stiftungsregister werden erst zum 1.1.2026 wirksam werden. Insgesamt bleibt jedoch festzuhalten, dass der Gesetzgeber seine Chance vertan hat, ein einheitliches Regelwerk zu schaffen. So hat er neben dem Bereich der Rechnungslegung auch zahlreiche weitere Bereiche nicht geregelt. Nachfolgend werden zunächst die zivilrechtlichen Regelungen überblicksartig dargestellt, bevor auf die Landesstiftungsgesetze eingegangen wird.
2 Stiftungsrecht
2.1 Einordnung
Rz. 2
Innerhalb des Stiftungsrechts sind 3 Rechtskreise zu unterscheiden, aus denen sich Regelungen bezüglich der Rechnungslegung der Stiftung ergeben können: das Bürgerliche Gesetzbuch, die Landesstiftungsgesetze und möglicherweise – soweit dort Regelungen hinsichtlich der Rechnungslegung getroffen werden – die Stiftungssatzung.
2.2 Bürgerliches Gesetzbuch
Rz. 3
Für rechtsfähige privatrechtliche Stiftungen galten über § 86 Satz 1 BGB a. F. bisher die Vorschriften des BGB bezüglich rechtsfähiger Vereine und damit auch die dortigen Vorschriften zur Rechnungslegung (§§ 259, 260, 666 BGB). Durch das Gesetz zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts wurde § 86 Satz 1 BGB a. F. zwar durch § 84a Abs. 1 Satz 1 BGB ersetzt, dieser ist inhaltlich jedoch der Regelung des § 27 Abs. 3 BGB nachgebildet. Dies gilt gegenüber den Landesstiftungsgesetzen allerdings nur subsidiär, da die Rechnungslegung der Stiftung eine wesentliche Voraussetzung der Stiftungsaufsicht ist. Deren Regelung obliegt daher den Landesstiftungsgesetzen.
Rz. 4
Dem steht in diesem speziellen Fall Art. 31 GG ("Bundesrecht bricht Landesrecht") nicht entgegen, da es sich hier um dispositives Recht handelt, das auch im Rahmen der Stiftungssatzung modifiziert werden kann (vgl. § 84a Abs. 1 Satz 3 BGB).
Rz. 5
Hinsichtlich des Umfangs und der Ausgestaltung der Rechnungslegung ist beachtlich, dass das BGB immer noch keine entsprechenden Regelungen enthält. Im Bedarfsfall muss die Rechnungslegung der Stiftung jedoch die Feststellung der Überschuldung ermöglichen (vgl. § 87b BGB)...